Zum Inhalt springen

Bruce Springsteen & The E Street Band – Berlin, Olympiastadion, 11. Juni 2025 (Konzertbilder und Setlist)

Das Berliner Olympiastadion, ein Bauwerk aus düsteren Zeiten, war gestern Abend Kulisse für ein Konzert, das weit mehr war als bloße Rockunterhaltung. Bruce Springsteen, der mittlerweile 75-jährige “Boss”, kehrte mit seiner E Street Band nach Berlin zurück – nicht, um Nostalgie zu bedienen, sondern um ein deutliches Zeichen zu setzen. Wer dachte, er würde sich auf alte Klassiker beschränken, wurde direkt in den ersten Minuten eines Besseren belehrt.

Springsteen mit dem Rücken zum Publikum – ein symbolisches Bild für seine klare Ansage gegen politische Missstände: „inkompetente und verlogene Regierung“. (Foto: Andreas Budtke)

Noch bevor der erste Akkord erklang, nutzte Springsteen die Bühne für ein politisches Statement: Die amerikanische Regierung bezeichnete er als „korrupt, inkompetent und verlogen“. Keine verklausulierte Botschaft, sondern eine klare Kampfansage – vor 68.000 Menschen. Und dieses Maß an Ernsthaftigkeit zog sich durch den gesamten Abend.

Mit voller Inbrunst am Mikrofon – Springsteen zeigt, dass Wut, Leidenschaft und Authentizität auch mit 75 Jahren noch kein bisschen leiser geworden sind. (Foto: Andreas Budtke)

Der Opener „Ghosts“ war passend gewählt: ein Lied über Verlust, Erinnerung und das Weitermachen. Es folgte „Land of Hope and Dreams“, ebenfalls mehr als nur ein Songtitel – eher ein Gegenentwurf zum politischen Klima in den USA. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt war klar: Dies wird kein bloßes Greatest-Hits-Feuerwerk, sondern ein Abend mit Haltung.

Powertrio im Einsatz – Jake Clemons, Max Weinberg und Springsteen treiben die Show mit ungebremster Energie voran. (Foto: Andreas Budtke)

Natürlich fehlten sie nicht, die Klassiker, die das Publikum zum Mitsingen und Tanzen brachten: „No Surrender“, „The Promised Land“, „Hungry Heart“ – aber dazwischen immer wieder Brüche. Nachdenkliche Songs wie „Long Walk Home“, in dem Springsteen offen von seiner Angst um die Demokratie sprach, oder „Rainmaker“, das er bissig Donald Trump widmete. Es war ein Balanceakt zwischen Entertainment und politischer Mahnung, den Springsteen wie kaum ein anderer beherrscht.

Wenn der Boss ruft, schnappt sich der Fan sogar die Plastikgitarre – Rock’n’Roll kennt keine Grenzen. (Foto: Andreas Budtke)

Ein besonderer Moment: „My City of Ruins“, begleitet von einer eindringlichen Ansprache über Zusammenhalt und Verlust. Dass der Boss diese Songs nicht einfach abspult, sondern in jedem Ton spürbar macht, dass sie ihm persönlich etwas bedeuten, unterscheidet ihn von vielen anderen, die mit dem Etikett “Legende” durch die Arenen tingeln.

Die E Street Band liefert eine kompromisslose Live-Show – routiniert, druckvoll, ohne einen Funken Routine. (Foto: Andreas Budtke)

Im letzten Drittel dann die erwartete Eskalation: „Born in the U.S.A.“ (wieder einmal völlig missverstanden von Teilen des Publikums), „Born to Run“, „Dancing in the Dark“. Und als würde er dem Abend noch einen historischen Rahmen geben wollen, beendete Springsteen das Konzert mit Bob Dylans „Chimes of Freedom“ – auf Deutsch angekündigt, gewidmet den „Fans aus Ost-Berlin“, in direkter Anspielung auf sein legendäres Konzert von 1988, das damals als eines der kulturellen Vorzeichen für die Wende galt.

Tight und auf den Punkt – die Band agiert wie eine präzise Maschine aus Leidenschaft und Erfahrung. (Foto: Andreas Budtke)

Musikalisch war das alles solide, punktuell überragend – insbesondere die E Street Band spielte routiniert, aber nie gelangweilt. Man spürt, dass hier Profis auf der Bühne stehen, die das Zusammenspiel seit Jahrzehnten perfektioniert haben. Dennoch: Es ging gestern Abend nicht primär um Virtuosität. Es ging um Haltung. Um einen Musiker, der seine Popularität nutzt, um Missstände anzusprechen. Ohne Pathos, aber mit Wucht.

Zehntausende Hände in der Luft – Berlin feiert Springsteen mit der Energie eines Endspiels. (Foto: Andreas Budtke)

Wer sich einen gemütlichen Rockabend erhofft hatte, dürfte sich überfordert gefühlt haben. Wer bereit war, sich auf einen politischen und emotionalen Trip einzulassen, erlebte eines der eindrucksvollsten Konzerte dieses Sommers.

„Bruce for President“ – ein Fan bringt auf den Punkt, was viele denken: mehr Haltung, weniger Politiker. (Foto: Andreas Budtke)

Fazit:

Springsteen ist nicht einfach nur ein Musiker. Er ist ein Chronist, ein Mahner, ein unbequemer Zeitzeuge. Und Berlin war der passende Ort für seine Botschaft: Vergesst nicht, was auf dem Spiel steht. Rockmusik kann mehr sein als Klang – sie kann Haltung haben. Gestern Abend hat sie es bewiesen.

Bruce Springsteen & The E Street Band live in Berlin (Foto: Andreas Budtke)

Setlist

1. Ghosts

2. Land of Hope and Dreams

3. Death to My Hometown

4. No Surrender

5. Two Hearts (Tour‑Debüt)

6. Out in the Street

7. Lonesome Day

8. Rainmaker (dediziert an „Our Dear Leader“)

9. The Promised Land

10. Hungry Heart

11. The River

12. Youngstown

13. Murder Incorporated

14. Long Walk Home (eingeleitet als „Prayer for my country“)

15. House of a Thousand Guitars (solo, akustisch)

16. My City of Ruins

17. Because the Night (Patti Smith Cover)

18. Wrecking Ball

19. The Rising

20. Badlands

21. Thunder Road

Encore

22. Born in the U.S.A.

23. Born to Run

24. Seven Nights to Rock (Moon Mullican Cover, Tour‑Debüt)

25. Bobby Jean

26. Dancing in the Dark

27. Tenth Avenue Freeze‑Out

28. Twist and Shout (The Top Notes Cover)

29. Chimes of Freedom (Bob Dylan Cover, gewidmet Ost‑Berlin 1988)

30. Song from Tape: This Land Is Your Land (Woody Guthrie)


Tonspion Backstage Pass

In eigener Sache: Wir möchten unsere Social Media Profile löschen und unabhängig von nerviger Bannerwerbung werden. Und dazu brauchen wir dich: Unterstütze unsere Arbeit und hol dir den Tonspion Backstage Pass ab 2 Euro/Monat.
Sobald wir genügend Mitglieder haben, können wir wieder unabhängig von den großen Plattformen arbeiten.