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Die besten Mafia-Filme

Das organisierte Verbrechen ist seit jeher ein knackiges Thema für Drehbuchautoren und Regisseure. Deshalb gibt es einen Wust an Mafia-Filmen. Hier sind die besten.

Einst war der Begriff Mafia für italienische Gangsterfamilien reserviert. Das hat sich längst geändert. Inzwischen steht er fürs organisierte Verbrechen weltweit. ‚Ndrangheta, Camorra, Cosa Nostra, japanische Yakuza, chinesische Triaden, russische Mafia: alles das Gleiche? Natürlich nicht. Doch sie haben einiges gemeinsam, etwa die streng hierarchische Struktur und die enge Verflechtung mit Politik und Behörden.

So viele Mafiabanden es gibt, so viele, nun, Geschäftsfelder gibt es auch: Menschenhandel, Drogen, Waffen, Entführung, (Schutzgeld)Erpressung, Raub et al. Mord und schwere Körperverletzung sind, zumindest für moderne Gangster, nur letztes Mittel zum Zweck. Weil sie Gesellschaft und – nicht korrupte – Behörden auf den Plan rufen, was nur die Geschäfte stört. Umso mehr Energie wird in die Geldwäsche gesteckt. Immobilienkäufe haben sich besonders bewährt.

Mafia macht Angst und ist gleichzeitig extrem faszinierend. Es gibt unzählige wahre und erfundene Geschichten über Kriminalfälle und Bosse wie Al Capone. Was treibt Menschen in die organisierte Kriminalität, und mit was beschäftigen sie sich den lieben langen Tag? Wie sieht das Familienleben aus? Solche Fragen sind perfekter Kinostoff.

Und das schon seit Jahrzehnten. Howard Hawks‘ Urversion von „Scarface“, ein sehr einflussreicher, aber im Gegensatz zum Remake (siehe unten) nicht so gelungener Film über den Aufstieg eines Berufskillers zum Boss, erschien bereits 1932, also noch vor dem Ende der Prohibition.

Das Kino romantisiert die Mafia

Mafiosi sind Verbrecher. Doch das Kino romantisiert sie nicht selten. Kriminelle, die sich an einen perversen Ehrenkodex halten, sind mehr wert als solche ohne jede Moral. Jedenfalls auf der Leinwand. Und wie cool die Typen wirken! Oft wird berichtet, dass sich echte Gangster bei der Wahl ihrer Garderobe von Filmen inspirieren lassen und sich auch benehmen wie die Vorbilder.

Es gibt kaum Werke, in denen kriminelle Organisationen wirklich gegeißelt oder satirisch auseinander genommen werden. Denn das kann für Filmemacher und Autoren böse Folgen haben. Ein Beispiel findet sich in unserer Liste.

Freilich ist es aber nicht die Aufgabe des Kinos, vor Kriminellen zu warnen. Es gibt ganz fantastische, höchst unterhaltsame Mafia-Filme. Die besten stellen wir nun vor. Aufgenommen haben wir nur Werke, in denen die organisierte Kriminalität eine Schlüsselrolle spielt. Verbrecher, die in Eigenregie einen Safe knacken, um sich dann einen Schusswechsel mit der Polizei zu liefern, sind damit nicht gemeint. Alles klar? Dann los.

20. Miller’s Crossing (1990, Regie: Joel Coen)

Eine Geschichte über Ränkespiele, Loyalität und Verrat zur Zeit der Prohibition. Beeindruckend ist das von den Brüdern Joel und Ethan Coen bis ins letzte Detail ausgearbeitete Drehbuch. Zu viel Clever-Clever-Ironie nehmen dem Film jedoch etwas Wucht und Glaubwürdigkeit.

19. King of New York (1990, Abel Ferrara)

Ein Gangsterboss (spitzen Frisur: Christopher Walken) kommt aus dem Knast und will den Drogenhandel in New York wieder unter seine Kontrolle bringen. Ergebnis: Tote. Wohltuend ist, dass der Film nichts romantisiert. Allerdings gibt es ein paar Drehbuchschwächen und langatmige Szenen.

18. Es war einmal in Amerika (1984, Sergio Leone)

Leones letzter, aufgrund verschiedener Zeitebenen sehr verschachtelter Film (Hauptrolle: Robert De Niro) wurde von nicht wenigen Kritikern seinerzeit als Enttäuschung empfunden und für die USA radikal zusammengeschnitten. Heute gilt er in der originalen knapp vier Stunden langen Version als Meisterwerk. Die Wahrheit liegt irgendwo dazwischen. Der Aufstieg und Fall fünf befreundeter Krimineller aus dem jüdisch geprägten New Yorker Viertel Lower East Side hat Szenen, die lange im Kopf bleiben – und viel artifiziellen Ballast.

17. Gomorrha (2008, Matteo Garrone)

Basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch des wegen Morddrohungen nach wie vor versteckt lebenden Autors Roberto Saviano versucht der Film ein authentisches Bild der neapolitanischen Camorra zu zeichnen. Es gibt keine Helden und keinen moralischen Zeigefinger. Einige Rollen sind mit Laiendarstellern besetzt, gedreht wurde viel an Originalschauplätzen. Das Werk, Saviano schrieb am Drehbuch mit, ist mehr Doku als Spielfilm. Aber sehr erhellend.

16. Der Clan der Sizilianer (1969, Henri Verneuil)

Ein Film mit den Stars Jean Gabin (Familienoberhaupt-Bösewicht), Lino Ventura (Kommissar) und Alain Delon (Polizistenkiller): musste einfach funktionieren. Und tat es auch. Der Klassiker, der von einem Juwelenraub sowie – wie es sich für einen französischen Film gehört – von Liebe und Hass handelt, ist hübsch unterkühlt. Die vierte Hauptrolle spielt der Soundtrack. Es ist einer von Ennio Morricones besten.

15. Die Unbestechlichen (1987, Brian De Palma)

Was „Die Glorreichen Sieben“ für das Westerngenre, ist „Die Unbestechlichen“ für den Mafia-Film: das ultimative Popcorn-Abenteuer. Auf dem Papier geht es um die wahre Geschichte von Eliot Ness. Also um den Mann, der Al Capone während der Prohibition ins Kittchen brachte. Doch so süffig, dieser Kalauer sei gestattet, ging es seinerzeit sicher nicht zu.

Bei Regisseur De Palma ist Ness (Kevin Costner) ein gutaussehender Aushilfsabenteurer, der sich unter anderem mit einem Polizisten-Yoda (Sean Connery) und einem jungen Heißsporn (Andy Garcia) aufmacht, einem Verbrecher wie aus dem Comic (völlig drüber: Robert De Niro) das Handwerk zu legen. Zitiert ohne Ende wird die Schießerei in einem Bahnhof, in dem ein Kinderwagen samt Säugling die Treppen hinabholpert. Damit adaptierte der Regisseur eine Szene aus Sergej Eisensteins Revolutionsstück „Panzerkreuzer Potemkin“ (1925). Wie gesagt: höchst unterhaltsam. Dem Baby passiert natürlich nichts.

14. Tödliche Versprechen (2007, David Cronenberg)

Traumata-Forscher Cronenberg hat einige verstörende Body-Horror-Filme gedreht, am bekanntesten ist der Schocker „Die Fliege“. „Tödliche Versprechen“ dagegen ist auch ohne Science-Fiction-Elemente unangenehm. Denn der Regisseur erzählt nicht einfach eine Geschichte über eine Gruppe der Russenmafia in London, deren Chef die Vergewaltigung einer 14-Jährigen vertuschen will. Sämtliche Hauptfiguren haben psychische Defekte. Dafür braucht es ein starkes Ensemble. Insbesondere überzeugt Armin Müller-Stahl als ekelhafter Mafiaboss. Und Viggo Mortensen, der Aragorn aus „Der Herr der Ringe“, zeigt in der Rolle der zerrissenen Hauptfigur Nikolai, dass er einen Film auch ohne technische Mätzchen tragen kann. Wenn er einen Regisseur hat, der ihn fordert.

13. Sonatine (1993, Takeshi Kitano)

Kitano ist der wichtigste und beste japanische Regisseur und Schauspieler der neueren Zeit. Besonders empfehlenswert sind seine frühen Yakuza-Streifen, in denen er stets in der Hauptrolle glänzt. Praktisch ohne Budget und legendärerweise ohne festes Drehbuch gekurbelt, ließ der Mann in „Sonatine“ seiner Depression freien Lauf. Heraus kam ein Werk, das in seiner makabren, zynischen und, ja, auch witzigen Art sämtliche Talente Kitanos ausstellte. Der Mann hat eine einzigartige Bildsprache. Und überraschend erfolgreich war der Film über einen müde gewordenen Mörder und Sadisten auch noch.

12. Minbo (1992, Yuzo Itami)

In keinem anderen Film wird die Mafia, hier: die japanische Yakuza, dermaßen der Lächerlichkeit preisgegeben wie in diesem Werk des großen japanischen Satirikers. Bei Itami sind die ach so ehrenhaften Verbrecher herumbrüllende Schwachköpfe auf dem Entwicklungsstand von Achtjährigen. Und dann werden sie, die Handlung spielt in einem Hotel, auch noch von einer hochintelligenten, mutigen Frau (!) übertölpelt.

Itami verstand den Film überdies als Anleitung, wie man sich den Yakuza entgegenstellt: unerschrocken und gemeinschaftlich. Am Ende wendet sich das Schauspielerensemble direkt an die Zuschauer. Das saß. Die Reaktion folgte prompt. Gangster prügelten den Regisseur, der auch das Drehbuch verfasst hatte, ins Krankenhaus.

Ein paar Jahre später beging Itami Selbstmord – angeblich. Bis heute halten sich Gerüchte, die Yakuza habe den Filmemacher beseitigt und einen Abschiedsbrief fingiert, um einen weiteren satirischen Kinoangriff zu verhindern. Den hatte Itami kurz vor seinem Tod angekündigt.

11. Hana-Bi (1997, Takeshi Kitano)

Mit diesem Film wurde Kitano endgültig zu einem Helden des Arthouse-Kinos. Bei den Filmfestspielen in Venedig räumte „Hana-Bi“ den Goldenen Löwen ab. Der Regisseur hatte im Laufe der Jahre einige Tricks gelernt und komponierte diesen Klassiker sehr sorgfältig. Polizist Nishi wird nach einer Schießerei suspendiert. Er leiht sich Geld von einem Yakuza und überfällt eine Bank, um es wiederzubeschaffen. Danach bricht er mit seiner todkranken Frau zu einer spirituellen Reise auf, während ihnen Gangster und Polizei im Nacken sitzen. Wie bereitet man sich auf den Tod vor? Das ist das eigentliche Thema von Hana-Bi.

10. Violent Cop (1989, Takeshi Kitano)

Das Debüt soll Kitanos bester Film sein? Da werden einige jaulen. Handwerklich gibt es in der Tat einiges auszusetzen an „Violent Cop“. Doch die mitunter sehr roh wirkenden Szenen sind angesichts der Geschichte um einen brutalen, zynischen, lebensmüden Polizisten ein Glücksfall. Kitano alias Azuma kommt einer Yakuza-Drogenbande in die Quere, fast alle Hauptfiguren bezahlen bitter. Düsterer war der Humor des depressiven Regisseurs nie. Der Film wird oft mit Don Siegels „Dirty Harry“ verglichen. Doch anders als die Muskelmaschine Clint Eastwood hat der linkische Kitano in seiner Rolle nichts Ikonisches, sondern wirkt wie ein trauriger, sadistischer Clown. „Violent Cop“ ist ein sehr böses kleines Meisterwerk.

https://www.youtube.com/watch?v=Efbsqr9Th_4

9. Infernal Affairs II (2003, Andy Lau und Alan Mak)

Das Prequel zum großartigen ersten Teil (siehe unten) ist alles andere als der müde Versuch, schnell noch mehr Geld zu verdienen. Der Film beleuchtet, wie und warum der junge Ming von der Triade als Maulwurf bei der Polizei eingeschleust wird. Zeitgleich beginnt der rechtschaffene Yan, der aufgrund seiner Verwandtschaft zur Gangsterfamilie keine Chance auf eine große Polizeikarriere hat, undercover in der Organisation zu ermitteln. Zudem geht es um den blutgetränkten Aufstieg des Verbrechers Sam zum Triadenchef.

Oft sehen Hongkong-Filme gut aus, doch die Charaktere bleiben flach. Infernal Affairs I und II sind rühmliche Ausnahmen. Und das, obwohl im Prequel die beiden brillanten Hauptdarsteller fehlen. Teil drei der Reihe ist übrigens schwach. Doch das war beim „Paten“ auch nicht anders.

8. Casino (1995, Martin Scorsese)

Dies ist das letzte makellose Werk, das Martin Scorsese vorgelegt hat. „Casino“ bedeutete die Rückkehr zum Mafiafilm und zum eingespielten Duo Robert De Niro und Joe Pecsi. Ersterer gibt wie in „Good Fellas“ (siehe unten) den skrupellosen Strategen (Samuel „Ace“ Rothstein), Letzterer den impulsiven Brutalinski (Nicky Santoro). Die Spielerstadt Las Vegas ist für beide Charaktere ein Schlaraffenland, doch das böse Ende kommt gewiss. Hervorragend ist außer den männlichen Hauptdarstellern auch Sharon Stone als Femme Fatale Ginger. Dank Scorsese gelang ihr die beste Vorstellung ihrer Karriere.

7. Infernal Affairs (2002, Andrew Lau und Alan Mak)

Für das Hollywood-Remake „The Departed“ gewann Martin Scorsese endlich seinen heißersehnten Oscar. Ausgezeichnet wurde er aber wohl vor allem als Entschuldigung dafür, dass er zu seiner großen Zeit regemäßig übergangen worden war. „The Departed“ ist ein schlapper Mafia-Film, zudem ließ der Regisseur Jack Nicholson zu viele Albernheiten durchgehen. Wie meisterhaft wirkt dagegen das Hongkong-Original. Und zwar sowohl, was die schauspielerische Qualität als auch die Filmsprache angeht.

In der Rolle des Undercover-Agenten lässt Tony Leung mit seiner paranoiden Melancholie den zu faulen Schönling Leonardo Di Caprio reichlich alt aussehen. Nicht ganz so eindeutig fällt der Vergleich der Maulwürfe bei der Polizei aus: Andy Lau schlägt Matt Damon knapp, weil er noch mehr den perfekten Schwiegersohn verkörpert.

Infernal Affairs kommt ohne Gewaltorgien aus. Der Film ist eine Studie, in der es um die verwischende Grenze zwischen Gut und Böse geht. Sogar der Triaden-Boss Sam ist nicht gänzlich unsympathisch. Verbrecher sind eben auch nur Menschen. Schlechtere halt.

6. Das Begräbnis (1996, Abel Ferrara)

Bei Berserker Ferrara geht es irgendwie immer um Schuld, Sühne und Vergebung. Kurz: um den Katholizismus. In seinem zweitbesten Film hinter „Bad Lieutenant“ (1992) wird das Thema anhand einer kammerspielartigen Mafia-Rachegeschichte diskutiert. Der junge Johnny Tempio (Vincent Gallo) wird ermordet. Ray (Christopher Walken), der älteste Bruder, will Blut sehen, während Chez (viel zu früh verstorben: Chis Penn) vor allem mit der eigenen psychischen Erkrankung zu tun hat. Schon die Besetzung mit Extremschauspielern ist als Warnung zu verstehen. „Das Begräbnis“ ist ganz weit weg von Gefühlsduselei à la Hollywood. Besonders Walken verdient sich das Prädikat furchterregend. Dass der Film nicht gut endet, sollte niemanden überraschen.

5. Hexenkessel (1973, Martin Scorsese)

Der erste von Scorseses Mafiafilmen beschäftigt sich mit jenen, die unten in der Nahrungskette stehen. Harvey Keitel glänzt in der Hauptrolle (Charlie), doch ein Nebendarsteller stiehlt ihm die Show: der damals noch unbekannte Robert De Niro, mit dem Scorsese erstmals zusammenarbeitete. Als Kleinganove und naiver Gernegroß Johnny Boy, der sich an keine Regel hält und eine Katastrophe auslöst, wirbelt De Niro über die Leinwand. Für den Schauspieler war der Auftritt ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einem der gefragtesten Charakterdarsteller Hollywoods. Während Keitel, mindestens so begabt, in der zweiten Reihe blieb. Gerecht ist sie nicht, die Filmwelt.

4. Good Fellas (1990, Martin Scorsese)

In ärmlichen Verhältnissen in New Yorks Little Italy aufgewachsen, ist Martin Scorsese zugleich fasziniert und abgestoßen von der Brutalität, mit der die Mafia agiert. Für Menschen ohne Perspektive ist die Kriminalität oft der einzige Ausweg. Davon handelt dieser auf wahren Begebenheiten beruhende grandiose Film.

Henry Hill (Ray Liotta) arbeitet sich in der Cosa Nostra, einer Bande mit traditionell kapitalistischen Strukturen, verbissen nach oben. Der Vollblutverbrecher Jimmy Sangster (Robert De Niro) wird sein Mentor. Inklusive des unkontrollierbaren Wüterichs Tommy DeVito (Joe Pesci) sind sie lange eine eingeschworene Gemeinschaft. Die Kohle fließt im Überfluss, aber die Scheinwelt zerbröckelt. Legendär ist Pescis improvisiertes Mafia-Gaststättengespräch mit Liotta („How am I funny?“). Aus dem Off ebenso begeistert wie unmoralisch erzählt wird die Good Fellas-Handlung von Hauptfigur Henry Hill. Diesen Voice-Over-Kniff hatte sich Scorsese von einem der besten Filme überhaupt abgeschaut, Robert Hamers zynischer Satire „Adel verpflichtet“ (1949).

3. Scarface (1983, Brian De Palma)

Ist Brian De Palma ein guter Regisseur oder hat er Dusel gehabt? Beim Schauen von „Scarface“ kommen einem solche Gedanken. Der Streifen, ein Remake des 1932 erschienenen Films von Howard Hawks, ist eine einzige in Giorgio Moroders Schmierkeyboard-Soundtrack eingebettete Kokainlinie. Und funktioniert genau deshalb.

Oliver Stone, später unter anderem mit „Platoon“ selbst als Regisseur erfolgreich, war schon dicht, als er das Drehbuch schrieb. Anders als in der Vorlage sind die Protagonisten kubanische Schwerverbrecher, die von Fidel Castro in die USA abgeschoben worden sind. In Miami, damals die Inkarnation von Sommer, Palmen, Kokain, nimmt sich Tony Montana (übergeschnappt: Al Pacino) alles, was er kriegen kann: die Organisation des Chefs (herrlich großspurig: Robert Loggia), die Frau des Chefs (überragend: Michelle Pfeiffer), den Drogenhandel und die Drogen gleich dazu.

Das Anwesen sieht aus wie eine Mischung aus Hugh Hefners dekadenter Playboy Mansion und Michael Jacksons kindlicher Neverland Ranch. Der Kokainberg, in den Montana seine Nase steckt, würde auch eine Spielzeugeisenbahn hübsch zur Geltung bringen.

Montanas Größenwahn, seine Komplexe und drogeninduzierte Paranoia machen schließlich alles kaputt. Aber hey: Man hat ein paar berauschende Jahre gehabt und die Stadt sowas von gemolken. Und jetzt, da alles vorbei ist und die Lieben tot oder fort, muss man eben den Schmerz nutzen, um sich waffenschwingend einen geilen Abgang zu verschaffen: bumm, bumm, bumm – wie Sex. „Ich schluck‘ doch Eure Kugeln!“ So was schreit ein Mann, kein Schlappschwanz.

In einem Interview hat Al Pacino mal gebeichtet, er habe während seiner Karriere Probleme mit Alkohol und Drogen gehabt. Wäre man nie drauf gekommen.

2. Der Pate (1972, Francis Ford Coppola)

Wenn es um die besten Mafia-Filme geht, sind die ersten beiden Plätze sofort vergeben. Nur: Welcher Teil des „Paten“ ist der noch fulminantere? Der zweite. Doch dazu später.

Mit dem „Paten“ erschuf Francis Ford Coppola, wie Scorsese, De Palma und Ferrara Italoamerikaner, das Genre des Mafia-Films neu. Der Einfluss dieses Meisterwerks (und des Nachfolgers), ein mit drei Oscars ausgezeichneter Welterfolg, spiegelt sich in allen ihm folgenden Werken wider. Aus Gründen.

Da ist zum einen die Optik. Wie überliefert, waren die Studioherren schwer entsetzt, als ihnen Szenen aus dem „Paten“ vorgeführt wurden. Viel zu dunkel! Bringen die nicht mal das Ausleuchten gescheit hin?! Was, das soll Absicht sein?! Usw. Jahrzehntelang hatten die Bosse felsenfeste Vorstellungen gehabt, wie ein vernünftiger Film aussehen muss – und jetzt das. Verantwortlich für das vermeintliche Fiasko war Kameramann Gordon Willis. Und Coppola wusste, dass die düstere Anmutung sein Werk noch mal auf ein anderes Level heben würde. Zum Glück war die Macht der alten Hollywood-Garde am Bröckeln, der dickköpfige Regisseur setzte sich durch.

Imposant ist auch das Drehbuch, das Coppola zusammen mit Mario Puzo, dem Autor der Romanvorlage, geschrieben hatte. Die Geschichte ist eigentlich nicht kompliziert: Der Mafia-Clan Corleone schlittert in einen Krieg mit anderen Familien. Es gibt hohe Verluste auf allen Seiten. Schließlich beerbt der jüngste Corleone-Spross Michael seinen Vater Vito als Don. Doch die Handlung ist verästelt, wartet mit reichlich Katholizismus sowie serienweise ikonischen Sätzen auf (Bis zum Erbrechen zitiert: „Ich mache ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann.“). Und lässt den Schauspieler:innen viel Raum für konzentrierte Charakterstudien.

Damit sind wir beim grandiosen Ensemble. Der einzige Star aus der Zeit des alten Hollywood war Marlon Brando. Mit ausgepolsterten Backen und leise nuschelnd machte er aus Don Vito fast eine Karikatur. Was im Laufe der Jahre reichlich parodiert wurde und damit auch den Film ständig im Gedächtnis hielt.

Auch bei der Wahl des Hauptdarstellers setzte sich Coppola durch. Al Pacino war ein Theatermann und hatte im Kino noch kaum Spuren hinterlassen. Doch wie er Michaels Verwandlung vom verweichlichten, träumerischen Papasöhnchen zum skrupellosen Bandenchef auf der Leinwand durchlebt, gehört zu den großen schauspielerischen Leistungen der 70er Jahre.

Ebenfalls erste Sahne sind James Caan als nicht aufzuhaltender Temperamentsvulkan Sonny und Robert Duvall als Vitos Ziehsohn Tom Hagen. Obwohl Letzterer mit den Corleone-Brüdern aufgewachsen ist, kann er sich der Liebe und des Vertrauens der Familie nie zu 100 Prozent sicher sein. Und agiert im Interesse des Clans umso eifriger, besorgter, umsichtiger.

Brilliant ist auch John Cazale als der mit wenig Hirnschmalz ausgestattete älteste Bruder Fredo. Cazale gehörte zu den wenigen Schauspielern, die es sich trauen, Dummköpfe zu spielen ohne beweisen zu wollen, wie klug sie selbst sind. Eine große Gabe, die aber Hauptrollen verhindert.

Trotz perfekten Handwerks, des fabelhaften Drehbuchs und toller Schauspieler:Innen: Erst der opulente Soundtrack von Nino Rota, ein Experte, dem auch Federico Fellini und Luchino Visconti vertrauten, machte das Werk zum Epos. Die melancholische Titelmelodie gehört zu den bekanntesten der Filmgeschichte.

1. Der Pate – Teil II (1974, Francis Ford Coppola)

Noch mal, damit wir uns verstehen: „Der Pate“ ist schon ein Meisterwerk. Teil II, der sechs Oscars abräumte, ist nur eine winzige Spur besser. Einfach, weil er noch ausladender und düsterer ist.

Parallel erzählt wird die Geschichte des Aufstiegs von Vito Corleone (Robert De Niro mit vorsichtig eingesetzten Brando-Manierismen) zum Mafia-Paten und wie es Jahrzehnte später mit der Familie weitergeht, nachdem Michael Corleone zum Don geworden ist. Die charakterlichen Unterschiede von Vater und Sohn sind ein zentrales Thema des Films. Während Vito trotz zunehmender Macht ein Familienmensch bleibt, stößt der hart gewordene Michael alle von sich, die er liebt. Früh schwant einem, dass er sich nicht davon abbringen lassen wird, seinen unterbelichteten, aber im Grunde herzensguten Bruder Fredo (erneut überwältigend: John Cazale) für einen Verrat büßen zu lassen. Es sind grauenerregende Szenen.

Wie in Teil eins setzte Coppola Gewalt nicht als Selbstzweck ein, auch wenn sie – vor allem für die Zeit – mitunter ganz schön brutal daherkam. Mafia ist Gewalt – aber halt noch viel mehr. Wer beide Teile des Paten, den misslungenen dritten vergessen wir schnell, gesehen hat, glaubt genau zu wissen, wie die aus Sizilien stammende Verbrecherorganisation funktioniert. Oder ist das alles viel zu sehr romantisiert? Mit Sicherheit. Doch das ist vollkommen egal. Wer Kino liebt, liebt den „Paten“.

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