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The Beautiful Ones: Princes schöne unvollendete Autobiografie

Die Autobiografie von Prince ist das letzte große Projekt des verstorbenen Musikers: Radikal und romantisch zugleich, voller persönlicher Erinnerungen und Fotos.

Geboren als Prince Roger Nelson in Minnesota und gegangen als einer der größten Popstars mit märchenhaftem Namen: Das Leben von Prince gleicht natürlich einem Märchen und die Autobiografie folgt einem klassischen Muster, wonach Ereignisse von Kindheit zur Karriere zu einem sinnvollen Ganzen verschmolzen werden.

Princes Erinnerungen sind demnach eine eigene Komposition neben so vielen anderen, die sich bereits in das kulturelle Gedächtnis der Menschheit eingebrannt haben. Dabei wusste er stets, welche Noten oder Begriffe er in seinem Werk verwenden wollte und hasste es stets, wenn seine Musik als alchemistisch oder magisch beschrieben wurde. Denn Prince geht es um Regeln, Prinzipien, Technik – daraus entstand letztendlich dann das Mysterium seiner Musik.

Die Autobiografie ist in diesem Sinn auch wie ein Song durchstrukturiert, der erste Teil versammelt Aufzeichnungen in schwer leserlicher Hanschrift, die kurz vor seinem Tod entstanden sind und auf einen ganz eigenen Erzählstil einstimmen. Im zweiten Part lernt der Leser die Musik vor dem ersten Album kennen und im dritten Teil steigert sich die Intensität sowie Intimität durch die präsentierten unverfälschten Bilder, um dann im Finale, dem vierten Teil, das handschriftliche Original seiner Bearbeitungen des Meisterwerks „Purple Rain“ erleben zu können.

Der Titel der Erinnerungen ist der eines sehr emotionalen entbößendtsten Prince-Songs und findet sich auf dem Soundtrack zu „Purple Rain“: Die darin besungene Schöne ist Vanity, mit der Prince zusammen war und der er Songs schrieb. Ihr Tod im Februar des Jahres 2016 erschütterte Prince sehr und nur zwei Monate später verstarb auch er.

Video: Prince – The Beautiful Ones (1984)

Das letzte Konzert von Prince fand im Rahmen seiner „Piano & A Microphone“-Tour statt und 2018 erschien ein gleichnamiges Album, das einen berührenden Blick hinter die Glitzerwelt erlaubt: Prince allein am Piano, aufgenommen kurz vor seinem Aufstieg zum Weltstar.

Das Album zeigt einen manischen Musiker, der in seinem Kopf ganze Produktionen trägt und diese den Hörer wundersamerweise ebenfalls hören lässt. Und wenn man daran denkt, dass eine reduzierte, melancholische „Purple Rain“-Version in Atlanta das letzte Lied war, das Prince jemals sang, wird einen angesichts der Klavier-Version auf diesem Album die Ergriffenheit packen.

Video: Prince – Purple Rain (Piano & A Microphone 1983 Version)

Bei seinen letzten Konzerten wollte Prince seine Songs in ihre wesentlichen Bestandteile zerlegen und beim Spielen neu zusammensetzen: Ein Prinzip, das er auch auf seine Autobiografie übertragen hat. Bei der ersten Show in Paisley Park versetzte er beispielsweise sich in den Zustand seiner ersten kindlichen Erinnerungen an Musik und sagte zum Publikum quasi in den dreijährigen Prince verwandelt: „Ich wünschte, ich könnte Klavier spielen. Aber ich weiß nicht, wie es geht. Alles sieht anders aus. Drei Jahre alt – mit drei Jahren sieht das Piano riesig aus. Hm…. Vielleicht gucke ich einfach ein bisschen fern“. Im Buch schreibt er dann über seine erste Erinnerung an einen seiner epileptischen Anfälle in seinem ganz eigenen Sound so:

„Mein Gehirn war immer hyperaktiv, & die Blackouts kamen vorwiegend von zu viel Grübeln. Das wiederum stammte im Grunde von der Normalaise (Achtung, Wortschöpfung) des Lebens… (Augensymbol für ich) habe es immer durch Hyperrealitäten betrachtet.“

Princes Erinnerungen sind auch eine Feier der Kreativität gegen den Mainstream in der Musikindustrie. So erfährt man unter anderem, dass er Popstars wie Ed Sheeran oder Katy Perry verabscheute. Er war überzeugt, „Künstler haben die Fähigkeit mit einer einzigen Per4mance ein Leben zu verändern“. Deshalb wollte Prince auf der Bühne auch immer sein Bestes geben, schließlich wird immer jemand im Publikum sein, der ihn zum ersten Mal sieht. Und es wird immer Menschen geben, die zum ersten Mal Songs wie „When Doves Cry“ hören und deren bisheriges (musikalisches) Leben danach nicht mehr dasselbe sein wird.

Video: Prince – When Doves Cry (1984)

▹ „The Beautiful Ones – Die unvollendete Autobiografie“ von Prince & Co-Autor Dan Piepenbring, Heyne Verlag, 304 Seiten, 32 Euro.​

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