Zum Inhalt springen

Yungblud in Berlin: Tränen, Feuer und ein Schwur für die Ewigkeit

Es geht los: Den Auftakt in der Berliner Uber Eats Music Hall macht an diesem Abend die aus Los Angeles stammende Band Weathers. Solider Alternative-Rock, der den Raum schonmal auf Temperatur bringt. Es folgen Palaye Royale aus Las Vegas, die mit ihrem Mix aus Glam und Chaos die Menge weiter aufheizen. Da tropft der Schweiß schon bei der Vorband von der Decke. Hat man auch nicht oft.

Weathers eröffnen den Abend: Die Indie-Rocker aus Los Angeles setzen den ersten Impuls und stimmen das Publikum ein. (Foto: Andreas Budtke)
Palaye Royale als Support: Die Band aus Las Vegas bringt mit Glam und Energie die Halle auf Betriebstemperatur. (Foto: Andreas Budtke)

Die Halle ist bereit, Yungblud kann kommen.

Der stürmt dann alsbald auf die Bühne. Das schwarze Oberteil ist schnell ausgezogen und so steht der junge Rockstar aus dem englischen Doncaster schon ab dem ersten Song oberkörperfrei auf der Bühne, dazu eine schwarze Lederhose und mit einer Präsenz, die den gesamten Raum erfüllt. So geht Rock’n’Roll. Links und rechts laufen große Livebilder des Konzerts, konsequent in Schwarz-Weiß gehalten. Der Effekt? Ist stark. So leuchtet die Bühne in noch kräftigeren Farben, entsteht ein Wechselspiel aus Hitze und Distanz, roher Energie und kontrollierter Ästhetik. Dazu schießen Flammen über die Bühne und der pointierte Einsatz von Streichern verleiht dem Sound zusätzlichen Raum und Tiefe. Im FOH-Bereich beobachten die Rammstein-Mitglieder Christoph Schneider und Paul Landers das Spektakel aufmerksam. Dabei ist die Inszenierung zwar präzise, in ihrer Mischung aus Energie und Hingabe aber nie steril.

Gitarre, Stimme, Herz – Yungblud braucht nicht mehr, um alles zu sagen. (Foto: Andreas Budtke)

Ausnahmezustand in der Halle

Das Publikum steht von Beginn an unter Strom. Yungblud wirbelt über die Bühne, schreit, tanzt und provoziert. Bei „Fleabag“ stürzt er sich ins Publikum, lässt sich tragen und kippt kurz nach unten – just in dem Moment, als er wieder ansetzen will zu singen. Der Einsatz verzögert sich. Nichts, was diesen Mann aus dem Konzept bringen kann. Fannähe ist schließlich alles, Yungblud bleibt souverän.

Berlin tobt. Und Yungblud liefert den Soundtrack für diesen kollektiven Kontrollverlust. (Foto: Andreas Budtke)

Ein Moment der Ehrlichkeit

Dann folgt „Changes“, Yungbluds Version des gleichnamigen Black-Sabbath-Klassikers. Der wurde erstmals 1972 veröffentlicht, dem überwiegend jungen Publikum vor der Bühne ist das herzlich egal. Das Licht wird weicher, die Screens flimmern weiter in Schwarz-Weiß. Der Saal wird kleiner, die Stimmung intim. Am Ende fließen Tränen. Yungbluds Tribut „für Ozzy“. Kein kalkulierter Pathos, keine Showgeste. Nur ein ehrlicher Moment, der die Halle kurz einfriert. Ein Bild, das bleibt.

„Can I play Fleabag with u?“ Berlin will mit auf die Bühne. (Foto: Andreas Budtke)

„IDOLS“ als Konzept und Bekenntnis

Über der Bühne hängt ein Banner, darauf groß der Schriftzug „IDOLS“. Flankiert werden die fünf Lettern von großen Engelsflügeln und einem kunstvoll gestalteten Wappen in der Mitte. Eine Mischung aus Kirchenfenster und Rock-Emblem, heilig und ironisch zugleich. Dabei ist der Titel seines aktuellen Albums, der da über der Bühne prangt nicht einfach nur Marke, sondern vielmehr Ausdruck, worum es an diesem Abend geht: Verehrung und Zweifel, Größenwahn und Menschlichkeit. Die Flammen, die Streicher, die Songs, die Emotion, der Schweiß, Yungblud: Ein Spannungsfeld aus visueller und emotionaler Überforderung, das dennoch Sinn ergibt. Unberührt bleibt an diesem Herbstabend wohl niemand.

Yungblud hebt ab, Schwerkraft war gestern. (Foto: Andreas Budtke)

Der Schwur von Berlin

Zum Ende steht Yungblud allein auf der Bühne. Verschwitzt, erschöpft, nicht verlassen, sondern gut aufgehoben. Dazu passt das nun folgende Versprechen: „Ich komme jedes Jahr zurück nach Berlin, bis ich tot bin.“ Das Publikum tobt. Der Mann hat noch viel vor. Den Club der 27 längst hinter sich gelassen, scheint es das Schicksal gut mit ihm zu meinen. Hier steht er also, der neue Stern am Rockfirmament – leuchtend, entschlossen und gefährlicher als je zuvor. Wer gestern dabei war, hat kein Konzert gesehen, sondern einem Ritual beigewohnt. Rock is alive!, und wenn es Yungblud ernst meint, wird für Berlin daraus ab sofort ein jährlich wiederkehrendes Fest. Wir nehmen ihn nur allzu gerne beim Wort! See you in 2026.

Ich komme jedes Jahr zurück nach Berlin, bis ich tot bin.“ Ein Satz, der hängen bleibt. Kein Spruch, ein Schwur. (Foto: Andreas Budtke)

Setlist 20.10.2025 Berlin – Uber Eats Music Hall:

1. Hello Heaven, Hello

2. The Funeral

3. Idols Pt. I

4. Lovesick Lullaby

5. My Only Angel (Aerosmith & YUNGBLUD Song)

6. Fleabag 

7. Lowlife

8. Changes (Black Sabbath Cover)

9. Fire

10. War

11. Ice Cream Man

12. Loner

13. Ghosts

14. Zombie


Der Tonspion Backstage Pass

Mit dem Backstage Pass hast du Zugriff auf alle Beiträge, kannst die Banner abschalten und bekommst das wöchentliche TONSPION Update.