„Paintings of an Exhibition“: Wenn große Kunstwerke im Bigband-Sound neu erstrahlen
Zehn Jahre sind im Bigband-Kosmos eine kleine Ewigkeit – vor allem, wenn man in dieser Zeit nie stillsteht. Das Silent Explosion Orchestra (SEO) aus dem Saarland hat 2024 sein zehnjähriges Bühnenjubiläum gefeiert und sich dabei längst vom traditionellen Bigband-Image emanzipiert. Unter der Leitung des umtriebigen Schlagzeugers Kevin Naßhan hat das Ensemble wieder und wieder neue Grenzgänge gewagt: zwischen Jazz, Klassik, Pop, Performance – und jetzt auch Malerei.
Mit dem aktuellen Projekt „Paintings of an Exhibition“ betritt das SEO erneut Neuland – zumindest auf deutschen Jazzbühnen. Der programmatische Titel ist eine deutliche Verneigung vor Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“, dessen formale Idee auch dem neuen Werk zugrunde liegt. Wie beim russischen Komponisten verbindet ein wiederkehrendes „Promenaden-Thema“ die einzelnen Stücke – mal lyrisch, mal eruptiv, mal in schimmerndem Modern-Jazz-Gewand.
Doch statt Victor Hartmanns Architekturzeichnungen stehen bei Naßhan und seinem Team große Werke der Kunstgeschichte im Fokus: Claude Monets „Seerosen“ oder van Goghs „Caféterassen am Abend“ werden nicht bloß betitelt – sie werden hörbar gemacht. Die Musik interpretiert nicht nur Farbe und Form, sondern legt emotionale Tiefenschichten frei, die selbst in museumstiller Betrachtung verborgen bleiben. Es ist ein synästhetisches Erlebnis – Kunst für Ohr und Auge.
Dass dieses Unterfangen kein bloßes Klangexperiment bleibt, liegt auch an den kreativen Köpfen hinter den Kompositionen. Neben Kevin Naßhan selbst, der den Großteil des Materials geschrieben hat, hat das Orchester vier prominente Gäste aus seiner Bandgeschichte eingeladen: Christian Pabst, Manfred Honetschläger, Philipp Schug und Malte Schiller bringen ihre je eigene Handschrift ein und lassen die Reise durch die Kunstgeschichte zugleich zu einer Rückschau auf ein Jahrzehnt SEO werden.
„Paintings of an Exhibition“ ist kein Projekt, das Jazz erklären will – es lebt davon, dass es Jazz erzählt. Mit Farben. Mit Emotionen. Mit der Klanggewalt einer Bigband, die nicht stehenbleibt, sondern immer wieder neue Wege sucht, um zu berühren.
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