Die Domino Recording Company ist ein britisches Indie-Label mit Hauptsitz in London und prägt mit seinen Künstlern seit über 30 Jahren die Indieszene.
Gegründet wurde Domino 1993 in London von Laurence Bell. Der damals 23-jährige Musikliebhaber hatte zuvor unter anderem bei Fire Records gearbeitet und sich dort mit den Mechanismen des Musikgeschäfts vertraut gemacht.
Franz Ferdinand live in Berlin (Foto: Andreas Budtke)
Die ersten Releases waren Nachpressungen von US-Bands wie Sebadoh, Smog oder Pavement, die auf dem europäischen Markt noch weitgehend unentdeckt waren. Domino übernahm den Vertrieb und verschaffte diesen Acts eine größere Sichtbarkeit in Großbritannien und Europa. Früh etablierte sich das Label so als Brücke zwischen den alternativen Szenen dies- und jenseits des Atlantiks.
Vielfalt statt Einheitsbrei
Ein klar definierter „Domino-Sound“ lässt sich bis heute kaum benennen – und das ist durchaus gewollt. Das Label setzt bewusst auf stilistische Offenheit und eine sorgfältige Kuratierung. Statt Genregrenzen zu bedienen, geht es um Haltung, Originalität und künstlerische Authentizität.
In den 2000er Jahren entwickelte sich Domino zur Heimat einiger der einflussreichsten Indie-Bands der Dekade. Franz Ferdinand veröffentlichten hier 2004 ihr Debüt, das mit Hits wie „Take Me Out“ die britische Gitarrenmusik neu belebte. Wenig später folgten die Arctic Monkeys, deren erstes Album Whatever People Say I Am, That’s What I’m Not 2006 zur erfolgreichsten britischen Debütplatte aller Zeiten wurde. Beide Bands prägten nicht nur den „Indie Rock Revival“-Sound jener Jahre, sondern bewiesen auch, dass sich große Popularität und kreative Kontrolle nicht ausschließen müssen.
Nachhaltiger Künstleraufbau
Im Gegensatz zu vielen Major-Labels, die häufig auf kurzfristige Chart-Erfolge schielen, verfolgt Domino eine nachhaltige Strategie. Künstler:innen werden über Jahre hinweg begleitet und können sich stilistisch weiterentwickeln, ohne dabei ihre Basis zu verlieren.
Paradebeispiel dafür ist die US-amerikanische Songwriterin Cat Power, die bereits seit Ende der 90er Jahre bei Domino veröffentlicht. Auch Will Oldham alias Bonnie “Prince” Billy zählt zu den langjährigen Wegbegleitern.
Mit der kanadischen Band Caribou oder dem dänischen Künstler Anders Trentemøller hat sich Domino zudem früh im elektronischen Spektrum positioniert, oft zu einer Zeit, als andere Labels diesen Bereich noch stiefmütterlich behandelten. Die stilistische Bandbreite reicht inzwischen von Ambient und House über Lo-Fi-Folk bis hin zu avantgardistischem Art-Rock.
Domino heute: Tradition und Innovation
Auch über drei Jahrzehnte nach seiner Gründung zeigt sich Domino Recording Company als bemerkenswert wandlungsfähig. Mit neuen Künstler:innen wie Wet Leg, Georgia oder Sorry hat das Label in den letzten Jahren erneut junge Acts unter Vertrag genommen, ohne sich dabei aktuellen Trends zu unterwerfen.
Reissues von Platten aus den Anfangsjahren, etwa von Pavement oder den frühen Smog-Aufnahmen, werden regelmäßig neu aufgelegt.
Der britische Indie-Dance-Musiker Joe Goddard hat mit „Harmonics“ ein Disco-Album herausgebracht, das mit UK Garage, House und Hip-Hop getränkt ist und Gäste wie seinen Hot-Chip-Bandkollegen Alexis Taylor oder die Ibibio Sound Machine zur Party lädt.
22 Jahre nach ihrem ersten Soloalbum veröffentlicht Portishead-Sängerin Beth Gibbons den Nachfolger “Lives Outgrown”. Und schließt damit nahtlos an ihrem gefeierten Debüt an.
Das vierte Album „Forgiveness Is Yours“ der britischen Post-Punk-Provokateure Fat White Family ist ein extravagantes Experiment der Extraklasse zwischen No-Wave, No-Future und No-Genres.
Entschleunigt und entspannt spielt sich die US-Band Real Estate durch ihr sechstes Album. “Daniel” bezaubert durch kleine, aber feine Akzente zwischen lässigem Indie-Folk und coolem Countryflair.
Die Magie des Chaos beschwört Jaakko Eino Kalevi auf seinem bezaubernden Album “Chaos Magic”, auf dem er flirrenden und funky Neon-Synth-Pop aus dem Hut zaubert.
Album Nr. 12 der experimentellen Art-Pop-Psychedelic-Band Animal Collective ist erneut eine große Spielwiese, auf der sich das Musikerkollektiv frei austobt und die HörerInnen gleich zu KomplizInnen macht.
Die Süd-Londonerin Tirzah hat ihr drittes Album ohne große Ankündigung und überraschend veröffentlicht: Das Werk mit dem geheimnisvollen Titel “trip9love…???” vereint minimale Electronica mit radikaler Spontaneität in Songwriting und Soundbild.
Freunde von exzessivem Abriss im Stil der Viagra Boys dürfen sich freuen: Die aus dem Süden Londons stammende Band Fat Dog hat sich mit ihren hochenergetischen Live-Shows eine glühende Fangemeinde erspielt. Hier ist das erste Video “King Of Slugs”.
Georgias drittes Album “Euphoric” ist ein endloser Strom von frickelnden, flirrenden und flirtenden Dance-Pop-Beats – vereint in Euphorie und Empathie!
Staubtrocken wie die Wüste ist der getriebene und treibende Post-Punk von Protomartyr aus Detroit, der auf ihrem sechsten Album „Formal Growth In The Desert“ weiterwächst.
LA Priest aka Sam Eastgate reiste während der Pandemie für sein neues Album “Fase Luna” nach Mexiko, um sich am Strand vom Rauschen des Meeres inspirieren zu lassen. Jetzt können wir das Ergebnis hören.
Heute stellt John Cale “NOISE OF YOU” vor, die neue Single/Video aus seinem ersten neuen Album seit einem Jahrzehnt, MERCY, das am 20. Januar auf Double Six / Domino erscheint. Hier kannst du das neue Video des Gründers von The Velvet Underground ansehen.
ACT DER WOCHE – Wie ein melancholischer James-Bond-Soundtrack für einen nachdenklichen 007: Die Arctic Monkeys sind auf ihrem siebten Werk verträumt sowie versponnen und tauschen den Indie-Rock einmal mehr gegen Crooner-Pop.
ACT DER WOCHE – Enigmatisch, experimentell und emotional: Alex G bleibt das chamäleonhaftige Phänomen im Indie-Musikzoo – in diesem Sinn, God Save The Animals.