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Buchtipp: DJ Tomekk – Ich lebe für Hip Hop

Dieses Buch ist eine Autobeatografie: Voller Einschläge und Aufschlägen. DJ Tomekk erzählt darin (s)eine Geschichte über ein Leben für die Musik.

Video: DJ Tomekk, Stieber Twins, Curse & GZA: Ich lebe für Hip Hop

Als Tomasz Kuklicz im polnischen Krakau geboren und mit 11 Jahren nach Berlin gezogen, bringt DJ Tomekk im Jahr 2000 den Song „Ich lebe für Hip Hop“ heraus, dessen Titel als Motto eines ganzen Lebens gelten kann. 20 Jahre später gilt der Track nicht nur als Klassiker des Genres, sondern als Oldschool-Hip-Hop par excellence und einer der Pioniere des Rap – nämlich Kurtis Blow himself – kündigt Tomekks nun erschienene Autobiografie vollmundig in einem Vorwort so an:

„Dieses Buch erzählt die Geschichte eines der größten DJs aller Zeiten“.

Was ist also die Geschichte von Tomekk? Eine Kindheit mit einem prügelnden alkoholkranken Vater, für den er so ziemlich jede Drecksarbeit erledigen muss, der dann früh im Jahr 1990 stirbt und Tomasz Kuklicz mit einem schweren Erbe zurücklässt: Den Weg aus diesem Tief weist ihm die Musik, genauer gesagt ist es der Hip-Hop, der ihn rettet. Erste Schritte zum Profi-Musiker macht er bei Kiss FM, wo er für das Radiopublikum eine eigene Playlist aus Hip-Hop, Soul, Funk, RnB und House zusammenstellt. Seine eigenen späteren Tracks folgen ebenfalls diesem Mix:

„Der Style, den ich spielte, den gab es so nicht. Harte Beats und weicher Gesang. Heiße Riddems und coole Raps. Schwere Beats und leichte Stimmen. Ich spielte für den Körper und das Herz.“

Bei seinen ersten Schritten als DJ in Klubs, macht er die deprimierenden Erfahrung wie alle beim Auflegen. Ansagen eines Gastes: „Spiel mal Michael Jackson ‚Bad’.“, Antwort Tomekk (und jedes DJs): „Hab ich nicht mit, sorry“. Konter des (jeden) Gastes: „Ist hier drauf…“. Und auch in Sachen Aufenthaltsgenehmigung macht der gebürtige Pole die leidigen Erfahrung anderer AusländerInnen durch, doch er erhält die begehrte Genehmigung aufgrund seiner wachsenden Popularität – auch in Teenie-Zeitschriften wie der Bravo, so dass die Mitarbeiterin der Behörde konstatiert: „Herr Kuklicz, ich gratuliere Ihnen. Sie sind ein produktives Mitglied der Gesellschaft“.

Schon bald werden auch die internationalen Größen der Szene auf ihn aufmerksam und in Hip-Hop-Legende Kurtis Blow findet er einen Mentor, der ihn mit in die USA nimmt. Tomekk bekommt die Chance mit renommierten KünstlerInnen wie Missy Elliott, Lil Kim, Ice T oder Wu Tang Clan zusammenzuarbeiten, Songs wie „Ich lebe für Hip Hop“, „Jump Jump“ oder „Kimnotyze“ werden zu Chartserfolgen, mit denen eine ganze Generation groß wird. „Kimnotyze“ gibt etwa jahrelang den Sound in den deutschen Clubs vor und hat letztendlich den Weg zur Symbiose von Electro und Hip Hop geebnet.

Video: DJ Tomekk feat Lil Kim – Kimnotyze

So weit, so fett: Doch die Autobiografie feiert nicht diese Erfolge ab, sondern wirft ein grelles Scheinwerferlicht auf die Schatten in Tomekks Leben: Alkohol-, Drogen und Sexeskapaden dank Viagra (15 Jahre lang hatte er nur mit den blauen Wundermitteln Geschlechtsverkehr, neben seiner Ehefrau hatte er angeblich 77 Freundinnen – gleichzeitig) führen zu Abstürzen – auch im konkreten Sinn, denn mehrfach fällt er betrunken von der Bühne. Er „verwahrlost“ immer mehr durch die Gier nach mehr und schreibt dazu die selbstentlarvenden Sätze oder Erkenntnisse: 

„Bis man ein Ego ablegen kann, muss man es erst mal erkennen“ und

„Um zu lernen, dich selbst zu lieben, musst du erstmal lernen, dich selbst nicht umzubringen“.

Tomekk führt Tagebuch über seine Krisen, diese Notizen – ähnlich dem Prozess des Musikmachens – helfen bei der Aufarbeitung des intensiven, aber auch zum Teil identitätsraubenden Lebens. In seiner Lebensgeschichte beschreibt Tommekk dann wie er hier wieder heraus und zu sich fand: Entzug, Therapie, Religion, Dankbarkeitslisten, Fasten, Sport etc.  – und natürlich Musik, so heißt sein Comebacktrack aus dem Jahr 2019 folgerichtig „Never Give Up“.

„Ich lebe für Hip Hop“ ist letztendlich ein Buch nicht nur für Fans des Genres, die an Insider-Berichten interessiert sind, sondern für alle, die auf der Suche sind nach etwas Neuem, Blickwinkel,- und Lebensveränderndem.

DJ Tomekk: Ich lebe für Hip Hop (Buchcover: Heyne)

▹ DJ Tomekk: Ich lebe für Hip Hop. Die Autobiographie. Mit einem Vorwort von Kurtis Blow, Heyne Hardcore, 336 Seiten.

Video: DJ Tomekk & M.O.P. – Never Give Up