Mit „Everybody Scream“ meldet sich Florence Welch zurück – zwei Jahre nach einer schweren gesundheitlichen Krise und drei Jahre nach dem letzten Studioalbum Dance Fever.
Das sechste Album von Florence + the Machine erscheint am 31. Oktober 2025 und bringt nicht nur eine neue Single mit sich, sondern auch ein neues Kapitel in der künstlerischen Entwicklung der britischen Musikerin. Schon der Titeltrack deutet an, dass es hier nicht um gefällige Popmusik geht, sondern um ein existenzielles Ringen mit den Themen Heilung, Vergänglichkeit und spirituelle Transformation.
Während der Dance Fever-Tour 2022 musste Florence Welch ihre laufenden Konzerte abrupt abbrechen. Der Grund: eine medizinische Notlage, deren Einzelheiten sie lange nicht öffentlich machte, später jedoch als „lebensrettende Operation“ bezeichnete. Aus dieser körperlichen Grenzerfahrung entwickelte sich offenbar die kreative Grundlage für das kommende Album.
„Everybody Scream“ ist das Produkt einer zweijährigen Phase des Rückzugs und der Rekonstruktion. Florence spricht von einem Weg der Heilung, der nicht in der westlichen Medizin endet, sondern über das Körperliche hinausgeht – hin zu einem spirituellen Verständnis von Gesundheit, Ritual und Erneuerung. Die Arbeit am Album sei für sie ein Prozess gewesen, sich wieder mit dem eigenen Körper zu versöhnen und ihn als Ort von Schmerz, Erinnerung und Magie anzunehmen.
Schon in der Vergangenheit war Florence Welch bekannt für ihre bildreiche, symbolgeladene Sprache, die sich aus britischer Folklore, religiösen Ritualen und moderner Poesie speist. Auf dem neuen Album scheint diese Tendenz noch stärker in den Vordergrund zu rücken. Inspiriert vom Genre des Folk-Horrors – einer Spielart des britischen Films, die ländliche Idylle mit okkulten Bedrohungen konfrontiert – behandelt Everybody Scream das Dunkle im Vertrauten.
Florence selbst beschreibt das Album als eine Art Ritual, bei dem sich das Innere nach außen kehrt. In den Songs geht es um körperliche Verletzlichkeit und emotionale Entgrenzung, aber auch um Partnerschaft, Bindung und das Durchleben von Verlust. Das alles wird musikalisch getragen von einer dichten Atmosphäre, die sich eher an cineastischen Klangwelten als an klassischen Popsongs orientiert.
Inhaltlich beschäftigt sich der Song mit der Angst, den eigenen Körper zu verlieren, aber auch mit der Möglichkeit, ihn als Ort spiritueller Kraft wiederzuentdecken. Das dazugehörige Musikvideo, gedreht in einem verfallenen englischen Landhaus, umgeben von herbstlichem Nebel, verstärkt die folkloristische Ästhetik und betont die Verbindung von Natur, Magie und weiblicher Autonomie.
Florence + the Machine Biografie
Florence + the Machine gehören seit über 15 Jahren zu den markantesten Projekten der britischen Musiklandschaft. Im Zentrum steht Florence Welch, deren Stimme und Bühnenpräsenz längst ikonischen Status erreicht haben. Mit einer Mischung aus Indie-Rock, Art-Pop, Folk und sakralen Anklängen hat die Band seit ihrem Debüt eine unverwechselbare Nische geschaffen, die zwischen Mainstream und künstlerischem Experiment angesiedelt ist.
Gründung und frühe Jahre
Florence Welch wurde 1986 in London geboren. Ihre Mutter, Evelyn Welch, ist eine renommierte Professorin für Kunst- und Kulturgeschichte, ihr Vater Nick Welch arbeitete in der Werbebranche. Aufgewachsen in einem intellektuellen Umfeld voller Bücher, Kunst und Musik, begann Florence früh Gedichte zu schreiben und eigene Songs zu komponieren. Schon als Teenager zog es sie auf die Bühne, zunächst mit kleineren Punk- und Indieprojekten.
2006 lernte sie Isabella „Machine“ Summers kennen, eine Produzentin, Keyboarderin und DJ, die bald zu ihrer wichtigsten musikalischen Partnerin wurde. Der Name Florence + the Machine entstand ursprünglich als spontaner Witz: Welch trat zunächst als „Florence Robot“ auf, Summers als „Issa Machine“. Aus der Kombination wurde der Bandname, der fortan das Projekt bezeichnete – ein Duo im Kern, aber offen für wechselnde Musiker.
Zu den frühen Weggefährten gehörten Robert Ackroyd (Gitarre), Christopher Lloyd Hayden (Schlagzeug), Tom Monger (Harfe) sowie später Mark Saunders (Bass) und Rusty Bradshaw (Keyboard). Gerade die Harfe, gespielt von Monger, verlieh den frühen Songs einen einzigartigen Klang, der sich stark von der Indie-Szene der Nullerjahre abhob.
2007 traten Florence + the Machine erstmals bei kleineren Londoner Clubshows auf, darunter im legendären Nachtclub „The Lock Tavern“. Mit ihrer Mischung aus rohem Punk-Energielevel und ätherischer Theatralik fielen sie schnell auf. Erste Singles wie „Kiss With a Fist“ erschienen über Indie-Labels und machten die britische Presse aufmerksam.
Der große Durchbruch gelang jedoch, als sie von Mairead Nash, Managerin und Mitglied des DJ-Duos Queens of Noize, entdeckt wurden. Nash wurde ihre erste Managerin und brachte die Band 2008 zu Island Records. Von da an begann die Reise in Richtung ihres Debüts, das 2009 veröffentlicht werden sollte.
Lungs (2009)
Das Debütalbum Lungs machte Florence + the Machine schlagartig bekannt. Schon die Single „Dog Days Are Over“ wurde zu einem internationalen Hit und katapultierte Welch an die Spitze der britischen Musikszene. Das Album erschien 2009 und verband Indie-Pop mit Einflüssen aus Soul, Rock und barocker Opulenz.
Die Presse lobte die charismatische Präsenz der Sängerin, die Songs voller literarischer Anspielungen und die Wucht ihrer Stimme. „Rabbit Heart (Raise It Up)“ oder „Kiss With A Fist“ zeigten eine rohe, punkige Seite, während Balladen wie „Cosmic Love“ und „Between Two Lungs“ eine märchenhafte und fast sakrale Stimmung erzeugten.
Mit über drei Millionen verkauften Exemplaren weltweit und einem Brit Award als „Best British Album“ etablierte sich Lungs als eines der wichtigsten britischen Debütalben der 2000er-Jahre.
Ceremonials (2011)
Zwei Jahre später erschien das zweite Album Ceremonials, das die ästhetische Handschrift der Band konsequent weiterführte. Aufgenommen in den legendären Abbey Road Studios in London, war es opulenter, orchestraler und stärker von Gospel- und Soul-Einflüssen geprägt.
Songs wie „Shake It Out“ oder „Spectrum“ wurden zu Hymnen, die live eine fast sakrale Intensität entfalteten. Florence Welch thematisierte hier stärker spirituelle Fragen: Schuld, Erlösung und Transformation bilden das Grundgerüst des Albums. Musikalisch wurden die Songs noch monumentaler inszeniert, mit Chören, Streichern und druckvollen Percussion-Arrangements.
Ceremonials stieg direkt auf Platz 1 der britischen Charts ein und brachte der Band internationale Anerkennung. In den USA erreichte es Platz 6 der Billboard 200.
How Big, How Blue, How Beautiful (2015)
Mit dem dritten Album veränderte Florence Welch ihre künstlerische Richtung. How Big, How Blue, How Beautiful erschien 2015 und zeigte eine deutlich rockigere, weniger barocke Klangsprache. Produziert von Markus Dravs (Arcade Fire, Björk), standen hier Gitarre und Bläser im Vordergrund, während die überladenen Arrangements der Vorgänger einem reduzierteren, aber nicht weniger intensiven Sound wichen.
Inhaltlich drehte sich das Album um persönliche Krisen. Welch sprach offen über eine Trennung, Alkoholprobleme und ihre Suche nach Stabilität. Songs wie „What Kind of Man“ oder „Ship to Wreck“ waren direkter und verletzlicher, während der Titeltrack „How Big, How Blue, How Beautiful“ fast sinfonische Qualitäten entwickelte.
Das Album wurde zu einem internationalen Erfolg, erreichte Platz 1 in Großbritannien und den USA und brachte der Band fünf Grammy-Nominierungen ein.
High As Hope (2018)
2018 erschien High As Hope, das bis heute als das intimste und persönlichste Werk von Florence + the Machine gilt. Produziert von Florence Welch selbst zusammen mit Emile Haynie (Lana Del Rey), fiel das Album reduzierter und introspektiver aus.
Die Songs handeln von Kindheitserinnerungen, Essstörungen, Liebesverlust und der Suche nach Spiritualität im Alltag. „Hunger“ wurde zur zentralen Single und thematisierte den Umgang mit Leere und Selbstzweifeln, während „Big God“ sich mit toxischen Beziehungen auseinandersetzte.
Kritiker betonten die neue Ehrlichkeit in Welch’ Songwriting, die weniger von metaphorischen Bildern, sondern von direkten Geständnissen geprägt war. Trotz des minimalistischeren Sounds blieb die Intensität der Musik erhalten, getragen von ihrer unverwechselbaren Stimme.
Dance Fever (2022)
Mit Dance Fever kehrte Florence 2022 zu einer energetischeren und zugleich cineastischen Klangsprache zurück. Entstanden während der Pandemie in London, verarbeitet das Album die Sehnsucht nach Tanz, Körperlichkeit und Gemeinschaft in Zeiten von Isolation.
Produziert wurde es von Jack Antonoff (Taylor Swift, Lorde) und Dave Bayley (Glass Animals). Songs wie „King“ oder „Free“ behandelten Themen wie weibliche Rollenbilder, Kreativität und mentale Gesundheit. Musikalisch bewegte sich das Album zwischen barockem Pop, Indie-Rock und elektronischen Elementen.
Die Tour zu Dance Fever wurde von einem einschneidenden Moment überschattet: Florence Welch musste aufgrund einer lebensrettenden Operation mehrere Konzerte absagen. Diese Erfahrung sollte später die Grundlage für das nächste Kapitel bilden.
Everybody Scream (2025)
Am 31. Oktober 2025 erscheint mit Everybody Scream das sechste Studioalbum von Florence + the Machine. Die gleichnamige Single gibt einen ersten Einblick in eine neue Ästhetik, die von Mystizismus, Folk-Horror und spirituellen Ritualen geprägt ist.