Via Apport veröffentlicht Patrick Wolf sein bereits siebtes Studioalbum Crying The Neck. Es ist das erste einer vierteiligen Albumserie und verarbeitet in 13 Songs, was den Künstler in der letzten Dekade beschäftigt hat.
Obwohl Art-Pop-Fans den Briten vielleicht schon seit Lycanthropy (2004) kennen, würden sie Patrick Wolf mit diesem Konzeptalbum von einer neuen Seite entdecken. Inspiriert von lokaler Folklore und der malerischen Landschaft seiner Heimat East Kent, erzählt Wolf von der transformierenden Kraft der Trauer.
Die Karriere des Musikers spannt bereits 20 Jahre, doch Patrick Wolf hat die Horizonte seines Künstlerischen-Daseins noch längst nicht erschöpft. Nachdem es um Wolf nach seiner LP Sundark and Riverlight (2012) 10 Jahre lang ruhig war, kam der Sänger triumphierend 2023 mit der EP The Night Safari zurück und markierte damit seine Rückkehr in die Musikszene.
Es war eine dunkle Dekade für Wolf: Zwischen persönlichen Krisen, geprägt von dem Verlust seiner Mutter und der Flucht in die Sucht spürt der Musiker nun wieder festen Boden unter seinen Füßen.
Der Opener „Reculver“ eröffnet mit zarten Klavier-Klängen und Wolfs ebenso gefühlvoller Stimme in das Album. Der Song baut sich kraftvoll auf und präsentiert eine Bandbreite an Instrumenten, zu denen sich Wolf schon zu Beginn seiner Karriere hingezogen gefühlt hat. Darunter Viola, Appalachian Dulcimer, Bariton-Ukulele, Kantale und der Atari, den er einst als Programmierer verwendete.
„Let’s go really into all the things I’ve returned to with my hands and use the muscle memory to develop my craft,“
erklärt Wolf über sein neues Album. „Reculver“ fing er bereits mit sechzehn Jahren an zu schreiben und versetzt ihn nun in den Kontext der Gegenwart. Beim Hauskauf in Kent, in der Nähe der Reculver-Türme, kehrte das Lied in eine neue Form zurück – die Beats stammen noch aus dieser frühen Zeit.
Aufgenommen wurde Crying The Neck in einem friedlichen Studio in Mitten von Wolfs Garten in der Küstenstadt Ramsgate. Hier fand er in seinem ruhigen Studio zu seiner Stimme wieder. In einer Zeit des Wiederaufbaus schrieb, komponierte, produzierte und arrangierte der Künstler selbst das Album – eine Rückkehr zu seinen musikalischen Ursprüngen, begleitet von Brendan Cox als Co-Produzent und Toningenieur, der in den letzten drei Jahren half, das Album zu vollenden.
Wolf begibt sich für sein siebtes Album tief in die Recherche über die lokale Folklore und stößt auf Riten die ihn bewegen. In „Better Or Worse“ singt er von transformativen Kräften, die ein hölzernes Spielzeugpferd mit magischen Fähigkeiten wiederkehren lassen. Dies liest Wolf als Metapher der Wiederauferstehung:
„For me, this was a beautiful metaphor of grief and how somebody gets resurrected within your life, that they do actually come back with magic powers, they become a supernatural guide.“
Auch „Hymn Of The Haar“ wird vervollständigt durch seine Erfahrung mit dem Tod. An seinem üblichen „writing spot“, auf einer Bank an Englands Küste, blickt Wolf eines morgens auf den leblosen Körper eines geflüchteten Jungens. Für ihn ein tragisches Sinnbild der Krise und der Vergessenheit:
„The next day, there was nothing, no mention in the press, the body was just taken away. It was like this ghost. I saw the arrival and disposal of his existence incredibly dehumanizing,“
so der Künstler über die prägende Erfahrung.
Nachdem Wolfs Mutter in 2018 starb, beschäftigte sich der Musiker ganz bewusst mit Trauer und stößt hier auf die Bezeichnung „crying the neck“ – ein traditioneller Ernteschrei, der beim Abschneiden des letzten Halmes des Getreides geäußert wurde. Der Albumtitel wurde geboren: Dieses Ritual der Fruchtbarkeit und Ernte formt für Wolf eine ausschlaggebende Metapher des Todes.
„Jupiter“ spielt in den Randbezirken von Kent, wo die Stadt-Fassaden ins ländliche Nichts verlaufen. Ein Pfeifen formt die Basis des Songs. Es ist wortwörtlich eine Momentaufnahme des vergangenen Sommers – ein Handy mitschnitt – indem Wolf Zeit in der Reha verbrachte. Die Stimme von Dr. Dame Maggie Aderin Pocock ist zu hören, die über ihre eigene Erfahrung mit dem Planeten Jupiter philosophiert.
Desweiteren sind die Stimmen von Zola Jesus („Limbo“) und Serafina Steer („Lughnasa“) auf dem Album zu hören.
Der Aufbau von Crying The Neck ist inspiriert an der Natur seiner Heimat. Mit „The Last Of England“ hofft der Künstler ein nuanciertes Portrait seiner Heimat zu kreieren:
„England is beautiful and rotten at the same time, and I am part of it,“
erklärt Wolf und blickt durch die Linse der ökonomischen und migrantischen Krise, dessen Folgen er mit eigenen Augen miterlebt.
Crying The Neck reist bis hin zur Halbinsel Foreland an die Nordseeküste und findet hier, im gleichnamigen Abschlusstrack des Albums, seinen Aussichtspunkt um die Vergänglichkeit wie auch das Fortschreiten des Lebens zu reflektieren.
Crying The Neck erschien am 13. Juni 2025 via Apport.
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