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Garbage – Let All That We Imagine Be The Light (Album 2025)

Mit ihrem achten Studioalbum „Let All That We Imagine Be The Light“ legen Garbage ein Werk vor, das ihre altgediente Haltung gegen Misogynie, Ungerechtigkeit und gesellschaftliche Verrohung in kunstvoll geschichtete Songs verpackt, gleichzeitig aber auch einen neuen, versöhnlicheren Ton anschlägt.

Shirley Manson und ihre Bandkollegen Butch Vig, Duke Erikson und Steve Marker knüpfen damit an das politisch wuchtige „No Gods No Masters“ von 2021 an, eröffnen aber zugleich ein neues Kapitel.

Schon der Opener „There’s No Future In Optimism“ bringt den dualen Charakter des Albums auf den Punkt. Der Titel klingt düster und die Akkordfolge erinnert an Nirvana, deren legendäres „Nevermind“ Album von Butch Vig produziert wurde, doch Manson dreht den Pessimismus mit einer fast trotzig-optimistischen Botschaft ins Positive: „There is no future that can’t be designed / With imagination and a beautiful mind“.

Musikalisch bauen Garbage hier auf ein dichtes Netz aus elektronischen Klängen, Alternative-Rock und einer fast hymnischen Hookline, eine Art Einleitung in ein Album, das in seinen stärksten Momenten immer wieder die Gegensätze auslotet.

Diesen Ansatz führen Garbage besonders eindrucksvoll in der Album-Mitte fort: „Have We Met (The Void)“, „Sisyphus“ und „Radical“ bilden ein inhaltliches wie musikalisches Zentrum. Während die Texte zwischen Resignation und Selbstbehauptung schwanken, steigert sich die Musik zu cineastischer Breite. Tiefe Synths, eruptive Gitarren und präzise gesetzte Brüche zeugen von einer Band, die auch nach 30 Jahren immer wieder neue Klangfarben findet. Shirley Manson liefert dabei einige ihrer intensivsten Gesangsleistungen ab, von leisen, fast flüsternden Momenten bis zu ungebremster Kraft.

Garbage wären nicht Garbage, würden sie sich in ihrem achten Album ausschließlich auf versöhnliche Töne beschränken. Der Zorn gegen patriarchale Strukturen und gesellschaftliche Borniertheit flammt immer wieder auf. „Chinese Fire Horse“ ist hier das markanteste Beispiel: Manson rechnet mit einer sexistischen Kultur ab, die Frauen in bestimmte Rollenbilder zwingt, ein direkter, aggressiver Song, der die Verletzlichkeit gleichzeitig nicht versteckt. „Get Out My Face AKA Bad Kitty“ wiederum schlägt in eine ähnliche Kerbe und unterstreicht die kompromisslose Haltung der Band gegenüber jeglicher Form von Intoleranz.

Doch gerade weil das Album diese Aggression nicht als Selbstzweck versteht, wirkt es umso stärker. Immer wieder blitzen Passagen auf, in denen Garbage eine fast zärtliche Offenheit zulassen, etwa in „Hold“ oder dem schwebenden „Love To Give“, das fast schon an Dream-Pop erinnert. Die Band scheint genau zu wissen, wann sie Druck machen muss und wann Raum für Melodie und Leichtigkeit bleibt.

Die Entstehungsgeschichte des Albums spiegelt dabei die innere Haltung seiner Macher wider. Shirley Manson selbst hat in Interviews offen über die gesundheitlichen Rückschläge der letzten Jahre gesprochen, von einem gebrochenen Hüftgelenk bis zu den psychischen Belastungen, die damit einhergingen. Für sie sei diese Zeit „dunkel und deprimierend, aber auch irgendwie wunderbar“ gewesen, wie sie sagte. Ein emotionaler Spagat, der sich hörbar durch das gesamte Album zieht: Verletzlichkeit ist kein Makel, sondern ein Motor für künstlerische Weiterentwicklung.

Butch Vig, Duke Erikson und Steve Marker nutzen diese emotionale Vorlage, um das musikalische Fundament noch dichter und nuancierter zu gestalten. In den Songs hallen immer wieder die typischen Garbage-Signaturen nach: wilde Dynamikwechsel, brachiale Gitarrenriffs, analoge Synthesizer.

Dass man von einer Band, die seit über 30 Jahren im Geschäft ist, keine musikalischen Revolutionen erwarten darf, sollte klar sein. Doch „Let All That We Imagine Be The Light“ wagt auch neue Schritte, die bisher ungeahnte Nuancen der Band hervorholen, am eindrucksvollsten im finalen „The Day That I Met God“, das mit Bowie-eskem Pathos und fast religiöser Euphorie schließt.

Tracklist: Garbage – Let All That We Imagine Be The Light

  1. There’s No Future In Optimism
  2. Chinese Fire Horse
  3. Hold
  4. Have We Met (The Void)
  5. Sisyphus
  6. Radical
  7. Love To Give
  8. Get Out My Face AKA Bad Kitty
  9. R U Happy Now
  10. The Day That I Met God

Biografie Garbage

Garbage wurden 1993 in Madison, Wisconsin gegründet. Produzent und Drummer Butch Vig, der kurz zuvor Nirvanas „Nevermind“ produziert hatte, tat sich mit den Multiinstrumentalisten Duke Erikson und Steve Marker zusammen. Die drei wollten mit elektronischen Elementen und alternativen Rock-Einflüssen experimentieren und suchten eine markante Stimme. Sie fanden sie in der schottischen Sängerin Shirley Manson, die zuvor bei der Band Angelfish gesungen hatte.

Ihr selbstbetiteltes Debütalbum „Garbage“ erschien 1995 und wurde ein sofortiger Erfolg. Hits wie „Stupid Girl“, „Only Happy When It Rains“ oder „Queer“ liefen in Heavy Rotation auf MTV und verhalfen der Band zu internationalem Durchbruch. Der Sound von Garbage – eine Mischung aus Rock, Electronica, Industrial und Pop – wurde als innovativ und zugleich eingängig gefeiert. Das Album erhielt mehrere Platin-Auszeichnungen und etablierte Shirley Manson als charismatische Frontfrau mit unverwechselbarer Stimme.

1998 – „Version 2.0“: Der große Wurf

Mit dem zweiten Album „Version 2.0“ (1998) bestätigten Garbage ihren Ruf als eine der spannendsten Bands der späten 90er. Das Album führte den Ansatz des Debüts weiter, setzte aber verstärkt auf elektronische Beats und ein noch opulenteres Sounddesign. „Push It“, „I Think I’m Paranoid“ und „When I Grow Up“ wurden zu globalen Hits, das Album selbst erhielt mehrere Grammy-Nominierungen.

„Version 2.0“ zeigte eine Band, die den Sound des Alternative Rock mit futuristischer Elektronik vereinte. Shirley Manson wurde endgültig zur Stilikone, ihre Mischung aus Punk-Attitüde und Glamour prägte das Image der Band entscheidend. Garbage tourten weltweit und festigten ihren Status als eine der wichtigsten Alternative-Bands der Dekade.

2001 – „Beautiful Garbage“: Auf der Suche nach neuen Wegen

Mit „Beautiful Garbage“ (2001) wagten Garbage einen stilistischen Richtungswechsel. Während die ersten beiden Alben einen eher düsteren, elektronisch-rockigen Ansatz verfolgten, öffnete sich die Band nun für melodischere und poppigere Elemente. Songs wie „Cherry Lips (Go Baby Go!)“ oder „Breaking Up the Girl“ setzten stärker auf Melodie und eingängige Hooks.

2005 – „Bleed Like Me“: Die Rock-Rückkehr

Nach einer längeren Pause meldeten sich Garbage 2005 mit „Bleed Like Me“ zurück. Interne Spannungen und kreative Blockaden hatten beinahe zur Auflösung der Band geführt, doch „Bleed Like Me“ brachte Garbage wieder in die Spur. Das Album klang roher und direkter, weniger verspielt als sein Vorgänger, mit einem deutlichen Rock-Schwerpunkt.

2012 – „Not Your Kind of People“: Neustart nach langer Pause

Nach sieben Jahren Funkstille kehrten Garbage 2012 mit „Not Your Kind of People“ zurück. Das Album erschien auf ihrem eigenen Label Stunvolume – ein Zeichen für die neu gewonnene Unabhängigkeit. Musikalisch verband es den elektronisch geprägten Sound der Anfangsjahre mit einem moderneren Ansatz. „Blood for Poppies“ oder „Control“ zeigten, dass die Band nichts von ihrem Gespür für düstere Pop-Hymnen eingebüßt hatte.

2016 – „Strange Little Birds“: Düster und atmosphärisch

„Strange Little Birds“ (2016) knüpfte an den melancholischen und atmosphärischen Sound der Band an, setzte dabei aber auf weniger aggressive Töne. Das Album wirkt in seiner Gesamtheit wie ein zusammenhängendes Werk, mit Songs, die zwischen Dunkelheit und Hoffnung changieren. „Empty“ und „Even Though Our Love Is Doomed“ sind Beispiele für die emotionale Tiefe, die Garbage auch in ihrem Spätwerk kultivieren.

2021 – „No Gods No Masters“: Wütend und politisch

„No Gods No Masters“ (2021) markierte die bisher politischste Veröffentlichung von Garbage. Inmitten globaler Krisen, von Klimawandel bis Populismus, lieferten Garbage einen Soundtrack zum Aufbegehren. Songs wie „The Men Who Rule the World“ oder „Wolves“ thematisieren patriarchale Machtstrukturen und gesellschaftliche Ungerechtigkeiten – eine logische Weiterentwicklung der rebellischen Haltung, die Garbage seit jeher verkörpern.

Musikalisch präsentierte sich die Band gewohnt kraftvoll, mit einem Mix aus Industrial-Rock, Pop-Melodien und elektronischen Akzenten. „No Gods No Masters“ wurde von vielen als das relevanteste Album ihrer Spätphase gelobt.

2025 – „Let All That We Imagine Be The Light“: Licht und Hoffnung

Mit „Let All That We Imagine Be The Light“ (2025) schlagen Garbage ein weiteres Kapitel auf. Das Album entstand in einer Phase persönlicher und gesellschaftlicher Krisen – Shirley Manson hatte mit gesundheitlichen Rückschlägen zu kämpfen, während die Band mit einem Klima aus Hass und Intoleranz konfrontiert war. Doch statt in Resignation zu verfallen, entstand ein Werk, das trotz seiner düsteren Untertöne vor allem Hoffnung ausstrahlt.


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