Am 30. Jahrestag von The Great Escape, dem vierten Blur-Album, meldet sich Damon Albarn mit seinem bekanntesten Nebenprojekt zurück: Gorillaz veröffentlichen am 20. März 2026 ihr neuntes Studioalbum The Mountain. Die erste Single The Happy Dictator, entstanden in Zusammenarbeit mit dem Art-Pop-Duo Sparks, ist ab sofort online.
Damon Albarn ist heute wohl der hardest working man im Showbusiness. Seit dem Jahr 2000 war er an grob überschlagen 28 Alben beteiligt, darunter Soloalben, Bandalben mit Blur und seinem erfolgreichen Projekt Gorillaz. Das kommt nun mit einem neuen Album zurück.
Mit einer langen Liste an hochkarätigen Kollaborationen setzt The Mountain die Tradition der Band fort, Popmusik mit globalen Perspektiven, klanglicher Vielfalt und politischer Satire zu verbinden. Erscheinen wird das Album auf dem neuen bandeigenen Label KONG.
The Mountain ist ein typisches Gorillaz-Projekt, das sich stilistisch kaum fassen lässt. Albarn und Co-Produzent Remi Kabaka Jr. versammeln ein globales Ensemble von Musiker*innen, darunter etablierte Legenden, neue Stimmen und überraschende Features aus unterschiedlichsten Musikszenen. Produziert wurde das Album unter anderem mit James Ford (u.a. Arctic Monkeys, Depeche Mode), Samuel Egglenton und Bizarrap.
Die Aufnahmen fanden in London, Indien, Syrien, Los Angeles und Miami statt. Entsprechend vielfältig ist die musikalische Sprache: Gesungen wird auf Englisch, Arabisch, Spanisch, Hindi und Yoruba. Damit knüpft The Mountain an das kaleidoskopartige Klangbild des Vorgängers Cracker Island (2023) an, erweitert das Spektrum aber noch einmal deutlich.
Die erste Single The Happy Dictator stellt mit Sparks ein Duo in den Mittelpunkt, das wie kaum ein anderes für theatralischen Pop, Doppeldeutigkeit und kluge Ironie steht. Der Song präsentiert sich als schillerndes Synthpop-Stück mit Musical-Charakter. In typischer Sparks-Manier wechseln sich hymnische Zeilen mit spitzen Kommentaren ab: „I am the one to give you life again / I am the one to save your soul, amen.“
Neben Sparks finden sich auf The Mountain zahlreiche prominente wie überraschende Kollaborationen. Alphabetisch geordnet reichen die Gastbeiträge von Ajay Prasanna über Asha Bhosle, Black Thought, Johnny Marr und Omar Souleyman bis hin zu Yasiin Bey. Auch die verstorbenen Künstler Bobby Womack, Dave Jolicoeur (De La Soul), Dennis Hopper, Mark E. Smith (The Fall), Proof (D12) und der legendäre Schlagzeuger Tony Allen sind mit Archivmaterial vertreten, ein Rückgriff auf die multiperspektivische Erzählweise, für die Gorillaz seit ihren Anfängen stehen.
Eine besondere Rolle spielt Anoushka Shankar, die auf gleich fünf Tracks zu hören ist. Ihre Sitar verankert das Album immer wieder in der klassischen indischen Musik und eröffnet damit klangliche Räume, die in der Popmusik nach wie vor selten betreten werden.
Tracklist von The Mountain
- The Mountain (feat. Dennis Hopper, Ajay Prasanna, Anoushka Shankar, Amaan Ali Bangash & Ayaan Ali Bangash)
- The Moon Cave (feat. Asha Puthli, Bobby Womack, Dave Jolicoeur, Jalen Ngonda & Black Thought)
- The Happy Dictator (feat. Sparks)
- The Hardest Thing (feat. Tony Allen)
- Orange County (feat. Bizarrap, Kara Jackson & Anoushka Shankar)
- The God Of Lying (feat. IDLES)
- The Empty Dream Machine (feat. Black Thought, Johnny Marr & Anoushka Shankar)
- The Manifesto (feat. Trueno & Proof)
- The Plastic Guru (feat. Johnny Marr & Anoushka Shankar)
- Delirium (feat. Mark E. Smith)
- Damascus (feat. Omar Souleyman & Yasiin Bey)
- The Shadowy Light (feat. Asha Bhosle, Gruff Rhys, Ajay Prasanna, Amaan Ali Bangash & Ayaan Ali Bangash)
- Casablanca (feat. Paul Simonon & Johnny Marr)
- The Sweet Prince (feat. Ajay Prasanna, Johnny Marr & Anoushka Shankar)
- The Sad God (feat. Black Thought, Ajay Prasanna & Anoushka Shankar)
Biografie Gorillaz: Die virtuelle Band, die Pop neu erfand
Die Gorillaz gehören zu den innovativsten und eigenwilligsten Projekten der Popgeschichte. Als fiktive Band konzipiert, als multimediales Kunstprojekt umgesetzt und musikalisch irgendwo zwischen Hip-Hop, Dub, Electronica und Britpop angesiedelt, sprengte das Kollektiv um Damon Albarn und Jamie Hewlett von Beginn an die Grenzen des Machbaren. Was 1998 als medienkritischer Gag begann, entwickelte sich über die Jahre zu einer globalen Marke.
„Gorillaz“ (2001)
Als das selbstbetitelte Debütalbum im Jahr 2001 erscheint, weiß zunächst niemand so recht, was von dieser „virtuellen Band“ zu halten ist. Die vier animierten Mitglieder – der melancholische Sänger 2-D, der aggressive Bassist Murdoc Niccals, der hyperaktive Drummer Russel Hobbs und das japanische Wunderkind Noodle an der Gitarre – sind nicht mehr als Avatare. Doch hinter der Cartoon-Fassade steckt echte musikalische Substanz: Damon Albarn (Blur) trifft auf Produzent Dan the Automator und DJ Kid Koala, ergänzt um den Rapper Del the Funky Homosapien.
Mit Tracks wie „Clint Eastwood“, „Tomorrow Comes Today“ oder „19-2000“ gelingt ein überraschender Spagat aus Trip-Hop, Dub, Rap und Pop, der vor allem außerhalb Großbritanniens für Aufsehen sorgt. Die Gorillaz werden zum Popphänomen – nicht zuletzt durch ihre aufwendig animierten Videos, die von Jamie Hewlett stammen, dem Co-Schöpfer des Kult-Comics Tank Girl.
„Demon Days“ (2005)
Vier Jahre später erscheint mit Demon Days ein deutlich düsteres, konzeptueller angelegtes Album. Produziert von Danger Mouse, entwickelt sich die Platte zu einem weltweiten Erfolg. Songs wie „Feel Good Inc.“, „DARE“ oder „Dirty Harry“ prägen die 2000er-Jahre maßgeblich mit und zeigen ein musikalisch gewachsenes Projekt, das sich gesellschaftskritischer und politischer gibt. Themen wie Konsum, Krieg, Klimawandel und Isolation ziehen sich durch das gesamte Album, allerdings subtil verpackt in tanzbare Arrangements und eingängige Refrains.
Besonders markant ist die Auswahl an Gästen: De La Soul, MF DOOM, Shaun Ryder, Roots Manuva und Dennis Hopper geben dem Album eine internationale, vielstimmige Tiefe. Mit Demon Days gelingt den Gorillaz endgültig der Sprung von einer cleveren Idee zu einer ernstzunehmenden Stimme im Popdiskurs.
„Plastic Beach“ (2010)
Plastic Beach ist das ambitionierteste Album der Gorillaz und zugleich ihr visuelles und erzählerisches Zentrum. Die fiktive „Plastic Beach“, eine schwimmende Müllinsel im Ozean, dient als Metapher für die Entfremdung des Menschen von der Natur und seiner Umwelt. Die Liste der Gäste ist so lang wie beeindruckend: Lou Reed, Snoop Dogg, Bobby Womack, Mos Def, De La Soul, Little Dragon, Mark E. Smith und viele weitere wirken mit.
Musikalisch bewegt sich das Album zwischen orchestralen Stücken, Funk, Synthpop und orientalisch geprägten Klanglandschaften. Der rote Faden bleibt: Die Gorillaz erzählen ihre Geschichte nicht linear, sondern über Stimmungen, Klangfarben und visuelle Konzepte. In den begleitenden Musikvideos und der Lore um die Bandmitglieder wird die narrative Welt weiter ausgebaut.
„The Fall“ (2011)
Weniger als ein Jahr nach Plastic Beach erscheint The Fall, ein experimentelles, introspektives Album, das während der Nordamerika-Tour aufgenommen wurde. Damon Albarn produziert die gesamte Platte auf einem iPad, die Tracks wirken skizzenhaft und roh. Im Vergleich zu den orchestralen Arrangements des Vorgängers ist The Fall minimalistisch, fast lo-fi.
Obwohl es unter Fans eher als Nebenprojekt gilt, liefert The Fall dennoch interessante Einblicke in den kreativen Prozess der Band und markiert eine Art Klammer für die erste große Gorillaz-Phase, die danach für einige Jahre auf Eis gelegt wird.
„Humanz“ (2017)
Nach sechs Jahren Funkstille kehren die Gorillaz mit Humanz zurück – einem Album, das sich mit der gesellschaftlichen Fragmentierung im Zeitalter von Trump, Brexit und digitaler Überflutung auseinandersetzt. Das Album ist vollgestopft mit Features: Grace Jones, Vince Staples, Pusha T, Kali Uchis, Danny Brown, Popcaan, Kelela, D.R.A.M., Benjamin Clementine und viele andere prägen das Bild einer hypervernetzten, postfaktischen Welt.
Musikalisch dominieren elektronische Beats, schnelle Schnitte und ein fast überfordernder Ideenreichtum. Humanz ist kein einfaches Album, sondern eher eine Soundcollage.
„The Now Now“ (2018)
Bereits ein Jahr später erscheint mit The Now Now ein deutlich reduzierteres Album, das fast vollständig von Damon Albarn allein eingesungen wurde. Die Zahl der Gäste ist minimal, der Sound entspannter und fokussierter. Songs wie „Tranz“, „Lake Zurich“ oder „Humility“ (feat. George Benson) erinnern an funkigen 80s-Pop, gepaart mit melancholischer Albarn-Melodik.
The Now Now wirkt wie ein bewusster Gegenentwurf zum überfrachteten Humanz – ein Moment der Ruhe inmitten der medialen Dauerbeschallung.
„Song Machine, Season One: Strange Timez“ (2020)
Mit Song Machine erfinden sich die Gorillaz erneut neu, diesmal als Web-Serie. Über das Jahr 2020 hinweg veröffentlichen sie in monatlichem Rhythmus neue Tracks mit jeweils wechselnden Gästen. Das Konzept erinnert an eine digitale Jukebox und bringt dabei Songs mit Künstler*innen wie Robert Smith (The Cure), St. Vincent, Elton John, Slowthai, EarthGang, Beck und Octavian hervor.
Song Machine ist kein klassisches Album, sondern eher ein musikalisches Staffelmodell. Die Tracks sind lose miteinander verbunden, aber jeder für sich ein kleiner Kosmos. Auch hier zeigt sich wieder der experimentelle Geist des Projekts – offen für Formate, Plattformen und Kollaborationen.
„Cracker Island“ (2023)
Mit Cracker Island schlagen die Gorillaz ein neues Kapitel auf, das sich wieder stärker an klassischen Songstrukturen orientiert. Produziert mit Greg Kurstin und unter anderem mit Features von Thundercat, Stevie Nicks, Bad Bunny, Beck und Tame Impala ist das Album musikalisch zugänglicher als viele Vorgänger – mit funkigen Basslines, Disco-Elementen und dystopischen Lyrics über Desinformation und digitale Isolation.
Die fiktive Geschichte der Band dreht sich diesmal um eine Sekte, die sich auf einer geheimen Insel verschanzt, eine klare Allegorie auf Verschwörungstheorien, Internetblasen und die Sehnsucht nach einfachen Wahrheiten. Das visuelle Storytelling bleibt dabei weiterhin fester Bestandteil der Gorillaz-Welt.
„The Mountain“ (2026)
Mit dem angekündigten Album The Mountain (erscheint im März 2026) erreicht das Projekt eine neue Stufe der globalen Vernetzung. Noch nie war die Gästeliste so international und vielfältig: von Black Thought über Sparks und IDLES bis hin zu klassischen indischen Musiker*innen wie Anoushka Shankar oder der Bollywood-Ikone Asha Bhosle.
Was die Gorillaz seit über zwei Jahrzehnten auszeichnet, ist ihre Fähigkeit, sich ständig neu zu erfinden, ohne den Kern des Projekts zu verlieren. Die Verbindung von Musik, Animation, Narration und globaler Kollaboration bleibt einzigartig im Pop. In einer Zeit, in der viele Bands sich auf nostalgische Reproduktionen verlassen, setzen Gorillaz auf Fortschritt – manchmal überladen, manchmal kryptisch, aber immer neugierig, verspielt und eigenständig.