ALBUM DER WOCHE – Mit The XX revolutionierte er Indietronic und mit seinem ersten Solo-Album radikalisiert Oliver Sim den Indiepop: „Hideous Bastard“ steckt voller schonungsloser Lyrics, begleitet von üppigen und dancigen Melodien.
„Hideous Bastard“ wurde von Bandkollege Jamie XX produziert, der den Tracks eine brodelnde Grundstimmung verleiht und den Boden bereitet für die intime Identitätssuche auf dem Album. Gastsänger der ersten Single „Hideous“ ist mit engelsgleicher Stimme und glitzerndem Erlöserauftritt im eindringlichen Video Jimmy Somerville, der den als Monster verkleideten Musiker in den Armen hält, während dieser die Zeilen singt „Radical honesty / Might set me free / If it makes me hideous / Been living with HIV / Since seventeen / Am I hideous?“
In einem langen Statement erklärt Oliver Sim die komplizierte Geschichte der Entstehung des Songs und wie es zu der Zusammenarbeit mit dem schottischen LGBT-Aktivisten Jimmy Somerville (Bronski Beat, The Communards) kam, der mit „Smalltown Boy“ eine der wichtigsten Hymnen der Schwulenbewegung geschrieben hat. Nun tut es ihm Oliver Sim gleich und singt offen über seine Gefühle, sich seit seiner HIV-Infektion als Außenseiter gefühlt zu haben. Obwohl HIV heute sehr gut therapierbar und dann auch nicht mehr ansteckend ist, bleibt ein Stigma. Auch im Umgang mit sich selbst, wie Sim beschreibt.
Sich selbst widerlich zu finden, sich selbst wieder zu finden: Oliver Sims Songs drehen sich thematisch um diesen schwierigen Komplex und so lauten auch die ersten Worte des Albums „I’m ugly“. Vielleicht Koketterie, in jedem Fall aber Kritik an den Selbstoptimierungswahn von KünstleriInnen mit dem Mantra „Lieb’ Dich selbst“ oder „Du kannst alles schaffen“. Sim schafft es Selbstverachtung mit Selbstbewusstsein zu verbinden, so wie es in den Lyrics bisher vielleicht nur The Smiths in den 80ern geschafft haben – I know I’m unloveable / You don’t have to tell me / I don’t have much in my life / But take it – it’s yours…
Wir nehmen 2022 gerne die Lieder von Oliver Sim, die getragen von einer emotionalen vulnerablen und doch starken Stimme, in ihrem poppigen Minimalismus und ihrer melodiösen Tanzbarkeit tatsächlich befreiend sind.
Tracklist: Oliver Sim – Hideous Bastard
- Hideous
- Romance With A Memory
- Sensitive Child
- Never Here
- Unreliable Narrator
- Saccharine
- Confident Man
- GMT
- Fruit
- Run The Credits
Auf Spotify hören:
Biographie Oliver Sim:
Der englische Musiker Oliver Sim hat drei ganze Jahre an seinem Solo-Debüt „Hideous Bastard“ gearbeitet, das 2022 erscheint. Mit seiner Electro-Indie-Pop-Rock-Band The xx veröffentlichte Oliver Sim als Bassist, Songwriter und Sänger davor bislang drei (gefeierte) Alben.
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