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The Notwist – Vertigo Days (Album-Review)

Nach fast 12 Jahren Pause erscheint mit „Vertigo Days“ das sehnsüchtig erwartete neue Album von The Notwist, das fragil und feingliedrig unsere angespannten Nervenbahnen zum Erklingen bringt.

Redaktionswertung: ★★★★★★

Nach atmosphärischem einleitenden Geplucker im instrumentalen Intro berühren The Notwist mit „Into Love / Star“ gleich jede Faser und jede Nervenbahn: Zärtlich, zitternd und zugleich versponnen schleicht dieses Liebeslied in unser Ohr und die bayerische Band hält den Hörer fortan spielerisch gefangen wie eine Katze einen Wollknäuel.

Video: The Notwist – Where You Find Me

Einst unter dem Schlagwort „New Weird Bavaria“ in der deutschen Poplandschaft aufgetaut, sind The Notwist inzwischen international ein Begriff und stehen für einen experimentellen kautzigen Sound, der in Traditionen von Kraut und Indietronica steht. Auf „The Vertigo Days“ findet diese Verschmelzung eine Weiterentwicklung und die Songs feiern sowohl motorische Grooves als auch melodische Übergänge, so dass das Album geradezu ineinander zu fließen scheint.

Video: The Notwist – Saint Soleil

Zum mäandernden und multidimensionalen Eindruck der neuen Songs tragen die vielen Gastmusiker auf dem achten Album der Band bei: Die Sängerin Saya Ueno vom japanischen Pop-Duo Tenniscoats ist mit ihrer ätherischen Stimme gleich auf drei Songs zu hören („Into Love / Stars“, „Ship“ und „Into Love Again“), der amerikanische Multi-Instrumentalist Ben LaMar Gay singt auf „Oh Sweet Fire“, der amerikanische Jazz-Klarinettist Angel Bat Dawid mischt auf „Into The Ice Age“ mit, die argentinische Singer/Songwriterin Juana Molina ist „Al Sur“ zu hören und mit der japanischen Brass-Band Zayaendo wird das wunderbare Album mit „Into Love Again“. Und ja, wir sind wieder schwer „In Love“ mit The Notwist.

Video: The Notwist – Al Sur (Feat. Juana Molina)

„Vertigo Days“ ist große Konzept-Kunst ist und zugleich fragil feingliedrig eine suchende sowie tastende Musik der Nervenbahnen: Sänger Markus Acher sagt dazu:

„Vertigo heißt Schwindel und schwindelig. Alles steht Kopf. Von einem Moment auf den anderen kann sich alles ändern. Nix ist fix. Das ist eigentlich etwas rein Persönliches, was jeder im Leben mal erlebt. Es hat aber dann, als wir die Platte fertig gemacht haben – während Lockdown und Corona – natürlich eine ganz andere globale Bedeutung bekommen und die erzählt nochmal eine ganz andere Geschichte.“

Das Album fließt damit auf zwei Ebenen ausgetüftelt und auch angenehm dahin: Man kann es als Kommentar zum Hier und Jetzt lesen, man kann es aber auch in die Ewigkeit mit einem Raumschiff schießen – es umkreist uns so oder so.

▶︎ The Notwist – „Vertigo Days“ auf Spotify hören:

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