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Die besten Alben des Monats (November 2023)

Jeden Monat bewertet die Tonspion Redaktion die wichtigsten Musik-Neuerscheinungen. Am Ende entstehen daraus unsere Alben des Jahres. Hier unsere Charts für die besten Alben im November!

Unsere Jury besteht aus aktiven und ehemaligen Mitgliedern der Tonspion Redaktion sowie freien Musikjournalisten. Hier die zehn Alben, die unserer Fachjury diesen Monat am besten gefallen haben.

Tonspion Jury: Christoph Braun, Astrid Clave, Sebastian Cleemann, Kerstin Kratochwill, Christoph Prenner, Florian Schneider, Satoru Teshima, Udo Raaf, Christina Mohr, Dylan MacKenzie.

Die Alben des Monats November 2023

1. All diese Gewalt – Alles ist nur Übergang

Hinter All Diese Gewalt steckt Max Rieger, Sänger und Gitarrist der Stuttgarter Band Die Nerven, die letztes Jahr im Oktober Album des Monats bei uns waren: Und fast genau ein Jahr später ist „Alles ist nur Übergang“ dran, ein Werk voller faszinierend abstrakter droniger Electronica mit starken wie intimen Texten.

2. Drop Nineteens – Hard Light

Nach 30 (!) Jahren Pause ein Comeback, das einen umhaut: Die Shoegaze-Band Drop Nineteens aus Boston strahlt mit „Hard Light“ heftig und schenkt uns 11 neue vielfältige Songs zwischen waberndem Reverb-Sound und catchy Chorus-Welten.

3. Spunsugar – A Hole Forever

Goth-Rock meets Electronica-Splitter und umarmt Shoegaze sowie Post-Punk auf diesem so leicht wirkenden angeblich schwierigen zweiten Album: Den Schweden Spunsugar ist mit „A Hole Forever“ ein zugleich eingängiges wie tiefgründiges Werk gelungen.

4. Beirut – Hadsel

Zach Condon ist zuück mit seinem barocken Folkrock und schwelgt auf „Hadsel“ in orgellastigen und organisch schönen Melodien: Entstanden sind diese Songs diesmal in einer kleinen Hütte auf der norwegischen Insel Hadsel (daher der Albumtitel), inspiriert von Nordlichtern, Natur und nordischen Stürmen – und all das glaubt in der Musik dann tatsächlich zu spüren.

5. Aesop Rock – Integrated Tech Solututions

Sprachgewaltiges Konzept-Album eines Ausnahmerappers: Auf „Integrated Tech Solututions“ bilden scheppernde Beats und dicke Bässe den Teppich für eine retrofuturistische Kapitalismus-Kritik aus dem Underground-Hip-Hop.

6. Kevin Abstract – Blanket

Das erste Solo-Album nach der Auflösung des Hip-Hop-Kollektivs Brockhampton von Mastermind Kevin Abstract ist ein Füllhorn aus gitarrenlastigem grungy Sounds zwischen Pixies und Prince.

7. Lol Tolhurst x Budgie x Jacknife Lee – Los Angeles


Ein ungewöhnliches Musikprojekt, das Fans der Post-Punk-Ära in helle Aufregung versetzt: Lol Tolhurst von The Cure und Budgie von Siouxie & The Banshees haben sich zusammen mit dem talentierten Produzenten und Multi-Instrumentalisten Jacknife Lee zu einer überraschenden Kollaboration zusammengeschlossen. Herausgekommen ist das energiereiche pulsierende Album „Los Angeles“.

8. The Polyphonic Spree – Salvage Enterprise

Der psychedelische Rock-Chor aus Texas veröffentlicht mit „Salvage Enterprise“ das erste Album seit 2014: Mit Violinen-, Harfen- und Flöten-Klängen entführen uns The Polyphonic Spree wieder in ihre ganz eigenen vielschichtigen wie vielstimmigen magischen kindlichen Wunderwelten.

9. Jaakko Eino Kalevi – Chaos Magic

Die Magie des Chaos beschwört Jaakko Eino Kalevi auf seinem bezaubernden Album „Chaos Magic“, auf dem er flirrenden und funky Neon-Synth-Pop aus dem Hut zaubert. Als Gäste hat er sich diesmal illustre MusikerInnen ins Boot geholt: Jimi Tenor, Faux Real, Yu-Ching Huang, John Moods und Alma Jodorowsky, die Enkelin des legendären experimentellen Filmemachers Alejandro Jodorowsky.

10. Bar Italia – The Twits

Benannt nach einem Pulp-Song, der nach dem gleichnamigen Café in Soho benannt ist, haben die Londoner hier ihr viertes Album veröffentlicht und zugleich ihr zweites im Jah 2023 (im Mai erschien das hochgelobte Debüt „Tracey Denim“): Auch „The Twits“ begeistert mit rohem Indie-Rock zwischen Sonic Youth und Pavement.

Einzelwertungen

November 2023ACURKKCPCBSCTSFSCMDM
All Diese Gewalt44443,53453,53,5
Drop Nineteens4,5353,543,53,543
Spunsugar4343,53,533,54,53,5
Beirut3,54334,54343
Aesop Rock3433,53,53,5343,5
Kevin Abstract3,542,5333,5343,5
Lol Tolhurst x Budgie x Jacknife Lee33333,533,543,53,5
Polyphonic Spree3,53,53333,5343
Jaakko Eino Kalevi333,533,5333,543
Bar Italia333433343

Die Alben des Monats Oktober 2023

1. Sufjan Stevens – Javelin

Sufjan Stevens hat sein neues Album „Javelin“ seinem verstorbenen Partner gewidmet und leidet selbst an einer schweren Autoimmunkrankheit: Trotzdem ist ihm sein bestes und herzergreifendstes Album seit „Carrie and Lowell“ gelungen voller choraler, orchestraler und elektronischen Wundern.

2. Vanishing Twin – Afternoon X

Pluckernder psychedelischer Pop und experimentelle Soundstrukturen: Afternoon X des britischen Acts Vanishing Twin schimmert kühl und kühn zwischen Dreampop und Kosmischer Musik.

3. The Kills – God Games

The Kills entfalten einen mörderisch minimalistischen Neo-Noir mit Indie-Rock-Flair auf ihrem neuen Album „God Games“. Und sie bleiben dabei cool, setzen aber wärmende Harmonien und hitzige Sounds ultracool ein.

4. Hauschka – Philanthropy

Der Oscar-Preisträger aus Düsseldorf erforscht die Klangwelt und Möglichkeiten des guten alten Klaviers, so dass eine hypnotisch schönes Avantgarde-Popmusik entsteht, die minimalistisch wie melodisch ist.

5. Black Pumas – Chronicles Of A Diamond

Soul und Symphonic-Pop verschmelzen hier: Das Duo Eric Burton und Adrian Quesada meistert das so genannte schwierige zweite Album mit Leichtigkeit und versetzen den Hörer mit psychedelischem Rock, jazzigem Funk und und und in Erstaunen.

6. Ilgen-Nur – It’s All Happening

Viele entdeckten die Stuttgarterin als Support-Act für Bloc Partys Kele Okereke und Tocotronic: Nun begeistert sie mit ihrem Album „It’s All Happening“ sowohl Publikum als auch Presse mit ihrem coolen Indie-Slacker-Sound.

7. The Drums – Jonny

Das mittlerweile sechste Album des Surf-Pop-Indieprojekts aus Brooklyn des Musikers Jonathan Pierce ist eine Mischung aus Beach Boys und New Order, die jedoch trotz aller Catchiness und Coolness sehr introspektiv und intim ist.

8. Bombay Bicycle Club – My Big Day

Album Nr. 6 der Indieband aus England, die seit den Nullerjahren eine feste Größe im Genre ist: Diesmal mit vielen Gastsängern wie Damon Albarn oder Jay Som ausgestattet, geriet der Sound diesmal ziemlich funky.

9. Emma Anderson – Pearlies

Das lange ersehnte erste Solo-Album von Emma Anderson der Shoegaze-Legende Lush ist tatsächlich ein Schmuckstück geworden: Psych-Folk und Dreampop-Sounds schimmern harmonisch und schillern zwischen Acts wie Goldfrapp, Stereolab, Broadcast, Portishead und Cocteau Twins.

10. Troye Sivan – Something To Give Each Other

Troye Sivans neues Album „Something To Give Each Other“ ist eine Bestandsaufnahme nach einer Trennung und schwankt gefühlstechnisch irgendwo zwischen Melancholie und neu gewonnener Lebenslust. Entstanden ist ein hervorragend produziertes Pop-Album, eines der besten des Jahres.

The Rolling Stones – Hackney Diamonds

Die älteste Boyband der Welt, The Rolling Stones, hat unsere Redaktion mit ihrem ersten Studioalbum seit 18 Jahren nicht wirklich überzeugen können: Trotz Stargästen wie Lady Gaga, Stevie Wonder und Elton John wird hier ihrem Schaffen nichts wirklich Neues hinzugefügt.

Mark Forster – Supervision

Und noch ein Album aus der Kategorie sympathischer Superstar, dessen Musik aber strunzlangweilig ist und im Ranking auf dem letzten Platz landet: Lagerfeuertauglicher Kitsch in Dauerrotation.

Einzelwertungen

Christoph Braun (CB), Astrid Clave (AC), Sebastian Cleemann (SC), Kerstin Kratochwill (KK), Christoph Prenner (CP), Florian Schneider (FS), Satoru Teshima (ST), Udo Raaf (UR), Christina Mohr (CM), Dylan MacKenzie (DM).

ACURKKCPCBSCTSFSCMDM
Sufjan Stevens453,54455454,5
Vanishing Twin44,53,53,53,53,53,543,5
The Kills443,53,53,53,53,534,53
Hauschka3,543,53,53,53,53,53,543
Black Pumas443,5333343
Ilgen-Nur33343,53,5334,53
The Drums3,53,53,5343,5323,53,5
Bombay Bicycle Club3,54,52,533,533333,5
Emma Anderson324,53,532,5342,5
Troye Sivan342,53,523333,5
The Rolling Stones332,5332222
Mark Forster1,51111,5021,51,5

Die Alben des Monats September 2023

1. Róisín Murphy – Hit Parade

Róisín Murphy hat uns hier ein sommerlich samplelastiges und schwingendes Album voller Dance-Pop-Hits geschenkt, von dem Hamburger DJ und Produzenten Koze zu flirrend luftigen Sounds geschliffen, die soulig, poppig und housig unter einer Diskokugel glitzern.

2. Mitski – The Land Is Inhospitable And So Are We

Ein eigenes Orchester und ein 17-Personen-Chor geben diesem Album Intensität und Intimität, denn hier geht es um das einfache wie ewige Thema Liebe in all seinen Facetten: Und Mitski besingt sie alle mit betörender Kraft.

3. Olivia Rodrigo – Guts

Catchy, cleverer und charismatischer Teen-Angst-Pop der amerikanischen Singer-Songwriterin Olivia Rodrigo: Auf ihrem zweiten Album „Guts“ spielt sie auf der emotionalen Klaviatur der Pop-Liebesleid-Songs zwischen Wut, Verzweiflung und Leidenschaft.

4. Slowdive – Everything Is Alive

Mittlerweile sind sie schon länger wiedervereint, als sie beim ersten Mal als Band existierten: Slowdive spielen auf dem zweiten Album seit ihrer Re-Union eine Art New Romantic Shoegaze mit der Gabe für eine zeitlose, fast schon universelle Sehnsucht und Einheit, die die Melodien transportieren.

5. Slow Pulp – Yard

Slow, zum zweiten: Diesmal melancholisch, psychedelischer Lo-Fi-Indierock, der sich langsam aber sicher in das Gehör frisst. Slow Pulp aus Chicago zeigen sich auf ihrem zweiten Album entschleunigt und entspannt.

6. Jorja Smith – Falling Or Flying

Brit-Soul, der mal jazzig und mal dancelastig ist: Mit starker Stimme und innovativem Sound zieht uns Jorja Smith eben nicht nur auf die Tanzfläche, sondern auch in intime Ecken eines dunstigen Clubs oder einer schummrigen Bar.

7. Romy – Mid Air

Mit „Mid Air“ hat die The xx Sängerin und Gitarristin ihr Solo-Debüt herausgebracht: Darauf findet sich ein überraschend heller und luftiger Sound zwischen queerem Eurodance und euphorischem Dance-Pop.

8. Nation Of Language – Strange Discipline

Zurück in die Zukunft mit dem Eighties-Retro-Sound der Brooklyner Band Nation Of Language, die mit ihrem kühlen wie unterkühlten Synth-Pop wie die coolen Wiedergänger von New Order, OMD, The Human League oder Ultravox klingen.

9. James Blake – Playing Robots Into Heaven

Auf seinem mittlerweile sechsten Album zeigt sich der britische Musiker James Blake wieder experimenteller und elektronischer: Fragile Soundstrukturen und Souldekonstruktionen fließen im Himmel der Androiden musikalisch ineinander.


10. Blonde Redhead – Sit Down For Dinner

Vor zehn Jahren erschien das letzte Album von Blonde Redhead, einer Dream-Pop-Band, die viel zu sehr unter dem Radar schwimmt und die es mittlerweile schon 30 Jahre gibt: Auf dem neuen Werk servieren sie uns spröde und zugleich warme Tracks, die aber keinesfalls nur atmosphärische Hintergrundmusik sind, sie sind vielmehr selbst Nahrung für alle Träumerinnen und Träumer sowie Fans von Yo La Tengo, Boadcast oder Deerhunter.


Einzelwertungen

Christoph Braun (CB), Astrid Clave (AC), Sebastian Cleemann (SC), Kerstin Kratochwill (KK), Christoph Prenner (CP), Florian Schneider (FS), Satoru Teshima (ST), Udo Raaf (UR), Christina Mohr (CM), Dylan MacKenzie (DM).

ACURKKCPCBSCTSFSCMDM
Róisín Murphy4,53,5444344,554
Mitski443,543,544,544,5
Olivia Rodrigo44,53443444
Slowdive44,5533,53,542,543,5
Slow Pulp3,543,543,53344
Jorja Smith3,53,5343,533,54,5
Romy333,533,53,533,553,5
Nation Of Language3,533,5443,533
James Blake3,532,53,542,543,534
Blonde Redhead 3343343,533,5

Die Alben der Monate Juli & August 2023

1. Art School Girlfriend – Soft Landing

Eine wahrhaft sanfte und harmonische Landung auf Platz 1 unserer Doppel-Monatscharts hat das neue Album von Polly Mackey alias Art School Girlfriend hinbekommen: „Soft Landing“ ist ein dichtes Werk voller schimmernden Electro-Pop-Balladen, düsterer Dreampop-Stücke und melancholischem Sophisti-Pop.

2. Jungle – Volcano

Verspielt und voller Energie zeigt sich das Neo-Soul-Projekt Volcano auf seinem vierten Album: Ein Sommer-Album für den verschwitzten und doch so coolen Dancefloor, denn in diesem „Volcano“ verschmelzen Lässigkeit und Euphorie.

3. PJ Harvey – I Inside The Old Year Dying

PJ Harveys zehntes Studioalbum „I Inside The Old Year Dying“ klingt anders als alles, was sie zuvor gemacht hat: Die ersten Songs seit einem Jahrzehnt sind einzigartig, eigenwillig und brauchen Zeit, sich zu entwickeln – aber dann entfaltet diese geisterhaften Folk-Songs eine faszinierende Energie.

4. Pia Fraus – Evening Colours

Hierzulande ist die estnische Band ein Geheimtipp, doch die Indie-Shoegaze-Legende aus Tallinn hat weltweit eine treue Fangemeinde: Um ihr 26-jähriges Jubiläum zu feiern, veröffentlichen sie dieses Album nach jahrelanger Pause. Wenn man ihre Diskografie kennt, markiert „Evening Colours“ ihr Meisterwerk, denn hier schimmert es in allen musikalischen Farben und strahlt mit wunderschönen Melodien.

5. Anohni And The Johnsons – My Back Was A Bridge For You To Cross

Soulig wärmende Rückkehr des Projekts Anohni And The Johnsons, die von Vertrauen und Hoffnung kündet: Inspiriert von Marvin Gaye, ist „My Back Was A Bridge For You To Cross“ ein Album voller Emotionen und Experimenten.

6. Girl Ray – Prestige

Und noch eine Überraschung in unseren Charts, die Londonerinnen von Girl Ray haben ein glitzerndes Disco-Album veröffentlicht, das das Trio als coole Nachfolgerinnen von Bananarama erscheinen lässt: New Wave, Funk und Eighies-Vibes machen „Prestige“ zu einem Juwel.

7. Bebel Gilberto – João

Im Juni dieses Jahres verstarb Astrud Gilberto, die legendäre brasilianische Sängerin mit der stets distanziert wirkenden weichen wie warmen Stimme. Verheiratet war sie mit João Gilberto, der 2019 von uns ging und dessen Tochter Bebel Gilberto eine Pionierin des Electronic Bossa Nova ist: Mit „João“ hat sie ein emotionales, dichtes und intensives Tribut-Album für ihren Vater veröffentlich, das hypnotisch und hymnisch zugleich ist.

8. Blur – The Ballad Of Darren

Gefeierte Reunion-Konzerte und ein neues hervorragendes Album: Blur tauschen auf „The Ballad of Darren“ Britpop gegen Baroque Pop. Musikalisch gibt es weiter lässiges Referenznicken Richtung The Beatles, The Kinks oder Paul Weller, allerdings diesmal auch an David Bowie.

9. Little Dragon – Slugs Of Love

Das Quartett aus Göteborg gilt als Pionier der Verschmelzung von Indie, Soul und Elektro: Auf „Slugs Of Love“ öffnen sie sich nun weiteren Genres und sie spielen hier mit Disco, Wave oder Jungle-Beats.

10. Birdy – Portraits

Jasmine van den Bogaerde alias Birdy hat mit „Portraits“ vielleicht nicht Kate Bush oder Tori Amos portraitiert, kommt aber der Energie und den Geheimnissen dieser Künstlerinnen sehr nahe und ist ein eigenständiges Portrait einer gereiften Sängerin.

Einzelwertungen

Christoph Braun (CB), Astrid Clave (AC), Sebastian Cleemann (SC), Kerstin Kratochwill (KK), Christoph Prenner (CP), Florian Schneider (FS), Satoru Teshima (ST), Udo Raaf (UR), Christina Mohr (CM), Dylan MacKenzie (DM).

ACURKKCPCBSCTSFSCMDM
Art School Girlfriend 4544,543,544,54
Jungle4,543,53,5433,54,54,53
PJ Harvey443,543,53,54344
Pia Fraus335344343,5
Anohni and the Johnsons 3333344,5453,5
Girl Ray3,543,53,533,5353
Bebel Gilberto 3,533,53433443
Blur3433,543,53343
Little Dragon 3,543343343,53
Birdy 43,53,52,53,532,543

Die Alben des Monats Juni 2023

1. Janelle Monáe – The Age of Pleasure

Das Sommeralbum schlechthin: Janelle Monáe outete sich letztes Jahr als non-binäre Person und wem das alles zu verkopft ist (genauso wie die letzten Alben), dem sei geraten sich diesen queeren, sexy Sound anzuhören: „The Age of Pleasure“ verspricht Lust, Lebensfreude und Empowerment, gegossen in smoothe wie sinnliche Beats, die sich an Afrofuturismus, Neo-Soul und Dancehall schmiegen.

2. Grian Chatten – Chaos for the Fly

Das Debüt-Solo-Album der gefeierten Dubliner Indierock-Band Fontaines D.C fühlt sich bereits jetzt zeitlos an: Post-Punk gibt es hier kaum, Grian Chatten zeigt sich vielmehr von seiner schwelgerischen Songwriter-Seite mit starken Lyrics sowie stilsicheren Melodien.

3. Sigur Rós – Átta

Das erste Album nach zehnjähriger Pause der Isländer ist episch, orchestral und hypnotisch: Alles wie immer, also? Nach dem Weggang des Drummers sind Sigur Rós nun ein Trio, das sich mehr dem Ambient zuwendet, Jónsis Gesang strahlt hingegen im Vordergrund.

4. Bdrmm – I Don’t Know

Die Songs der Band mit dem unaussprechlichen Namen Bdrmm aus dem englischen Hull sind auf dem so genannten schweren zweiten Album nun minimaler, experimenteller und eklektischer als auf dem mitreißenden Debüt: Auf „I Don’t Know“ arrangieren sie Ambient, Electronica und Shoegaze zu kunstvollen Songs.

5. Jake Shears – Last Man Dancing

Der Sänger der Scissor Sisters serviert auf seinem zweiten Album charmante wie coole Tracks zwischen Disco-Pop und Acid House, die entspannt euphorisch zwischen Moroder und Minogue pluckern – und Kylie ist dann auch als Gaststar mit auf dem Dancefloor:

6. Django Django – Off Planet

Die Briten klangen schon immer wie von einem anderen Planeten und auch auf ihrem fünften Album zelebrieren sie ihren eklektischen Artpop-Sound zwischen psychedelischem Folk, dancelastigem Elecrto und entspanntem House.

7. Foo Fighters – But Here We Are

Das zweite große Traueralbum des Jahres nach Depeche Modes „Memento Mori“: Das erste Album seit dem Tod ihres langjährigen Schlagzeugers Taylor Hawkins im März 2022 ist natürlich Requiem, aber auch trotzige Durchhalteparole, die sich in Post-Grunge und Power-Rock entfaltet.

8. Rufus Wainwright – Folkocracy

Das eigenwillige Folk-Cover-Album des des kanadisch-amerikanischen Singer-Songwriters enthält nur eine Eigenkomposition, die ist allerdings grandios: „Going To A Town“, hier in einer neuen Version mit Anohni. Die Auswahl der Cover-Vorlagen ist vielfältig, Wainwright interpretiert The Mamas & The Papas oder Franz Schubert sowie Traditionals wie „Shenandoah“, „Arthur McBride“ oder „Cotton Eyed Joe“ (ja, genau das….) zusammen mit Chaka Khan.

9. Queens Of The Stone Age – In Times New Roman…

Die Alternative-Heroen um Josh Hommes erfinden sich einmal mehr neu und spielen erfrischend coolen Seventies Art-Rock inklusive Streichern.

10. King Krule – Space Heavy

Der Londoner Archy Samuel Marshall, besser bekannt unter seinem Künstlernamen King Krule, zeigt sich auf seinem vierten Album als düsterer Singer-Songwriter-Poet, dessen Songs zwischen melancholischem Kammerpop und mäanderndem Jazzrock.

Einzelwertungen

Christoph Braun (CB), Astrid Clave (AC), Sebastian Cleemann (SC), Kerstin Kratochwill (KK), Christoph Prenner (CP), Florian Schneider (FS), Satoru Teshima (ST), Udo Raaf (UR), Christina Mohr (CM), Dylan MacKenzie (DM).

EinzelwertungenACURKKCPCBSCTSFSCMDH
Janelle Monáe 3,53,5443,5444,53,5
Grian Chatten 44,5343,53,544
Sigur Ros 43443,54,5433,5
Bdrmm 434,53,53,543,53,54
Jake Shears 3,5433,53,53,544,53
Django Django 44,533,53,53,53,53,53,5
Foo Fighters 442,53,533,53,54,52,53,5
Rufus Wainwright 44333,53,53,5343
Queens Of The Stone3,5433,53,533,54,533
King Krule332,53,53,5343,544
Wertungen: 1=grottig 2=schwach 3=ganz ok 4=hörenswert 5=herausragend

Die Alben des Monats Mai 2023

1. Clark – Sus Dog

Das Aushängeschild des legendären Labels Warp bringt auf diesem Album Wärme in seine experimentelle Elektronik: Doch Clark hat auch weiterhin gespenstische und geisterhafte Klanglandschaften auf „Sus Dog“ zu bieten und es niemandem Geringeren als Thom Yorke zu verdanken, dass er hier seine Stimme zur Geltung bringt und auf dem hypnotisch-flirrenden „Medicine“ ist das Radiohead-Mastermind sogar dabei.

2. Arlo Parks – My Soft Machine

Schon ihr Debüt „Collapsed In Sunbeams“ begeisterte und auch der Zweitling von Arlo Parks ist hinreißend: Zwischen Neo-Soul, Indie-Folk und Synthpop entfaltet die Londonerin ihr mitreißendes Story-Telling, dessen Schärfe im bitter-süßen Kontrast zu den sanften Songs steht.

3. Overmono – Good Lies

Und noch einmal London: Diesmal mit Retro-UK-Rave voller verspielter Two-Step und Trap-Schnipsel. Overmono schaffen auf ihrem Debüt damit eine Dance-Musik voller Hymnen, die dennoch futuristisch und messerscharf klingt.

4. Bipolar Feminin – Ein fragiles System

Die Wiener Band Bipolar Feminin schreibt Songs, die Klassiker werden könnten, ihre Konzerte sind bereits legendär, so die Zeit über die Gruppe um Frontfrau Leni Ulrich, die mit ihren zärtlichen wie zynischen Texten Tocotronis Sloganverliebtheit auf ein neues Level heben – wie heißt es so schön in „Herr Arne“: „Fick dich ins Knie, Elbphilharmonie / Hab schon lange nichts verbrannt / Reich mir die Hand, oh Arne Zank“ – nie klang Post-Punk phlegmatischer wie in diesen dennoch wütenden Indie-Rock-Tracks.

5. Alison Goldfrapp – The Love Invention

Das erste Solo-Album von Alison Goldfrapp, denn das Duo mit Will Gregory, das ihren Nachnamen trägt pausiert erstmal: Auf „The Love Invention“ zeigt sich die Britin tanzfreudiger und technoider. Es dominieren housige und synthlastige Tracks, die ziemlichen Spaß machen.

6. Paul Simon – Seven Palms

Kontrastprogramm mit Musiklegende Paul Simon findet sich auf diesem knapp 30-minütigen Konzeptalbum, das auf Streaming-Portalen nur als ein kompletter Track zu hören ist: Das 15te Solo-Album des mittlerweile 81-Jährigen ist eine mystische Meditation, die in ihrer Kompromisslosigkeit schon radikal ist.

7. Sparks – The Girl Is Crying In Her Latte

Den Albumtitel des Jahres könnten die Sparks mit dem hipster-affinen „The Girl Is Crying In Her Latte“ bereits in der schick geschnittenen Anzugtasche haben: Und die Musik glitzert als catchy cooler Pop voller Witz und Wahnwitz dazu.

8. Mavi Phoenix – Biggest Asshole In The Room

Und noch einmal Österreich und noch einmal derbe Texte: Als trans-Mann liefert Mavi Phoenix hier Texte zwischen Selbstkritik und Selbstironie ab, die in 90s-R’n’B, Lo-Fi-Rao und Bedroom-HipHop eingebettet sind.

9. Fatoni – Wunderbare Welt

Fatonis erstes Solo-Album seit sechs Jahren steckt voller Wortwitz, Entertainment und Understatement: „So viel zu dem man eine Meinung haben kann / aber ich möchte lieber nicht“. Ein deutscher Rapper, der Melvilles todtraurigen „Bartleby, der Schreiber“ zitiert? Wir möchten lieber schon.

10. Peter Fox – Love Songs

15 Jahre nach dem Erfolgsdebüt „Stadtaffe“ folgen nun (zu liebe) „Love Songs“ mit Referenzen von Afro-Drill und Amapiano über Dancehall und Jersey Club bis hin zu 70er-Electronica oder Punkrock. Das Album enthält auch einen Gastauftritt der italienischen Legende Adriano Celentano (85) auf dem Song “Toskana Fanboys”, doch selbst dieses Feature bleibt seltsam leidenschaftslos.


11. Ed Sheeran – Subtract


Akustische Elemente. Klavier, Streicher und Gitarre dominieren dieses Sheeran-Album, das auf offensichtliche Sommerhits diesmal verzichtet. Das vierte Album in seiner Konzeptreihe-Reihe mit mathematischen Namen wird seinem Namen gerecht, denn das Minus steht für den Verlust, den der Sänger in den letzten Jahren persönlich erleben musste.

12. Smashing Pumpkinks – Atum – Act III

Und noch eine Konzeptreihe geht – endlich – zu Ende: Diese „Rock Opera In Three Acts“ ist überambitioniert und überfrachtet zugleich. Aber vielleicht wird dieser bombastische Space-Rock auch irgendwann als Kuriosum in die Musikgeschichte eingehen und als unterschätzt gelten.

Einzelwertungen

Christoph Braun (CB), Astrid Clave (AC), Sebastian Cleemann (SC), Kerstin Kratochwill (KK), Christoph Prenner (CP), Florian Schneider (FS), Satoru Teshima (ST), Udo Raaf (UR), Christina Mohr (CM), Dylan MacKenzie (DM).

EinzelwertungenACURKKCPCBSCTSFSCMDHGESAMT
Clark 4,54,5343,543,92
Arlo Parks444443,543,5443,9
Overmono 3,54343,534443,53,65
Bipolar Feminin 32443,5334,5533,5
Alison Goldfrapp 3,53,53,53,53333,54,53,53,45
Paul Simon 33,52,532,54,5343,53,28
Sparks 32,53,53433433,22
Mavi Phoenix 3,5332,533,5332,53
Fatoni 332,5232,534332,9
Peter Fox 4422,52,51,532,78
Ed Sheeran 22,521,52,52231,52,11
The Smashing Pumpkins 22,521,52,52,52122,52,05
Wertungen: 1=grottig 2=schwach 3=ganz ok 4=hörenswert 5=herausragend


Die Alben des Monats April 2023

1. Jessie Ware – That! Feels Good! Ø 4,05

Mit elegantem Retro-Disco-Sound landete Jessie Wares letztes Album „What’s Your Pleasure?“ auf Platz 4 unserer Jahrescharts 2020. Jetzt erscheint der Nachfolger und der geradezu euphorische und energetische Sound darauf toppt das noch, denn sie lädt damit zu einer Party, bei der Róisín Murphy mit Kylie tanzt, Astrud Gilberto nippt lässig an einem Cocktail und wir erinnern uns an Donna Summers schimmernde Erotik bei dieser unwiderstehlichen Mischung.

2. Feist – Multitudes Ø 3,85

Zarte Instrumentierungen und zaghafte Akustik-Balladen: Feist verarbeitet auf „Multitudes“ emotionale Hochs und Tiefs wie die Adoption ihrer Tochter und den Tod ihres Vaters auf berührende und eindringliche Weise.

3. Daughter – Stereo Mind Game Ø 3,70

Und wieder nimmt einen die einnehmende und entrückte Stimme von Elena Tonra sofort gefangen, der intime Sound zwischen Dreamp und Synthop tut sein weiteres dazu, um wieder im emotionalen Sog des Trios zu schwelgen

4. Blond – Perlen Ø 3,68

Das Chemnitzer Trio liefert hier ein feministisches musikalisches Manifest ab, das unglaublichen Spaß macht: Frischer und frecher Sound zwischen Rap, Rock, Synth, Pop, Punk und vielem mehr – vor allem Hits!

5. Everything But The Girl – Fuse Ø 3,61

Wie cool kann ein Comeback nach 24 Jahren sein? Ultracool wie das neue Album des britischen Synthpop-Duos Everything But The Girl mit kühler wie kreativer Lässigkeit beweist.

6. Blondshell – Blondshell Ø 3,61

Mit „Blond“ im Namen geht’s auch hier weiter und hier dürfte auch Blondie Vorbild sein, denn die New Yorkerin Sabrina Teitelbaum alias Blondshell zeigt sich auf ihrem Debütalbum ähnlich energetisch: Ihr Sound flirrt derweil mitreißend zwischen Grunge, Emo und Bedroompop.

7. Rickie Lee Jones – Pieces Of Treasure Ø 3,50

Die Ikone Rickie Lee Jones interpretiert hier erstmals Stücke aus dem American Songbook von unter anderem Gershwin auf ihre völlig unnachahmliche Weise.

8. Jungstötter – One Star Ø 3,44

Fabian Altstötter wurde mit der hochgelobten Indieband Sizarr bekannt: Unter dem Künstlernamen Jungstötter veröffentlicht er nun sein zweites Album „One Star“, das eine erstaunliche künstlerische Entwicklung zeigt. Zwischen der Schwere der Bad Seeds, der Entrücktheit David Sylvians von Japan, den alptraumhaften Songlandschaften Scott Walkers, der Intensität Neil Youngs und der Zartheit Marc Hollis’ jedoch findet Jungstötter zu einer Musik, die sich neben dem Erbe genannter Musiker ein eigenes Haus baut.

9. Braids – Euphoric Recall Ø 3,33


Flirrende Tracks zum Träumen und Tanzen: Das kanadische Electro-Pop-Trio klingt auf seinem Album „Euphoric Recall“ avantgardistisch und fragil, hypnotisch und leicht.

10. The National – First Two Pages Of Frankenstein Ø 3,30


Mit den Gaststars Taylor Swift und Phoebe Bridgers sind The National auf ihrem neunten Album zwar immer noch melancholisch, aber dank Streicher und Piano satter melodisch.

11. Metallica – 72 Seasons Ø 2,95

Metallica prügeln sich hier auf zwölf Songs und 77 Minuten wütend und wild durch Metal, Prog und Punk gefärbte Tracks, die roh und rabiat klingen – aber leider nicht sehr abwechslungsreich.

12. Element Of Crime – Morgens um vier Ø 2,70

Element of Crime gibt es seit 1985. Ihren Sound, eine Mischung aus Chanson, Kirmes, Pop und Rock, macht ihnen keiner nach. Die Band vertont Berliner Kneipennostalgie. Das gilt auch fürs neue Album „Morgens um vier“. Das neue Album birgt keine Überraschungen: Jede Melodie wurde auf anderen Platten so ähnlich schon verbraten. Es geht also wieder mal um musikalische Details und die Qualität der Texte von Sänger Sven Regener. Was die betrifft, ist „Morgens um vier“ eine ordentliche Platte. Allerdings streckenweise auch ein bisschen langweilig.

EinzelwertungenACURKKCPCBSCTSFSCMDHGESAMT
Jessie Ware 35444,535444,05
Feist3,543,543,5443,54,543,85
Daughter 44443,53,543343,7
Blond444343,5433,68
Everything But The Girl 52,54,53,5333,543,53,61
Blondshell 343,54433,543,53,611
Rickie Lee Jones 3,54,532,53,54,53433,5
Jungstötter 443,5333,53433,44
Braids 33,5333443,533,33
The National3,5333,53,53334,533,3
Metallica 43,532,5332,53232,95
Element Of Crime 332,52,532,53232,52,7

Die Alben des Monats März 2023

1. Fever Ray – Radical Romantics Ø 4,25

Träumen Aliens von Algorithmus-Liebe? Karin Dreijer alias Fever Ray beantwortet diese Frage nach sechsjähriger Pause mit radikalem wie messerscharfem Synthpop: Verzerrt, verschroben und verwirrend schön entführt sie uns in andere Welten, die zum Glück keinem musikalischen Algorithmus folgen.

2. Boygenius – The Record Ø 4,20

So genannte Supergroups sind ja meisten gar nicht so super, aber im Fall von Boygenius – bestehend aus Julien Baker, Phoebe Bridgers und Lucy Dacus – kann man den Superlativ Supergruppe schon bringen: Ihr Debütalbum ist ein Instant-Klassiker des Indierock und Singer-Songwriter-Pop.

3. Tanukichan – Gizmo Ø 3,72

Mit Hannah van Loon alias Tanukichan ist die Top 3 weiblich dominiert (Fever Ray ist genderfluid und verwendet die Pronomen they/them oder sie/ihr) und ihr gelingt das Überraschungsalbum des Monats, denn ihr gelingt eine traumhafte Weiterführung des klassischen Shoegaze-Genres auf den Pfaden von My Bloody Valentine & Co. und unter den Fittichen von Chillwave-Star Toro y Moi.

4. Depeche Mode – Memento Mori Ø 3,72

Melancholischer Gothic-Pop von zwei Überlebenden: Nach dem Tod von Andy Fletcher veröffentlichen Martin Gore und Dave Gahan ein bewegendes Album, das Epitaph und Erinnerung ist sowie Abschied und Auferstehung.

5. Yves Tumor – Praise A Lord Who Chews But Which Does Not Consume; (Or Simply, Hot Between Worlds) Ø 3,66

Den Preis für den längsten und sonderbarsten Albumtitel 2023 hat der in Turin lebenden Künstler:in schon gewonnen: Genauso rätselhaft rauschhaft schön wie die Lyrics ist auch die Musik, die zwischen Electronica, Darkwave und Synthpop schillert.

6. Lana Del Rey – Did You Know That There’s A Tunnel Under Ocean Blvd Ø 3,61

Na gut, auch dieser Albumtitel ist ziemlich episch geraten, genauso wie der Sound von Lana Del Rey, der gewohnt hypnotisch daherkommt: Mit Gospel- und Piano-Klängen sowie einem tollen Duett mit Father John Misty baut sie an ihrem eigenen Americana-Mythos weiter.

7. M83 – Fantasy Ø 3,55

Hinter M83 steckt der französische Musiker Anthony Gonzalez, dessen Synthpop-Projekt immer zwischen Artpop und Mainstream lavierte: Mit seinem neunten Album „Fantasy“ gelingt ihm, beides miteinander zu verschmelzen und damit das beste M83-Album seit Langem.

8. Flyying Colours – You Never Know Ø 3,50

Psychedelischer Shoegaze mit poppigem Ohrwurm-Faktor aus Australien: Die Flyying Colours malen einen nostalgisch wie neuartigen Sound in den schillerndsten und schönsten Farben.

9. Frankie Rose – Love As Projection Ø 3,44


Als Schlagzeugerin und Gitarristin spielte sie nacheinander bei Vivian Girls, den Dum Dum Girls und Crystal Stilts, solo veröffentlicht sie mit „Love As Projection“ ihr mittlerweile fünftes Album voller minimalistischer Art-Pop-Perlen verziert mit New-Wave-Hooks und Post-Punk-Drive.

10. Tristan Brusch – Am Wahn Ø 3,33

Ein Album, das sich mit einer toxischen Beziehung befasst und sich in menschliche Abgründe wagt und das mit deutschen Texten ohne kitschig zu sein – Tristan Brusch hat damit renommierte Acts aus Deutschland im März locker überflügelt – und zu diesem kommen wir jetzt…

11. Trettmann x Kitschkrieg – Insomnia Ø 2,55

Auf der letzten Zusammenarbeit mit Kitschkrieg gibt es Stargäste wie Grönemeyer, Henning May und Lena Meyer-Landrut zu hören: Leider machen diese das Album nicht aufregender als sein Titel – ein bisschen zum Gähnen ist das leider schon hier. Vielleicht ist es für Trettmann an der Zeit, neue Wege einzuschlagen.

12. Herbert Grönemeyer – Das ist los Ø 2,11

Noch enttäuschender als das neue Album war vielleicht sein Song zum Internationalen Frauentag im März als Grönemeyer seine eigentlich zutiefst feministische Hymne „Männer“ umtexte und in „Frauen“ sang er Zeilen wie „Frauen ackern wie blöde / Frauen lieben Männers Telefon“. Genauso verzichtbar erscheint vielen das neue Album „Das ist los“ mit allzu seichtem und gewollt coolen Lyrics wie „Gucci, Prada, Taliban / Schufa, Tesla, Taiwanwahn“ vs. „Was ist los? Das ist, was ist really los!“.

13. AnnenMayKantereit – Es ist Abend und wir sitzen bei mir Ø 1,83

So aufregend wie der Titel ist auch die Musik auf dem neuen Album von AnnenMayKantereit: harmlose Lagerfeuer-Mucke trifft auf belanglose Texte wie „Sonnenbrille ist ein Muss / Und Filterkaffee ein Genuss / Und den Erdbeerkuchen / Den musst Du mal versuchen“, die wie ein Werbespot für Tchibo klingen.

EinzelwertungenACURKKCPCBSCSTFSCMDM
Fever Ray 454434,54,54,554
Boygenius4,54,5443,54,54,544,54
Tanukichan 443,53,543,5344
Depeche Mode43,5443,53443,5
Yves Tumor3,533,54,533,54,53,54
Lana Del Rey3,53343,53,5444
M83 3,553,5343,533,53,53
Flyying Colours 3,52,54,53,543,53,52,54
Frankie Rose 33,54,53,53,53343
Tristan Brusch 44,533,533,5332,5
Trettmann 2,522,523,532,523
Grönemeyer 22222,52,5222
AnnenMayKantereit 221,51,51,5221,52,5
Noten: 5 = herausragend, 1 = schlecht

Die Alben des Monats Februar 2023

1. Young Fathers – Heavy Heavy Ø 4,15

Auf dem vierten Album „Heavy Heavy“ des schottischen Trios Young Fathers brodelt es heftig: Tribal-Drums treffen auf Psycho-Hip-Hop und mitreißende Melodien. Ihr wilder Genremix klingt nach Trip-Hop, Psychedelica, Avant-Hip-Hop, Neo-Soul, Oldschool-Gospel, Indierock sowie Indietronica – und das manchmal gleichzeitig.

2. Kelela – Raven Ø 4,11

Fünfeinhalb Jahre nach ihrem Debüt nun der fulminante Zweitling der US-amerikanischen Musikerin Kelela: Darauf findet sich ein spröder wie schöner Mix aus R&B, Neo-Soul und Electronica fernab des Mainstreams.

3. Caroline Polachek – Desire, I Want to Turn Into You Ø 4,00

Der neue Star am Pop-Himmel mit seinem laut Kritiken besten Album: Eine melodische, leidenschaftliche und experimentelle musikalische Reise – die Madonna wie Massive Attack zitiert – in die dunkelsten Gefilde der Liebe, erschienen am Valentinstag.

4. Yo La Tengo – This Stupid World Ø 3,75

1984 gegründet, ist die Indie-Rock-Legende auf ihrem 17. Album immer noch inspirierend und bleibt eine Institution: Schrammel-Gitarren treffen auf melancholisches Songwriting.

5. Deichkind – Neues vom Dauerzustand Ø 3,61

Wenn der Dauerzustand so klingt, dann kann er gerne weiter andauern: Ein Hit jagt den nächsten bei den Electro-Rock-Verrückten, die darüber hinaus einen smarten Slogan nach dem anderen raushauen.

6. Anna B Savage – in|Flux Ø 3,55

Enigmatische elektronisch angehauchte Soundskizzen, die faszinieren: Das zweite Album der britischen Singer-Songwriterin Anna B Savage taucht tief in seelische Untiefen ein: Komplex und intim zugleich, transportieren Anna B Savages Lieder Lyrik und Detailverliebtheit, die Pop und Poesie aufs wunderbarste zusammenführen.

7. The Waeve – The Waeve Ø 3,45

Graham Coxon von Blur und Rose Elinor Dougall von den Pipettes haben unter dem Namen The Waeve ein Album aufgenommen, das vielschichtig und dissonant zwischen Folkrock und Kammerpop schimmert.

8. Philip Selway – Strange Dance Ø 3,20

Der Radiohead-Schlagzeuger veröffentlich neun Jahre nach seinem letzten Werk sein nunmehr drittes Album, das mit sanften melancholischen Klängen sowie flüsternder Stimme zu Piano, Keyboards, Streichern und Bläser daherkommt.

9. Amber Arcades – Barefoot On Diamond Road Ø 3,16

Hinter Amber Arcades steckt die niederländische Musikerin Annelotte de Graaf tanzt mit uns barfuß auf strahlenden Pop-Songs, die zwischen Psychedelica und Dreampop schillern.

10. Gorillaz – Cracker Island Ø 3,10

Damon Albarn von Blur führt sein animiertes Electro-Pop-Projekt hier infektiös mit vielen Gaststars wie Stevie Nicks Beck, Bad Bunny oder Bass-Wizzard Thundercat fort.


Die Alben des Monats Januar 2023

1. Little Simz – No Thank You Ø 4,25

Little Simz veröffentlichte Ende 2022 ein Überraschungsalbum, das es nicht nur musikalisch in sich hat: Der pointierte Rap der Londonerin gleitet auf souligen schwebenden Beats und trifft auf Lyrics, die die Ungerechtigkeiten in der Welt regelrecht aufspießen. „No Thank You“ ist ein intensives wie irritierend unaufgeregtes wie unerbittliches Album gegen Kapitalismus und für Empowerment geworden: In „No Merci“ bringt sie die Ausbeutung im Musikbusiness so auf den Punkt: “Everybody here getting money off my name / Irony is, I’m the only one not getting paid.” Mit der Spontanveröffentlichung dieses Albums zeigt Little Simz, das abseits von Marketingplänen und Algorithmenzwang Musik existiert, die sowohl „Indie“ als auch das große Ding gleichzeitig ist.

2. Ryuichi Sakamoto – 12 Ø 4,22

Am 17. Januar 2023 wird der japanische Musiker, Grammy-, Oscar- und Golden Globe-Gewinner Ryuichi Sakamoto 71 Jahre alt und sein neues Album „12“ erscheint an diesem Tag: Das intime Werk steht für eine Art Neugeburt und entstand in seinem zweijährigen Kampf gegen den Krebs. Zwölf instrumentale ergreifende Kompositionen für Piano und Synthesizer sind Sakamotos Tontagebuch gegen den Tod geworden.

3. Ladytron – Time’s Arrow Ø 3,66

Zeitlose elektronische Eleganz in Sachen Art-Synthpop: Das siebte Album von Ladytron schimmert in der Spannung von Coolness und Cosiness. Die die unwiderstehliche Bitter-Süße der Band zwischen eisigen Texturen und warmem Sound gepaart mit der unverkennbaren Stimme Helen Marrnies zieht einen auch auf „Time’s Arrow“ wieder in den Bann und sie sezieren darauf einmal mehr den Synthpop: Mal klinisch rein, dann wieder knarzend technoid oder auch wärmend retrohaft – Ladytrons Sound oszilliert stets zwischen minimalistischen Strukturen und maximaler Umarmung des Hörers.

4. John Cale – Mercy Ø 3,61

Danke, dass der 80-jährige Velvet Underground-Veteran uns dieses neue Werk geschenkt hat: Zwischen Ambient und Synthsoundflächen versteckt John Cale Hip-Hop-Elemente und Post-R’n’B. Und mit Moonstruck (Nico’s Song)“ gibt es noch eine emotionale Hommage an seine damalige Velvet-Underground-Weggefährtin, während auf dem Album neue spannende Künstlerinnen wie Weyes Blos oder Actress als Gastmusikerinnen dabei sind.

5. Voodoo Jürgens – Wie Die Nacht Noch Jung Wor Ø 3,61

Und noch ein Album, das zu gut ist, um im Endjahresloch vergraben zu werden: Der „Heite grob ma Tote aus“-Sänger Voodoo Jürgens croont sich in seinem neuen Album in Richtung Tom Waits und zieht uns mit ins Beisl samt Wiener Lied und Wiener Schmäh.

6. Billy Nomates – Cacti Ø 3,60

Diese Künstlerin ist ein Multitalent: Sie schreibt, singt und spielt (Synths, Bass, Gitarre) auf ihrem zweiten Album „Cacti“, das voller zauberhafter wie stachliger Songs zwischen Indiepop, Post-Punk, Wave und Disko ist. Die Sleaford Mods und Iggy Pop sind schon Fan.

7. Iggy Pop – Every Loser Ø 3,50

Apropos Iggy Pop, der kommt jetzt auch noch und ist mit 75 Jahren (siehe John Cale) nicht einmal der älteste in unseren Januar-Charts: Nach seinem jazzig-ambientlastigen Album „Free“ (2019) besinnt sich der Godfather of Punk auf seine ursprüngliche Wurzeln, während die Texte ebenso wie die Klangpalette fest im Hier und Jetzt verortet sind. „Every Loser“ ist ein Paradebeispiel von unverfälschtem Rock’n’Roll – eine ganz eigene Klasse in der Kunst, mit unvergleichlicher Intensität und unerschütterlichem Witz gezielte Hiebe auszuteilen, die allesamt ihr Ziel treffen. Knock-out!

8. Molly – Picturesque Ø 3,50

Und noch einmal Österreich: Diesmal kein Schmäh aus Wien, sondern Shoegaze aus Innsbruck, der bereits mit dem Titel „Sigur Ros aus Tirol“ bezeichnet wurde. Bei Stereogum wurde „Picturesque“ zum Album der Woche gekürt, Molly signen auf dem renommierten Londoner Label Sonic Cathedral und das Duo wandelt damit schlafwandlerisch sicher auf den Pfaden von Slowdive, Swans oder Alcest.

9. SZA – SOS Ø 3,50

Das dritte Album von Ende 2023, das mit 23 Tracks die fünf Jahre Wartezeit der Fans gut macht: SZA lang ersehnter Zweitling ist energetisch, euphorisch und mit sattem Neosoul und feinem Oldschool R’n’B verfeinert.

10. Agar Agar – Player Non Player Ø 3,44

Dieses französische Elektro-Pop-Duo will nur spielen: Computergamesound trifft auf Eigthies-Synthpop zwischen Yazoo und knirschender Indietronica im Stil von The Knife.


Die Tonspion Jury

Astrid Clave wurde im Kölner Kompakt-Umfeld sozialisiert, bevor sie in London Drehbuch studierte. Heute schreibt sie über die elektronische Musikszene für Tonspion und Drehbücher u.a. für einen großen Streamingdienst.

Christoph Braun schreibt als freier Autor bereits seit 1996 Texte zu Musik und Popkultur, unter anderem auch für Tonspion. Aktuell arbeitet er außerdem an seinem ersten Roman und in einer Gemeinschaftsunterkunft für geflüchtete Menschen.

Christoph Prenner arbeitete nach einem Gastspiel in der Tonspion Redaktion als Chefredakteur mehrerer Magazine in Österreich. Er ist Teil des Film/Serien-Podcasts Screen Lights und des Electro-Pop-Duos Pola-Riot.

Dylan MacKenzie ist ein kanadischer Musik- und Foodblogger, der seit Kurzem in Berlin lebt.

Florian Schneider war knapp 10 Jahre die musikalische Allzweckwaffe bei Tonspion in Berlin bevor er ablösefrei zum Visions Magazin nach Dortmund wechselte. 

Kerstin Kratochwill ist promovierte Germanistin, arbeitet als Lektorin sowie Texterin und schreibt für so gut wie alle Musikmagazine, die es gibt.

Satoru Teshima ist Autor, Musiker (Elleh), Blogger (Lights and Music) und Japanisch-Übersetzer und lebt in Berlin.

Sebastian Cleeman ist Gelegenheitsautor, Ghostwriter, Mitleser, Ex-Tonspionpraktikant, Anfänger for life, macht Musik als Petula und Trommelgeräusche bei Clickclickdecker.

Udo Raaf ist Tonspion-Gründer und Online-Marketing-Spezialist und verbindet im Tonspion seit 1999 beide Leidenschaften.