ALBUM DER WOCHE – Mit „Am Anfang“ schließt Tristan Brusch seine Albumtrilogie ab. Entstanden ist ein dritter Teil, der sich musikalisch wie inhaltlich weiter öffnet und doch konsequent im Spannungsfeld zwischen romantischer Verklärung und existenzieller Selbstbefragung bleibt.
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Aufgenommen wurde das Album gemeinsam mit Produzent Olaf Opal in einem ehemaligen Kinderheim nahe der dänischen Grenze. Musikalisch setzen Streicherarrangements von Friedrich Paravicini elegante Kontrapunkte zu Bruschs textlicher Radikalität. Dabei gelingt es ihm, das Morbide und das Schöne so eng zu verweben wie selten in der deutschsprachigen Popmusik.
Die erste Single „Grundsolider Schläger“ erzählt von Kontrollverlust und Selbstverleugnung, getragen von einer Melodie, die ins rauschhafte kippt. Die orchestrale Memento-Mori-Ballade „Geboren um zu sterben“ markiert das emotionale Zentrum der Platte während „Vierzehn“ mit New-Wave-Anleihen jugendliche Hybris und Ernüchterung in einem Song vereint.
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Brusch verzichtet weitgehend auf plakative Statements, sucht lieber die Zwischentöne und ließ sich dafür vom französischen Chanson der 60er und 70er Jahre inspirieren. Statt einer linearen Erzählung entsteht ein Netz aus Fragmenten, Rückverweisen und poetischen Bildern, die die Trilogie als geschlossenes Kunstwerk rahmen.
Die Geister von Hildegard Knef und Rio Reiser hallen in den Songs von Brusch nach und es ist schön zu hören, dass diese große Liedkunst auch heute noch gemacht wird, auch wenn das wirtschaftlich heute kaum noch trägt. Mit dem eigenen Label “Wasser & Licht” versucht Brusch sich gegen die Widrigkeiten des Musikgeschäfts zu stemmen und beschreibt das mit entwaffnender Offenheit:
„Es sind wirklich keine rosigen Zeiten für die Musik: Der Markt für physische Tonträger geht immer weiter zurück und die Streamingdienste lohnen sich eigentlich nur für ganz wenige, sehr erfolgreiche Künstler. Mit Musik Geld für einen Lebensunterhalt zu verdienen, ist fast unmöglich.
Hand aufs Herz: Bis zu meinem letzten Album hat sich meine Karriere mehr oder weniger wie eine Aneinanderreihung von Misserfolgen angefühlt.“ (Tristan Brusch)
Streaming stellt für Musiker, die nicht für Spotify Algorithmen oder Charts produzieren vor eine schier unlösbare Herausforderung dar. Deshalb müssen wir, die wir solche Musik hören wollen, auch andere Wege suchen, um dafür zu bezahlen.
“Am meisten unterstützt man Musiker übrigens über Tickets und Merch. Die Musik selber ist finanziell gesehen quasi nur die Visitenkarte. Die Bundles in der Brusch Boutique sind also kein cleverer Marketing Gag, sondern essenziell für meinen Lebensunterhalt und auch für die Produktion der nächsten Alben.” (Tristan Brusch)
„Am Anfang“ ist nicht nur Neubeginn, sondern auch ein vorläufiges Ende. Und ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass Tristan Brusch derzeit einer der eigenständigsten und besten Songwriter im deutschsprachigen Raum ist. Wir sind jetzt schon gespannt, was da als nächstes kommt.
Tristan Brusch auf Tour
- 10.03.2026 GÖTTINGEN, Musa e. V. Tickets
- 11.03.2026 KÖLN, Club Bahnhof Ehrenfeld Tickets
- 12.03.2026 ESSEN, Zeche Carl Tickets
- 13.03.2026 BREMEN, Kulturzentrum Lagerhaus Tickets
- 14.03.2026 HAMBURG, Mojo Club Tickets
- 18.03.2026 DRESDEN, beatpol Tickets
- 19.03.2026 ERLANGEN, E-Werk Erlangen Tickets
- 20.03.2026 MÜNCHEN, Ampere / Muffatwerk Tickets
- 21.03.2026 STUTTGART, Im Wizemann (Studio) Tickets
- 22.03.2026 WIESBADEN, Schlachthof Wiesbaden Tickets
- 27.03.2026 LEIPZIG, UTConnewitz e. V. Tickets
- 28.03.2026 BERLIN, HUXLEY'S NEUE WELT Tickets
Tristan Brusch – Zwischen Chanson, Pop und Abgrund
Tristan Brusch gehört zu den ungewöhnlichsten Songwritern der deutschsprachigen Musikszene. Mit einer unverkennbaren Stimme, großer textlicher Präzision und einer Vorliebe für das Theatralische bewegt er sich seit Jahren souverän zwischen Kunstlied, Pop und Chanson, ohne sich einer Szene oder Kategorie eindeutig zuordnen zu lassen.
Geboren 1988 in Berlin und aufgewachsen in einem musikalischen Elternhaus, beginnt Brusch früh, sich für Sprache und Klang zu interessieren. Er studiert Gitarre und Komposition, zunächst klassisch geprägt, doch schnell wird klar, dass ihn die Grenzen des akademischen Betriebs nicht interessieren. Stattdessen entwickelt er eine eigenwillige Form von Songwriting, die gleichermaßen von Jacques Brel, Rio Reiser und David Bowie beeinflusst scheint.
Seine ersten musikalischen Spuren hinterlässt Brusch in der Indie-Szene, etwa als Teil des Duos Faunafix & Fuchs. 2018 erscheint mit „Das Paradies“ sein erstes Soloalbum – eine düster-romantische Sammlung von Liedern, in denen Brusch bereits zentrale Themen seines Werks anreißt: Verfall, Liebe, Abhängigkeit, Begehren und Scheitern. Die Musik changiert zwischen barockem Pop, elektronischen Einflüssen und klassischem Liedermacher-Handwerk, während die Texte zwischen Pathos und Ironie balancieren.
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Der eigentliche künstlerische Durchbruch gelingt mit der Trilogie, die 2021 mit dem Album „Am Rest“ beginnt. Es folgt „Am Wahn“ (2023), schließlich „Am Anfang“ (2025) – ein Projekt, das nicht nur musikalisch, sondern auch inhaltlich als geschlossenes Werk funktioniert. Mit jeder Veröffentlichung verfeinert Brusch sein Stilmittelarsenal: orchestrale Arrangements, dramatische Harmoniewechsel, lyrische Metaphern und ein tiefes Gespür für sprachliche Ambivalenzen.
Bruschs Musik ist immer auch Performance. Seine Live-Auftritte sind intensiv, oft exzessiv, aber nie kalkuliert. Er spielt mit Nähe und Distanz, mit Rollenbildern und Brüchen, bleibt dabei aber stets nahbar. In Interviews gibt er sich reflektiert, manchmal zurückhaltend, aber immer mit klarem künstlerischem Standpunkt.
Neben seiner Solokarriere arbeitet Brusch auch als Songwriter für andere Künstler*innen und ist regelmäßig als Gast auf Alben oder in Kollaborationen zu hören. Trotz wachsender Bekanntheit vermeidet er die Mechanismen des Popbetriebs weitgehend, sein Werk steht im Zentrum, nicht die Inszenierung der eigenen Person.