Anne Clark war ja schon immer eine Wortkünstlerin. Und hier untermauert sie das mit einem Album, auf dem sie englische Übersetzungen einiger Gedichte des bedeutenden deutschen Dichters Rainer Maria Rilke vertont.
Vom Pop-Zirkus hat Anne Clark schon lange die Nase voll. Im Jahre 1983 stieß sie mit der elektronischen Großstadt-Paranoia-Hymne „Our Darkness“ aus ihrem zweiten Album überraschend europaweit in die Top-Positionen der Charts vor. Und das zu einer Zeit, als glattgebügelte Synthiepopper unter dem Begriff „New Romantics“ längst alles hinfort geschleimt hatten, was noch Ecken und Kanten und künstlerische Ambitionen besaß.
Die Arbeit mit ihrem kongenialen musikalischen Partner David Harrow setzte sie noch einige Jahre fort und auch wenn sie in den Charts nie mehr auftauchte, hat sie sich in all den Jahren weltweit eine große, treue Fangemeinde erspielt und ihren eigenen musikalischen Stil etabliert. Heute geht die melancholische Wortkünstlerin einen anderen Weg und lässt ihre Sprechtexte nur mehr von Akustikgitarre und Melodika begleiten. Für das Album „Just After Sunset“ hat sie sich der Werke von Rainer Maria Rilke angenommen. Selbst diejenigen, die mit Anne Clark wenig anfangen können, werden Spaß daran haben, sich die sehnsüchtigen Gedichte des großen Meisters, die im Booklet zweisprachig abgedruckt sind, in der kalten Jahreszeit mal wieder zu Gemüte zu führen. Denn: „Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr. Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben, wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben und wird in den Alleen hin und her unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.“ (aus: Herbsttag).
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