Am 3. Oktober 2024 feierte Joker: Folie À Deux seine weltweite Premiere und wird mit Spannung erwartet. Joaquin Phoenix kehrt als Arthur Fleck zurück, während Lady Gaga erstmals als Harley Quinn auftritt.
Der Film knüpft direkt an die Ereignisse des erfolgreichen Vorgängers an, der die Vorgeschichte des Batman-Gegenspielers Joker erzählt. Arthur Fleck leidet unter einer psychischen Störung, die ihn unkontrolliert lachen lässt, was ihn in vielen sozialen Situationen zum Außenseiter macht. Als sozial isolierter und verarmter Mann arbeitet er als Clown mit großen Träumen und wird regelmäßig misshandelt und ausgelacht.
Im Laufe des ersten Teils erfährt Arthur immer mehr Ablehnung und Gewalt von der Gesellschaft, was ihn allmählich in den Wahnsinn treibt. Nachdem er mehrere Menschen tötet, wird er zur gefeierten Symbolfigur für den Aufstand der Unterschicht in Gotham.
Der Film endet damit, dass Arthur als Joker endgültig in eine mörderische Anarchie verfällt, während die Stadt im Chaos versinkt. Er wird in eine geschlossene Psychiatrie eingeliefert, wo nun der zweite Teil beginnt.
In „Folie á Deux“ entwickelt er eine Beziehung zu Harley Quinn (Lady Gaga), die sich als Fan des Serienkillers Joker absichtlich in die Psychiatrie einweisen lässt, um ihren „Helden“ zu treffen.
ACT DES MONATS
Kultregisseur Quentin Tarantino hat sich im Podcast von Bret Easton Ellis als Fan des grandios gefloppten Films geoutet und glaubt, dass der Regisseur selbst in die Rolle des Jokers geschlüpft sei.
„Ich bin zynisch genug, um irgendwie Gefallen an einem Film zu finden, der nicht ganz als Film funktioniert und in gewisser Weise ein großes, chaotisches Durcheinander ist. Doch ich fand es nicht nur eine intellektuelle Übung. Ich habe mich wirklich davon mitreißen lassen. Besonders die musikalischen Sequenzen fand ich großartig. Ich war richtig drin. Und ich fand, je banaler die Songs waren, desto besser wirkten sie. (…) Todd Phillips ist der Joker. Der Joker hat diesen Film gedreht. Das gesamte Konzept – selbst wie er das Geld des Studios ausgibt – er gibt es so aus, wie es der Joker tun würde, verstehen Sie? Und dann sein großes Überraschungsgeschenk – haha! – der „Jack-in-the-Box-Moment“, wenn er dir die Hand reicht und dir dabei ein Elektroschocker mit 10.000 Volt verpasst – das sind die Comic-Besessenen. Er sagt allen „F*** euch!“ – den Comic-Fans, dem Kinopublikum, Hollywood und jedem, der Aktien von DC und Warner Brothers besitzt. Todd Phillips ist der Joker. Un film de Joker, das ist es.“
Der Film ist als musikalisches Psychodrama inszeniert, in dem Phoenix und Gaga mehr miteinander singen als sprechen. Es gibt Hommagen an klassische Musikshows und Tanzpaare wie Fred Astaire und Ginger Rogers. Und Lady Gaga veröffentlichte natürlich pünktlich zum Filmstart ein Album zum Film unter dem Titel „Harlequin“ mit ihren Versionen dieser altbekannten Songs.
Und das ist auch das größte Problem des Films: Immer wenn es spannend wird, brechen die Hauptdarsteller in Gesang aus, allerdings nicht etwa in groß inszenierte Musical-Nummern, sondern sie singen einfach so vor sich hin, ohne dass die Singerei die Handlung vorantreibt. Ganz im Gegenteil: sie langweilt.
Joaquin Phoenix liefert wieder eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung in seiner Paraderolle ab und auch Lady Gaga spielt ihre Rolle als Harley Quinn gut, allerdings scheinen sich die Produzenten zu sehr auf die Starpower ihrer Hauptdarstellerin verlassen zu haben und vergaßen darüber ihre Rolle mit der nötigen Tiefe zu versehen. Die Biografie der berühmten DC-Figur wird für den Film komplett umgeschrieben. Sie ist im Film niemand anderes als Lady Gaga, mit frisch aufgespritzten Lippen und ständig wechselnden Outfits und Frisuren. Ihre Rolle bleibt während der gesamten, sehr langen Laufzeit (138 Minuten) schwammig und unglaubwürdig. Jede andere Schauspielerin hätte ein besseres Drehbuch bekommen. Die Idee, der schauspielernden Sängerin eine Rolle auf den Leib zu schneidern, ist krachend gescheitert.
Der Film verzichtet weitgehend auf direkte Verbindungen zur Batman-Mythologie, sie werden allenfalls angedeutet durch Figuren wie den Staatsanwalt Harvey Dent. Die Figur des Joker, die Heath Ledger durch seine grandios bösartige Darstellung in „The Dark Knight“ im Jahr 2008 unsterblich machte, wird psychologisch weiter ausgeleuchtet, seine Geschichte aber nicht weiterentwickelt. Der zweite Teil von Joker wird schnell zum handelsüblichen Gerichtsdrama, in dem es nur darum geht, inwiefern der TV-bekannte Mörder aufgrund seiner gespaltenen Persönlichkeit schuldfähig ist.
Ohne die Singerei wäre die Geschichte in einer Stunde auserzählt gewesen. In einer Szene am Ende sagt Fleck zu Quinn: „Hör auf zu singen, sprich mit mir!“ – und das Publikum im Kino lacht laut auf. Dass die Autoren die unfreiwillige Komik dieses Satzes nicht bedacht haben, ist bezeichnend. Nur in der allerletzten Szene des Films gibt es endlich doch noch eine kleine überraschende Wendung, die auf den unvergesslichen Joker von Heath Ledger verweist und damit eine Verbindung zum Batman-Universum herstellt.
Die Stimmen zum Film sind eher gemischt: Während einige Kritiker die Kombination aus Musik und Psychodrama loben, kritisieren andere die mangelnde Spannung und die eher ruhig dahinplätschernde Handlung. Besonders hervorgehoben wird die schauspielerische Leistung von Joaquin Phoenix, der allerdings ein besseres Drehbuch gebraucht hätte, um noch einmal einen Oscar für seine Rolle zu bekommen.
„Joker: Folie À Deux“ wird die Gemüter spalten und bald schon wieder vergessen sein. Der Film startet am 3.10.2024 in den deutschen Kinos.
Wer sich schon auf einen Besuch im Kino gefreut hatte, dem empfehlen wir stattdessen eher „Die Fotografin“ mit Kate Winslet in ihrer schwer oscarverdächtigen Rolle als Kriegsfotografin Lee Miller.