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Einnahmen für Musiker: Werden die Künstler noch fair bezahlt?

Obwohl Songs millionenfach gestreamt werden und Stadien voller Fans stehen, bleibt eine Frage hartnäckig bestehen: Wie viel Geld erreicht die Künstlerinnen und Künstler am Ende tatsächlich?

Musik begleitet den Alltag fast pausenlos, sei es als Soundtrack im Fitnessstudio, als Hintergrund im Café oder als unverzichtbarer Begleiter auf Autofahrten. Doch wer bezahlt die Künstler eigentlich noch dafür?

Die Debatte über KI und ethische Investitionen verdeutlicht, dass es künftig nicht nur um Geld gehen wird, sondern ebenso um Werte und Verantwortung.

Erfolg oder Existenzminimum – wie viel bleibt am Ende wirklich übrig?

Die Vorstellung, dass Musikerinnen und Musiker ein glamouröses Leben führen, hält sich erstaunlich hartnäckig. Die Realität sieht jedoch ernüchternd aus. Freiberufliche Musikerinnen und Musiker verdienen im Durchschnitt etwa 14.000 Euro im Jahr, was kaum ausreicht, um ein finanziell stabiles Leben aufzubauen. Für die meisten ist es nur ein Zuverdienst.

In Pop, Rock oder Tanzmusik ist die Lage etwas besser, dort liegt das mittlere Jahreseinkommen bei ungefähr 19.600 Euro. Dennoch bleibt auch diese Summe weit entfernt von dem, was in anderen Berufen mit vergleichbarer Ausbildung und Arbeitszeit erzielt wird. Es reicht nur als Ergänzung aus.

Auffällig ist außerdem, dass diese Zahlen stark schwanken. Ein ausverkauftes Konzert in einer größeren Stadt kann kurzfristig gutes Geld einbringen, doch danach folgt womöglich eine lange Durststrecke ohne Auftritte.

Hinzu kommt die Abhängigkeit von Veranstaltern, die oft selbst mit knappen Budgets jonglieren müssen. Prekäre Verhältnisse gehören für viele zum Alltag, sodass selbst talentierte Musiker ihre Karriere mit Nebenjobs querfinanzieren.

Jenseits von Streams – diese weiteren Einnahmequellen sind realistisch

Streaming ist allgegenwärtig, doch es ist nicht die einzige Einnahmequelle. Live-Auftritte bleiben eine der wichtigsten Säulen, da hier der direkte Kontakt zum Publikum entsteht und Merchandise zusätzlich verkauft werden kann. Von T-Shirts über Schallplatten bis hin zu limitierter Fanware ergibt sich eine Einnahmequelle, die emotional bindet und gleichzeitig wirtschaftlich lohnend ist.

Darüber hinaus spielt die Lizenzierung von Songs für Filme, Serien oder Werbung eine Rolle. Ein Song im richtigen Spot kann nicht nur den Bekanntheitsgrad steigern, sondern auch ein solides Honorar einbringen. Sponsoring und Kooperationen mit Marken ergänzen diese Möglichkeiten. Wichtig ist allerdings, dass solche Partnerschaften authentisch wirken.

Mitunter ergibt sich die Chance, eine passende Produktplatzierung einzubauen. Ein Streamer wie Knossi, der nebenbei Songs veröffentlicht, könnte zum Beispiel mit einem Online Casino zusammenarbeiten. Schon in der Vergangenheit hat er oft Streams veröffentlicht, in denen er Glücksspiel betrieben hat, demnach würde dies gut passen. Bei einem Teenie-Idol würde ein solcher Deal dagegen schnell für Kopfschütteln sorgen.

Streaming-Giganten im Fokus – das verdient ein Künstler pro Stream

Das Streaming hat die Musikwelt grundlegend verändert. Millionen Songs sind jederzeit verfügbar und mit einem Klick beginnt die endlose Playlist. Was für Konsumenten wie ein Paradies wirkt, entpuppt sich für viele Musiker als finanzieller Albtraum.

Spotify zahlt im Schnitt zwischen 0,003 und 0,005 US-Dollar pro Stream und das bedeutet, dass eine Million Streams gerade einmal ein paar tausend Euro einbringt. Die meisten Songs schaffen nicht einmal einen Bruchteil dieser Reichweite.

Besonders problematisch ist das Verteilungsmodell. Alle Einnahmen fließen in einen gemeinsamen Topf und werden nach Marktanteilen aufgeteilt. Große Stars ziehen dabei die größten Stücke heraus, während kleinere Acts fast leer ausgehen. Dazu kommt, dass Labels und Rechteverwerter den größten Teil der Einnahmen behalten, bevor beim eigentlichen Künstler etwas ankommt.

Vergleichsweise großzügiger sind Tidal oder Qobuz, die pro Stream etwa das Drei- bis Vierfache ausschütten. Doch auch hier bleibt die grundlegende Hürde erhalten. Ohne eine große Fanbasis bringen höhere Sätze nur wenig. Der Traum vom schnellen Reichtum durch Streams bleibt daher Illusion.

Mehr als Spotify – diese Alternativen versuchen es fairer zu machen

Es gibt Plattformen, die zumindest ein Stück mehr Gerechtigkeit versprechen. Bandcamp erlaubt es Künstlern, Musik direkt an Fans zu verkaufen. Dabei bleibt der Großteil des Erlöses tatsächlich beim Musiker. Besonders beliebt sind die sogenannten „Bandcamp Fridays“, an denen die Plattform auf ihre Provision verzichtet und sämtliche Einnahmen weitergibt. Doch auch Bandcamp ist längst Teil einer Industrie, die vor allem auf Profit ausgerichtet ist und kein Benefiz-Projekt für Musiker.

Ein weiteres spannendes Modell ist Resonate, das auf ein Pay-per-Play-System setzt. Dabei kaufen Hörer den Song schrittweise und nach neun Streams gehört er ihnen. Der Vorteil liegt darin, dass rund 70 Prozent der Einnahmen tatsächlich bei den Künstlerinnen und Künstlern landen. Solche Ansätze sind noch Nischenphänomene, doch sie zeigen, dass es auch anders laufen kann. Für Musikerinnen, die ihre Nische bedienen und ein treues Publikum pflegen, bieten diese Plattformen eine fairere Grundlage als die großen Streaming-Giganten.

Politische Rahmenbedingungen und Empfehlungen

Die Diskussion um Mindesthonorare für Musiker ist nicht neu. Der Deutsche Musikrat empfiehlt eine Untergrenze von 300 Euro pro Tag, mit der Anmerkung, dass eigentlich 622 Euro nötig wären, um von der Arbeit leben zu können. Doch diese Zahlen stehen oft nur auf dem Papier. Viele Clubs oder kleine Veranstalter können solche Gagen nicht aufbringen, ohne ihre eigenen Strukturen zu gefährden.

Die Politik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Fördergelder und Zuschüsse könnten helfen, faire Honorare durchzusetzen, stoßen aber häufig an Grenzen. Kulturfinanzierung wird in vielen Regionen eher als Luxus angesehen. In der Folge bleibt die Einkommenssituation vieler Musiker instabil. Während große Festivals und etablierte Künstler gute Einnahmen erzielen, kämpfen kleine Bands und Solokünstler um jede faire Bezahlung.

Technik und die moralische Frage – KI, Investitionen und die Zukunft von Fairness

Kaum ein Bereich bleibt von der rasanten Entwicklung der Künstlichen Intelligenz unberührt und auch die Musikbranche steht vor neuen Herausforderungen. Immer mehr Plattformen experimentieren mit KI-generierter Musik. Damit wächst die Diskussion, ob Künstler an den Erlösen beteiligt werden sollten, wenn ihr Stil oder ihre Stimme als Vorlage dient.

Zusätzlich sorgt die Finanzpolitik mancher Unternehmen für Unmut. Investitionen des Spotify-Chefs in militärische KI-Technologien haben für Aufsehen gesorgt. Viele Künstler fragen sich inzwischen, ob sie ihre Werke auf einer Plattform belassen wollen, die einerseits nur minimale Tantiemen ausschüttet und andererseits Geld in moralisch fragwürdige Projekte investiert. Die Debatte zeigt, dass Fairness nicht allein eine Frage der Bezahlung ist, sondern auch der Werte, die hinter einem Geschäftsmodell stehen.

Die Balance von Reichweite und gerechter Bezahlung

Am Ende bleibt ein widersprüchliches Bild. Auf der einen Seite stehen gewaltige Reichweiten und scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten, die Streaming-Plattformen bieten. Auf der anderen Seite reicht das, was finanziell hängen bleibt, für die meisten nicht aus, um davon zu leben. Die Fairness in der Bezahlung ist somit noch längst nicht erreicht.

Alternative Plattformen wie Bandcamp oder Resonate zeigen, dass es Modelle gibt, die näher am Ideal sind. Politische Initiativen und Mindesthonorare könnten die Situation verbessern, sofern sie auch praktisch umgesetzt werden.


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