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Grimes – Miss Anthropocene (Album)

  • Rubrik: Musik

Claire Boucher, besser bekannt als Grimes, inszeniert sich auf ihrem fünften Album als Göttin des Klimawandels und Miss Anthropocene“ singt uns darauf hyperpostmoderne und horrorhaft schaurig-schöne Songs über unser Zeitalter vor.

Tonnenschwere Beats und darüber ein ätherischer Gesang, der mal an die enigmatische Dreampop-Band Cranes, dann aber auch wiederum an esoterische Acts wie Enigma erinnert. Im Eingangstrack „So Heavy I Fell Throught The Earth“ liegen Kitsch und Kunst nahe beieinander.

Diese Differenzierung ist Grimes allerdings sowieso egal, sie bedient sich im globalen Genreladen und baut sich ihre eigene Welt: Sphärische Synths treffen bei ihr auf Gothic-Atmosphäre mit creepy Vocals, die zwischen Horror-Pop und Art-Pop erzittern und dazu erschafft sie sich ein ganz eigenes Klanguniversum, das futuristischer sowie eigenwilliger nicht sein könnte.

Video: Grimes – So Heavy I Fell Through the Earth

So wie der Albumtitel ein Neologismus aus den Begriffen „Misanthrop“ und „Anthropozän“ ist, so ist auch die Musik auf „Miss Anthropocene“ eine Neuprägung von Genrekollisionen: Grimes flicht in ihr artifizielles Soundgebilde auch Songs wie „Delete Forever“ ein, die klanglich an Oasis oder Patsy Cline erinnern – und plötzlich findet auch Britpop und Country Einzug ins Grimes-Land. Im Text geht es um die Opiod-Krise in den USA und die Erinnerung an den Überdosis-Tod ihres Freundes Lil Peep.

Wie jeder andere Track auf dem Konzeptalbum steht er für eine weitere Seite des menschlichen Aussterbens. Grimes als Göttin der Klimawandels besingt das Anthropozän, das Zeitalters, in dem der Mensch zu einem der wichtigsten Einflussfaktoren auf die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse auf der Erde geworden ist, als Mischung aus Dämonin und Beschützerin. Damit ist sie anspruchsvoll und anstrengend zugleich, man kann sich in ihre Soundbäder fallen lassen, aber dabei entspannen kann man niemals – zu sehr, fordern einen der Wechsel aus eiskalter und warmer Dusche.

Die Fantastischen Vier (Foto: Mumpi / Monsterpics)
Act des Monats: Die Fantastischen Vier

 

Video: Grimes – Delete Forever

Und so ist Miss Anthropocene“ ein wilder wagemutiger Ritt durch unzählige Genres – R&B, Synthpop, Indiepop, Artpop, Gothicpop, Cyberpunk und vieles mehr – und obendrein ein weiteres weibliches Wunderwerk in Sachen düsterer Weltbetrachtung und hellstrahlendem Soundtrack dazu. Zusammen mit Billie Eilish, FKA Twigs und Poppy bildet sie dabei eine misanthropische Partygang, der man sich nur allzu gerne anschließen würde.

Video: Grimes – My Name Is Dark

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