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Club 27: Mythos um Musiker, die im Alter von 27 starben

Es begann mit dem Tod von Brian Jones, Gründungsmitglied der Rolling Stones, der 1969 im Alter von nur 27 Jahren in einem Swimmingpool ertrank: Und als Anfang der 1970er weitere Musiker in diesem Alter starben, wurde allmählich die Legende vom Club 27 geboren… Was steckt hinter dem Konzept oder dieser Theorie?

Der Name Club 27

Als kurz nacheinander die Musiker Jimi Hendrix († 1970), Janis Joplin († 1970) und Jim Morrison († 1971) von der Band The Doors im Alter von 27 Jahren verstarben, wurde der Tatsache des gleichen Todesalters weder in der Presse noch in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit entgegengebracht. Und außerdem: Man hätte zudem ja auch den Anfangsbuchstaben „J“ als Gemeinsamkeit stilisieren können.

Als mit Nirvana-Sänger Kurt Cobain dann knapp zweieinhalb Jahrzehnte später „wieder“ ein Musiker im Alter von 27 Jahren verstarb, schwurbelten Internet, Tabloids und TV von einer neuen Idee, einer morbid-romantischen Vorstellung eines Clubs 27, in dem sich diese jung verstorbenen quasi nach dem Tod träfen. Cobain-Biograf Charles R. Cross ließ zudem verlauten, der Nirvana-Musiker habe gesagt:

„Ich werde der größte Rocksuperstar, bringe mich um und mache einen flammenden Abgang. Ich möchte reich und berühmt werden und mich umbringen wie Jimi Hendrix.“

Das Sinnbild eines bewusst gewählten Club 27 wurde noch befeuert von Cubains Mutter, die nach dem Selbstmord ihres Sohnes sagte: „Now he’s gone and joined that stupid club. I told him not to join that stupid club.“ Es scheint jedoch wahrscheinlicher, dass sich Wendy Fradenburg Cobain O’Connor in ihrer Trauer nicht auf das Alter bezog, sondern darauf, dass zwei Onkel und eine Großonkel von Kurt Cobain ebenfalls Suizid begangen. Aber das Zitat fiel auf fruchtbaren Boden und in diverse Internetforen und Blogs, die nur allzu gerne einen Mythos wie den Club 27 belebten, indem behauptet wurde der Nirvana-Frontman habe sich bewusst mit 27 Jahren erschossen, um dem elitären Club beitreten zu können.

Video: Nirvana – Lithium

Die Mitglieder

Wer gehört denn nun zu dem elitären und eigentlich nicht beneidenswerten Kreis, der dem Club 27 beitreten „darf“? Die bereits erwähnten Brian Jones, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison, Kurt Cobain und als jüngstes Mitglied Amy Winehouse, die 2011 an einer Alkoholvergiftung starb.

Amy Winehouse (Presspic 2007 Universal Music)
Amy Winehouse (Presspic 2007 Universal Music)

Will man aber akkurat vorgehen, dann müsste man streng genommen mit dem Pianisten Alexandre Levy beginnen, der 1892 im Alter von 27 Jahren starb. Und es gibt natürlich noch viel mehr Musiker, die sich wegen ihres Todesalters die Mitgliedschaft verdient haben. Neben der deutschen Schlagersängerin Alexandra („Mein Freund, der Baum“), Grateful Dead-Mitglied Ron McKernan, The Stooges-Bassist Dave Alexander, Hole-Bassistin Kristen Pfaff oder K-Pop-Star Kim Jong-hyun finden sich in dieser Liste zahlreiche weitere mehr oder weniger bekannte Musiker.

Manche zählen auch Richey James Edwards zum Club, Gitarrist und Texter der Indieband Manic Street Preachers dazu der 1. Februar 1995 spurlos im Alter von 27 Jahren spurlos verschwand und seither als „vermutlich tot“ geführt wird. Richtig eigenartig wird es, wenn bei dem Tod eines jungen Musikern in der Presse zu lesen ist: Er habe den Club 27 „verpasst“, wie im Falle des DJs Avicii, der im Alter von 28 Jahren Selbstmord beging.

Manche gewähren übrigens auch Nicht-Musikern Einlass in den elitären Klub, so vermuten manche auch den Dichter Georg Trakl, den Graffiti-Künstler Jean-Michel Basquiat oder den Schauspieler Anton Yelchin darin und erweitern damit die Türsteher-Politik der Verschwörungstheorie.

Video: Manic Street Preachers – Suicide Is Painless

Der Mythos

Natürlich gibt es keine statistische Wahrheit hinter dem Club 27, der auch manchmal als Klub 27 oder 27 Club bezeichnet wird: Vielmehr ist es eine selektive Wahrnehmung, die uns eine besondere Häufung von Musikertoden in diesem Alter suggeriert. Es gibt jedoch Untersuchungen, wonach es unter Musikern eine statistische Spitze gäbe mit 27 zu sterben, die für die Gesamtbevölkerung nicht existiere. Wer denkt jedoch hier nicht sofoart an das geflügelte Wort: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“.

Zum Alter als Gemeinsamkeit kommt, dass man hinter dem Konzept eine Art Todessehnsucht wähnt, denn fast allen verstorbenen Künstlern wird ein exzessiver Lebensstil nachgesagt, die das frühe Ableben verursachten. Drogen,- Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sowie Selbstmorde oder „mysteriöse Umstände“ aus Verzweiflung sind scheinbar häufiger zu finden als so genannte normale Todesursachen oder Unfälle.

Trifft dies vielleicht auf die prominentesten Fälle zu, so ist dies jedoch keineswegs die Mehrheit der Todesursachen. Aber vielleicht ist es ja auch wie in anderen elitären Clubs, in denen man besonders reich oder berühmt sein muss: Je tragischer der Tod, desto besser die Plätze im Club 27. Aber Achtung, der Club bekommt Konkurrenz in der Nachbarschaft, denn es gibt Gerüchte um einen Club 32, der diesen in Sachen Fame ablösen könnte, denn laut Studie der Universität Queensland in Australien sterben die meisten Musiker statistisch gesehen im Alter von 32 Jahren. Allerdings – beim Club 27 geht es ja eigentlich nicht um Zahlen, sondern um zeitlosen Stoff über Dramen, Glamour und Gefühle.

Video: Amy Winehouse – Back To Black

Die Rezeption

Und wo Stoff zum Erzählen ist, da ist auch ein Platz in der Popkultur nicht fern: Der Club 27 ist mittlerweile selbst der Star, losgelöst von den berühmten Mitgliedern und wird auf diversen Merchandising-Produkten verewigt. Es gibt Sachbücher über den Mythos, Internetfanseiten wie Forever 27 auch Ausstellungen, wie 2008 in der Londoner Galerie Proud Camden mit der Fotoausstellung „Forever 27“.

Es gib einen Film namens „The 27 Club“ über einen Musiker der an seinem 27. Geburtstag Selbstmord begeht und den Debütroman des Echt-Sängers Kim Frank mit dem schlichten Titel „27“, in der es um die Angst eines Musikers geht, das 28. Lebensjahr nicht mehr zu erreichen – auf dem Cover zu sehen Jones, Japlin, Hendrix, Cobain und Morrison – die promineste Gang 27. Ob es noch bis ins Jahr 2027 dauert, bis Netflix aus dem Mythos eine Serie macht – das Ende der Legende ist jedenfalls sicher noch nicht erreicht.

Video: The Doors – The End