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Marc Almond – Shadows And Reflections (Klassiker)

Marc Almond schwelgte schon immer gern in der Musik vergangener Zeiten – zu seinem 60. Geburtstag schenkt er sich und seinen Fans orchestrale Coverversionen legendärer Liebeslieder aus den sechziger Jahren.

Das Duo Soft Cell galt in den frühen achtziger Jahren als Vorreiter des Synthiepop, doch Marc Almonds Herz gehörte schon damals der Musik früherer Epochen – und schließlich war ja auch „Tainted Love“, Soft Cells größter Hit, die Coverversion eines Soulstücks aus den Sechzigern.

Als Solokünstler widmete sich Marc Almond dann leidenschaftlich dem Covern: Unvergessen seine Jacques-Brel-Hommage von 1989 oder das enorm erfolgreiche Duett „Something’s Gotten Hold of my Heart“ mit Gene Pitney, einem Song, den Pitney zuerst 1967 aufgenommen hatte.

Im Juli dieses Jahres feierte Marc Almond seinen 60. Geburtstag – er selbst glaubte nie, dass er dieses Alter je erreichen würde: Drogen in den wilden Jugendtagen und ein schwerer Motorradunfall, an dem er beinah gestorben wäre, ließen ihn eher mit einem frühen Ableben rechnen. Sein neues Album „Shadows and Reflections“ trägt das Nachdenken über die letzten Dinge schon im Titel  und ist doch keineswegs als Testament, sondern als Verbeugung vor Almonds Lieblingskünstlerin gedacht.

Almond singt Stücke von Burt Bacharach, The Yardbirds, Bobby Darin, Julie Driscoll oder Billy Fury –  und macht durch seine unvergleichliche, voluminöse Stimme (die im Übrigen kaum gealtert zu sein scheint) jeden Song zu seinem eigenen. Ob beim tragischen „I’m Lost Without You“ oder der poppigen Single „How Can I Be Sure“, stets erweist sich Almond als stilsicherer Crooner: Die orchestralen Arrangements passen perfekt zu den Chanson-Melodien der sechziger Jahre, ohne die Seele der Stücke zu überdecken.

Mit Ouvertüre, Zwischenspiel und dem melancholischen Schlusstrack „No One to Say Goodnight to“  ist „Shadows and Reflections“ ganz klassisch aufgebaut und widersetzt sich elegant zeitgeistigen Hörgewohnheiten.

Marc Almond ist bewusst, dass jüngere Fans seine Lieblingsmusik nicht unbedingt kennen: Gerade ihnen will er die Schönheit und Emotionalität dieser Songs nahebringen. Sieht ganz so aus, als hätte Almond mit sechzig Jahren seine neue Berufung als Vermittler zwischen den Dekaden gefunden.