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Miserable Monday: Playlist von Zustra

Die Playlist zum Start in die neue Woche. Heute mit Musik von Marika Hackman, Tristan Brusch und Emily Wells.

Seit 2019 flattern in regelmäßigen Abständen Mails mit Singlevorstellungen von ZUSTRA in mein Postfach. Meist liegen die dann erstmal ein oder zwei Tage unberührt, weil ich weiß: dafür brauche ich Zeit. Das sind keine Songs, die ich mal so nebenbei anspielen kann oder bei denen das Intro für eine Meinung reicht. ZUSTRAs Songs wollen, dass man ihnen zuhört, mit ihnen verschmilzt, eins wird. Und damit sind sie bei mir genau richtig. 

ZUSTRA ist das Alter Ego der kroatisch-deutschen Künstlerin und Musik-Journalistin Ariana Zustra. Am 25.02. hat sie ihr Debütalbum „The Dream Of Reason“ veröffentlicht. Darauf sind 12 Songs, die einem vor allem den Glauben an Pop zurückgeben: epischer, transzendenter Avant-Pop, der keine Scheu hat vor den ganz großen Fragen. Das hat auch mit ihrer Biografie zu tun: Als Kind floh sie vor dem Krieg in ihrer Heimatstadt Dubrovnik. Brüche sind ein Grundmotiv von ZUSTRA, genauer gesagt: deren Überwindung. 

„Mich hat die Vanitas immer sehr getröstet, die barocke Symbolik unserer Vergänglichkeit. Aller Schmerz und alle Schönheit vergehen, und ich finde das nicht deprimierend, sondern heilsam. Den Farn etwa, meine Lieblingspflanze, gibt es schon seit 360 Millionen Jahren – wer wäre ich denn, meine Zeit hier überzubewerten? Irgendwann bin ich Erde, und es werden Sachen aus mir wachsen, zum Beispiel Kartoffeln, hoffentlich – wie super ist das denn?!“, sagt sie und lacht.

Das Schöne in der Tragik – das hört man auch dem Album an. Die Songs sind zwar düster, mit schweren, sägenden Synthies und krachenden Drums instrumentiert, bekommen aber durch ZUSTRAs verführerisch-schöne Vocals einen bittersüßen Mantel umgelegt. 

Mystisch, groß und einnehmend. Genau wie ihre Videos, die sie in Eigenregie produziert. Ich bin Fan! Ihr doch sicher auch? 

DIE PLAYLIST

Tara Nome Doyle – Moth

Tara Nome Doyle ist für mich eine der besten Newcomerinnen aus Deutschland. Die Art, wie sie ihre Stimme einsetzt und Klavier spielt, ergreifen mich. Ihr neues Album „Vaermin“ ist groß! Und zu dem Song „Moth“ fällt mir nur ein Adjektiv ein: abgrundtief.

Piers Faccini – Hope Dreams

Diesen Song bringe ich seit Jahren in Listen unter, weil er nicht aufhört, mich bei jedem Hören aufs Neue ein bisschen sprachlos zu machen, so schön ist er. Und noch dazu dieses von ihm selbst gezeichnete George-Grosz-eske Musikvideo – große Klasse.

Marika Hackman – I’d Rather Be With Them

Als Marika Hackman 2015 ihr Debütalbum „We Slept at Last“ herausgebrachte, war ich aus dem Häuschen: Könnte sie die neue Laura Marling sein? Ich liebe die Schlaflosigkeit der Lieder darauf, denen man die Schwere der Nacht anhört. Von ihrem Nachfolger „I’m Not Your Man“ ist dies mein Lieblingslied. „I just hate this room, it smells like you“, singt sie, jede Zeile im Song tut weh, und jeder kennt es.

Tristan Brusch – Am Rest

Ich höre vergleichsweise selten deutsche Musik, aber als ich „Am Rest“ von Tristan Brusch gehört habe, hat es mir die Sprache verschlagen. Das hat mitten rein getroffen. „Die Liebe liebt das Wandern/ Wer hat sie so gemacht?/ Von der einen zu der anderen/ Meine Süße, gute Nacht“, sind die besten Zeilen in deutscher Sprache, die ich seit Langem gelesen habe.

Stateless & Shara Worden – I’m On Fire

„I’m On Fire“ ist ein All-Time-Favourite, den spiele ich seit zehn Jahren immer wieder auf der Gitarre. Ich bin außerdem großer Fan von Shara Worden alias My Brightest Diamond. Dieses bittersüße Duett ist für mich ein Klassiker.

Foreign Fields – Where The Willow Tree Died

Oh Gott, dieses Lied ist so traurig, da fühle ich mich direkt wieder wie die Neunjährige, die auf den Baum geklettert ist und in den Himmel schaut und weint. „Up on the limb I had more to see/ But I can’t feel your hand/ And I can’t extend my reach“, manchmal kann man so weit sehen, und dann reicht es trotzdem nicht.

Marisa Anderson, Tara Jane O’Neil – You’d Be So Nice To Come Home To

Diese Lied lässt sich Zeit, und ich liebe das. Erst die Akustikgitarre in der ersten Hälfte. Und wie sie dann ab der Mitte anfängt zu singen, wie ein Anschleichen, unglaublich. Die beste Zeit für dieses Lied ist nachts etwa um 4:33 Uhr, im Winter, wenn man in den Himmel schaut und nochmal anders Sterne sieht. Und dieses Lied ist dann das Flackern im Kamin.

Bijelo Dugme – DJurdjevan je, a ja nisam s onom koju volim

Dieser Hit aus den Achtzigern ist ein Klassiker auf dem Balkan, die Band um Bandleader Goran Bregović ist legendär. Ich bin Kroatin, und wenn ich Musik aus meiner Heimat höre, bewegt mich das nochmal in einer Schicht, die von anderem nicht erreichbar ist. Dieses Lied beruht auf dem Lied „Ederlezi“ der Roma, das Bilejo Dugme ins Bosnische übersetzt haben für den Film „Time of the Gypsies“ von Emir Kusturica. „Es ist Georgstag, und ich bin nicht mit der, die ich liebe“ heißt der Titel übersetzt. Dieses Lied vertont für mich, wie das Leichte und Schwere zusammengehören.

Emily Wells – Richard

Emily Wells ist meine liebste Neuentdeckung seit Jahren. Ich könnte Stunden, Tage, ach, ewig darüber reden, was ich an ihr großartig finde. Ich weiß nicht, WIE viele Instrumente die US-amerikanische Songwriterin spielt (ich glaub: alle), wie viele Genres sie beherrscht (ach, auch alle!) und unter ihren einzigartigen Hut bekommt, aber ihre Songs sind so überwältigend gut, von komplexer Schönheit – einfach nur brillant.

SYML – The War (Recorded at St. Mark’s Cathedral)

Bei SYML kann ich gar nicht glauben, wie man so singen kann. Seine Performance dieses Songs in einer Kirche (unbedingt mit Video schauen!) reißt mir das Herz heraus. Als ich es das erste Mal gesehen habe, ist mir der Mund offen stehen geblieben. Ich bin sehr froh, dass er singt und das mit der Welt teilt, alles andere würde keinen Sinn machen.