50 Jahre nach seiner Erstveröffentlichung hat Pink Floyds Album Wish You Were Here erneut Platz 1 der deutschen Albumcharts erreicht und ist damit die Weihnachts-Nummer-1 des Jahres 2025.
Damit durchbricht das Werk nicht nur nostalgische Hürden, sondern stellt auch einen Rekord auf, der zuvor von den Beatles gehalten wurde.
Ursprünglich 1975 erschienen, zählt Wish You Were Here längst zum Kanon der wichtigsten Alben der Rockgeschichte. Dass das Album nun, ein halbes Jahrhundert später, erneut die Spitze der UK-Charts erobert, ist ein seltenes Ereignis. Mit exakt 50 Jahren Abstand zum ersten Platz 1975 übertrifft Pink Floyd damit sogar Abbey Road von den Beatles, das zwischen 1969 und 2019 knapp unter dieser Marke geblieben war.
Entscheidend für den aktuellen Erfolg dürfte die Veröffentlichung einer umfangreichen Jubiläumsedition gewesen sein. Wish You Were Here 50 erschien in mehreren physischen Formaten, darunter auch mit Dolby-Atmos-Mix und 25 Bonustracks, ein audiophiles Sammlerstück für langjährige Fans und ein Einstiegspunkt für jüngere Hörer. Das Album ging direkt danach in mehreren europäischen Ländern auf Platz 1 der Charts, auch in England.
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David Gilmour kommentierte die Neuigkeit auf Instagram mit einem Foto aus dem Pub, auf dem er mit einem Pint in der Hand anstößt. „Raising a glass to the wonderful news that Wish You Were Here is the UK’s Christmas Number 1 album“, schreibt er lakonisch. Für Pink Floyd ist es die erste Weihnachts-Nummer-1 im Albumformat. Ihre bislang einzige Nummer-1-Single zur Weihnachtszeit war „Another Brick in the Wall, Part 2“ im Jahr 1979.
Eines der besten Alben aller Zeiten als Tribut an Syd Barrett
Wish You Were Here entstand in einer Phase der Desillusionierung. Pink Floyd hatten mit dem vorangegangenen Album The Dark Side of the Moon einen kommerziellen und künstlerischen Gipfel erreicht. Die Schattenseite des Ruhms, die Entfremdung innerhalb der Band und die psychische Abwesenheit ihres einstigen Frontmanns Syd Barrett bestimmten die Grundstimmung der Platte.
Das Album beginnt mit dem epischen „Shine On You Crazy Diamond“, einem klanglich wie emotional überwältigenden Tribut an Barrett. In neun Teilen aufgegliedert, zieht sich das Stück wie ein Rahmenwerk um die übrigen Songs und zeigt die Band am Höhepunkt ihrer kreativen Schaffenskraft. Die zentrale Frage des Albums, wie es sich anfühlt, an einem Ort zu sein und sich dennoch abwesend zu fühlen, wird in Tracks wie „Welcome to the Machine“ und „Have a Cigar“ auf die Musikindustrie übertragen, die Pink Floyd damals als entmenschlichend und ausbeuterisch empfanden.
Der Titelsong „Wish You Were Here“ schließlich destilliert diese Themen zu einem schlichten, akustischen Stück, das zu den bewegendsten Momenten der Rockgeschichte zählt. Die Zeile „We’re just two lost souls swimming in a fish bowl, year after year“ beschreibt nicht nur die persönliche Leere nach dem Verlust von Barrett, sondern ist auch zur Chiffre für existenzielle Entfremdung geworden.
Eines der einflussreichsten Alben der Musikgeschichte
Kaum ein Werk der 1970er-Jahre hat sich so dauerhaft im kollektiven Gedächtnis eingebrannt wie Wish You Were Here. Anders als der strukturell stringente Vorgänger The Dark Side of the Moon oder das narrativ durchkomponierte The Wall ist dieses Album offener, freier in seiner Dramaturgie – und gerade deshalb bis heute anschlussfähig.
Musikalisch balanciert das Album zwischen Art-Rock, progressiven Klangexperimenten und hymnischer Eingängigkeit. Die Gitarrenarbeit von David Gilmour, insbesondere in „Shine On You Crazy Diamond“ und dem Titelsong, gehört zum Besten, was die Rockmusik je hervorgebracht hat. Seine melodischen Linien sind getragen von technischer Präzision und emotionaler Tiefe und haben bis heute nichts von ihrer Faszination verloren. Es spricht eine Sprache, die über Generationen hinweg verstanden wird, jenseits von Trends und Stilfragen.
Dass ein Album, das vor 50 Jahren produziert wurde, heute wieder die Charts anführt ist auch ein Vorbote: in Zeiten, in denen immer mehr seelenlose KI-Musik auf den Markt geworfen wird, werden die großen Werke der Popgeschichte in Zukunft wieder an Bedeutung gewinnen und uns daran erinnern, wie unendlich viel größer Musik war, als sie noch von Menschen als existenzielle Ausdrucksform gemacht wurde und nicht von Algorithmen zum reinen Zweck der Geldvermehrung.