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Playlist: Die besten Songs von Can

In Deutschland kennen sie nur noch Eingeweihte, in England und Japan sind die Kölner Krautrocker Can bis heute Legenden.

Im Hippie-Jahr 1968 gründeten Keyboarder Irmin Schmidt und Bassist Holger Czukay die Band Can in Köln. Beide hatten bei Karlheinz Stockhausen Komposition studiert und waren fasziniert von dessen grenzenlosen Experimentierfreude, aber als junge Wilde auch hingezogen zur Rohheit der Rockmusik.

Gemeinsam mit Schlagzeuger Jaki Liebezeit und Gitarrist Michael Karoli entwickelten sie ihren ganz eigenen Sound, eine Mischung aus Free-Jazz, Rock und experimenteller elektronischer Musik. Sie befreiten ihre Musik von allen gängigen Konventionen und improvisierten ihre Stücke in absoluter Gleichberechtigung aller Instrumente. Der US-amerikanische Künstler Malcolm Mooney stieß schließlich als Sänger zur Gruppe und so wurden die ausschweifenden Can-Konzerte schnell zum gefeierten Happening. 

Can (Pressefoto)
Can ohne Sänger (Pressefoto)


Anders als die die Düsseldorfer Kraftwerk blieben Can immer dem Underground verpflichtet und finanzierten sich mangels massentauglicher Hit-Alben in erster Linie über Filmmusik. Ihre ausdrucksstarke Musik untermalte zahlreiche internationale Kino-Produktionen und auch TV-Serien wie den Tatort. Das ermöglichte der Band, ihre Musik finanziell unabhängig produzieren und keinerlei künstlerischen Kompromisse eingehen zu müssen. 

Der Ruf von Can breitete sich vor allem nach England aus, wo die Band bis heute neben Kraftwerk als einer der wichtigsten Einflüsse zahlreicher Indiebands gilt. Es gibt wohl keinen ernstzunehmenden Musiker in England, der Can nicht als Inspiration anführen würde.

Typisch für den einzigartigen Sound von Can sind die hypnotischen Rhythmen des Duos Liebezeit-Czukay und die ausgedehnten Improvisationen von Gitarrist Michael Karoli (der 2001 verstorben ist) sowie des Sängers Malcolm Mooney, der später durch den japanischen Straßenmusiker Damo Suzuki ersetzt wurde, bevor Mooney 1986 wieder zur Band zurück kehrte.

Auch Czukay stieß nach einigen Jahren Auszeit Mitte der 80er Jahre wieder zu Can und genoss in seinen späteren Lebensjahren die Aufmerksamkeit und den großen Respekt, den ihm die elektronische Musikszene für seine Pionierarbeit zollte. 

Seine Plattenfirma Grönland veröffentlichte nach seinem Tod 2017 einen Nachruf:

Holger Czukay (24. März 1938 – 5. September 2017)

Es ist schwierig, von einem Meisterwerk im Sinne eines Höhepunktes zu sprechen, wenn es um das Schaffen eines Meisters geht. Und Holger Czukay war ein Meister, jedes seiner Werke weiß davon zu erzählen. Der 1938 in Danzig geborene Schüler Stockhausens glänzte mit seinen Veröffentlichungen, fing bereits 1960 unter bürgerlichem Namen mit dem Holger Schüring-Quintett an, baute seit 1969 starke, kunstvolle Brücken zwischen Avantgarde und Pop – und gilt bis heute als eines der einflussreichsten internationalen Aushängeschilder klanglicher Innovation aus Deutschland. Nicht nur seine eigenen Veröffentlichungen beweisen dies, auch die unzähligen Platten, an denen er als Musiker oder Produzent beteiligt war, boten ein Maß an Originalität, Innovation und Humor, das nicht zuletzt durch den universellen Dilettanten, wie sich Czukay selbst gern nannte, entstand!

Czukays Facettenreichtum und sein spontaner, situativer Zugang, der ihm beispielsweise in seinen vielumjubelten Zusammenarbeiten mit Can-Kollege Jaki Liebezeit, Jah Wobble und The Edge (Full Circle 1982, Snake Charmer 1983) viel Bewunderung einbrachte, zeigte den sympathischen Musiker als Dreh- und Angelpunkt einiger der wegweisendsten Schallplatten der Musikgeschichte des späten 20. Jahrhunderts – und dies nicht nur in Deutschland. Eurythmics, Brian Eno, Conny Plank, Phew, David Sylvian, S.Y.P.H. – die Liste der Kollaborationen ist lang, noch länger wäre die Aufzählung derer, die er mit seiner Kunst inspirierte. 

–Hendrik Otremba

Der ehemalige MTV-Moderator Steve Blame erinnert sich an seine Begegnungen mit Czukay und seine Frau U-She Ende der 90er Jahre, als er von London nach Köln zog: 

„Goodbye Holger and U-She. Thank you for the kindness and extremely unconventional evenings when I first arrived in Cologne. Holger was always creating his music and film projects. A fascinating man whom I think I met at such a confused time of my life that I wasn’t able to appreciate the experience until much later. They were also absolutely dedicated to each other which was beautiful to see.“

Im Januar 2017 war Schlagzeuger Jaki Liebezeit plötzlich und unerwartet an einer Lungenentzündung gestorben. Bis zuletzt war Liebezeit als Trommler aktiv in zahlreichen Projekten.

Playlist: The Very Best of Can