Berlin Boys: Mittlerweile leben die Pet Shop Boys in der deutschen Hauptstadt und haben mit „Hotspot“ eine retromoderne Liebeserklärung an die Metropole und die Popmusik selbst verfasst.
Bereits der Eröffnungssong „Will-O-The-Wisp“ lädt ein zur fröhlichen Fahrt mit der U1 zwischen Nollendorfplatz und Warschauer Straße (von Neil Tennant charmant ausgesprochen) und frohlockt „The U1 is such a party train“. In der leicht angekitschten Ballade „You Are The One“ dreht das Duo dann eine Runde um den Schlachtensee, um dann in „Seelendorf“ (sprich: Zehlendorf) noch in aller Ruhe einen Kuchen zu essen.
Man kann sich förmlich vorstellen wie die beiden es genießen, unerkannt durch die feiernden, jungen und alltäglichen Menschenmassen in Berlin zu schlendern. Stille Beobachter, die das Gesehene in ihre eigene Kunst transformieren. Die beiden Ü-60-Jährigen sind damit so etwas die der musikalische Konterpart zu dem Künstlerpaar Gilbert & George – einem großen Vorbild der Pet Shop Boys – die ähnlich unerkannt im Londoner Viertel Spitalfields agieren.
Video: Pet Shop Boys (feat. Years & Years) – Dreamland
Nach diesen zwei starken ersten Songs folgen mit „Happy People“ und „Dreamland“ (zusammen mit Years & Years) harmloser Synthiepop, der an einem vorbeiplätschert und mit seinem generischen Sound auch von irgendjemand sonst stammen könnte.
Doch das ist das einzige kleine Tief im ansonsten rundum gelungenen Album: Melancholisches, das die Achtziger mit dem neuen Jahrzehnt verbindet wie „Hoping For A Miracle“ verbindet sich mit schillernder Clubkultur wie in „I don’t wanna“, bei dem die Pet Shop Boys zeigen, dass sie immer noch vom Dancefloor fasziniert sind, allerdings stehen sie nicht im grellen Licht der Discokugel, sondern analysieren am Rand den Sound und bauen ihn dann in ihre Melodien ein.
Elekrofunk, House und Synthiepop, all diese Zutaten sind auf dem neuen Album zu finden. und dass man sie im Video zu „Monkey Business“ dabei beobachten kann, wie sie so etwas Ähnliches wie „tanzen“ vollführen, erinnert natürlich wieder an die Performance „Bend It“ von Gilbert & George.
Video: Pet Shop Boys – Monkey Business
Mit „Hotspot“, in den legendären Hansa-Studios aufgenommen, schließen sich die Pet Shop Boys anderen Künstlern mit einem eigenen „Berlin“-Album an, wie beispielsweise David Bowie oder U2. In dieser Tradition wurde das Album mit analogen Keyboards eingespielt und der Zeitgeist zwischen Hedonismus und Melancholie spielt eine große Rolle: Sie zeigen spielend wie überbordende Freude („Monkey Business“) und entspannte Gelassenheit („Burning The Heather“ mit Suede-Gitarrist Bernard Butler) locker zusammengehen.
Den überdrehten Schlusspunkt von „Hotspot“ bildet schließlich der skurrile Song „Wedding In Berlin“ samt eingespieltem Hochzeitsmarsch von Felix Mendelssohn Bartholdy, stampfendem Partyelectro und glückseligem Glockengebimmel, der angesichts der entstandenen Hochzeitsindustrie vielleicht das „Last Christmas“ der Pet Shop Boys werden könnte, denn er ist sowohl an die „gays“ sowie „straights“ adressiert – also an alle. Clever. Genauso clever wie „Hotspot“ insgesamt, das die Pet Shop Boys mit schlauen Popsongs wieder zu Recht zurück in die Popwelt katapultiert.
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