Moby hat die Wut gepackt. Und macht sich auf seinem 13ten politisch-engagiertem Album „These Systems Are Failing“ nicht nur musikalisch Luft, sondern auch in den Texten. Zur Veröffentlichung schreibt er ein Statement, das auf den fragilen Zustand unserer Welt hinweist. Und auch wenn er weiß, dass er mit Popmusik die Welt nicht verändern kann: Schweigen ist angesichts der aktuellen Entwicklungen keine Option mehr.
„Diese Systeme versagen. Und zwar alle.
Wir haben großartige Städte gebaut. Großartige Industrien. Großartige Systeme. Und eigentlich sollten diese Systeme uns beschützen, uns befreien. Stattdessen aber haben sie die Luft vergiftet, die Tiere getötet, die Landschaften entstellt – und auch uns selbst zerstört. Wir glauben, die Probleme im Zusammenhang mit der Produktion von Lebensmitteln und der Verteilung von Reichtum und Ressourcen im Griff zu haben, dennoch sind wir schlechter dran als je zuvor.
These Systems Are Failing ist der Titel meines neuen Albums. Es wird die erste Platte sein, die ich als Moby & The Pacific Void Choir veröffentliche.
Ich bin an diese Platte herangegangen wie ein Vierjähriger, der beim Frühstückmachen alles auf den Tisch stellt, was er mag: Eiscreme, seinen Hund, Toastscheiben, Spielzeugautos. Auch ich habe in das neue Album all das hineingesteckt, was ich mag: Punk, Post-Punk, New Wave, Euphoric Rave und eine Menge Geschrei.
Dann habe ich das Album einigen Freunden aus der Musikbranche vorgespielt, und die sagten: „Wow … Das hört sich ziemlich wütend an.“ Also bin ich zurück ins Studio und habe noch eine Schippe Wut draufgelegt.
Ich kann keine Lösungen anbieten, sondern nur auf Probleme aufmerksam machen.
Einige meiner Landsleute mittleren Alters versuchen, sich dem Popmusikmarkt anzupassen, aber ihre Arbeiten sind deprimierend und kraftlos. Wenn ich sehe, wie ältere Musiker vorgeben, jung und relevant zu sein, werde ich von einer tiefen Traurigkeit erfüllt. Ich bin 50 Jahre alt. Warum sollte ich das leugnen?
Wer künstlerische Kompromisse eingeht, wird faule Früchte ernten.
These Systems Are Failing ist in Los Angeles entstanden. Sechs Jahre ist es her, dass ich hierher, in die seltsamste aller Städte, gezogen bin. Hier gibt es so viel Leere. Und Dunkelheit. Im Osten ist die Wüste, im Westen ein weiter Ozean, und in der Mitte fließen die unterschiedlichsten Kulturen ineinander. Die Kunst dieser Stadt ist eigenartig, ihre Widersprüchlichkeit absolut faszinierend. Wer hier lebt, wird unweigerlich von ihr verändert.
Der Name The Void Pacific Choir ist aus einem Zitat von D._H. Lawrence abgeleitet, in dem er sinngemäß sagt: „People in L._A. are content to do nothing and stare at the void Pacific.” (Die Menschen in L._A. begnügen sich damit, nichts zu tun und auf den leeren Pazifik hinauszustarren.) Oftmals wird dieser „Void“ auch als eine riesige, dunkle Leere mit angsteinflößendem und sonderbarem Charakter empfunden. Als der dunkle und bösartige Abgrund bei Nietzsche, der, wenn du zu lange in ihn blickst, auch in dich hineinblickt. Mir gefiel diese paradoxe Vorstellung eines pazifischen, also eines friedvollen Abgrunds – einer Art gutartigen Leere. Daher der Name.
Popmusik ist immer noch ein interessantes und faszinierendes Medium. Sicherlich stellt sie nicht die beste Möglichkeit zur Untersuchung komplexer politischer Themen dar, aber wenn du über die Musik, die du liebst, Themen ansprechen kannst, die für dich relevant und für den Hörer keine Zeitverschwendung sind, dann ist das meiner Meinung nach eine anstrebenswerte Sache.
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