Michael Eugene Archer, besser bekannt als D’Angelo, ist tot. Der amerikanische Sänger, Songwriter und Produzent starb am Dienstagmorgen, dem 14. Oktober 2025, im Alter von 51 Jahren in seinem Haus in New York an den Folgen von Bauchspeicheldrüsenkrebs.
„Der strahlende Stern unserer Familie hat sein Licht in diesem Leben für uns gedimmt“, heißt es in einem offiziellen Statement seiner Familie. „Nach einem langen und mutigen Kampf gegen den Krebs sind wir untröstlich, den Verlust von Michael D’Angelo Archer zu verkünden. Wir bitten in dieser schweren Zeit um Privatsphäre, laden aber alle dazu ein, gemeinsam um ihn zu trauern und seine Musik zu feiern.“
Mit seinem Debütalbum Brown Sugar (1995) brachte D’Angelo eine neue Klangfarbe in den R&B der 90er-Jahre. Inspiriert von Prince, Marvin Gaye und Hip-Hop-Produzenten wie DJ Premier verband er klassische Soulstrukturen mit modernen Beats und laid-back Grooves. Der Titelsong sowie die Single Lady wurden zu internationalen Hits und etablierten ihn als Aushängeschild einer aufkommenden Bewegung, die später als Neo-Soul bezeichnet wurde.
Fünf Jahre später folgte das stilprägende Album Voodoo, das D’Angelo endgültig als musikalisches Ausnahmetalent positionierte. Mit einem entschlackten, auf das Wesentliche reduzierten Sound und Songs wie Untitled (How Does It Feel), das ihm nicht nur künstlerische Anerkennung, sondern auch den Status eines Sexsymbols einbrachte, prägte er eine ganze Generation von Künstler:innen.
Trotz seines Erfolgs zog sich D’Angelo immer wieder aus der Öffentlichkeit zurück. Zwischen Voodoo und dem dritten Album Black Messiah (2014) lagen 14 Jahre, in denen sich der Sänger mit persönlichen Krisen, dem Druck der Industrie und gesundheitlichen Problemen auseinandersetzte. Seine Rückkehr kam überraschend: Ohne Vorankündigung veröffentlichte er Black Messiah kurz nach den Protesten in Ferguson. Das politisch aufgeladene Album griff Themen wie Rassismus und soziale Ungleichheit auf und wurde von der Kritik gefeiert. Es brachte ihm zwei weitere Grammys ein, unter anderem für das beste R&B-Album.
Trotz seines zurückgezogenen Lebensstils blieb D’Angelo ein fester Bezugspunkt für die moderne Soul- und R&B-Szene. Künstler:innen wie Frank Ocean, Solange, Anderson .Paak, H.E.R. oder Doja Cat nennen ihn als entscheidenden Einfluss. Auch Produzenten wie Questlove oder Raphael Saadiq arbeiteten regelmäßig mit ihm zusammen oder zitierten seinen Stil.
Biografie D’Angelo
Geboren wurde D’Angelo 1974 in Richmond, Virginia, als Sohn eines Pfingstpastors. Früh zeigte sich seine musikalische Begabung: Bereits mit drei Jahren begann er Klavier zu spielen, später trat er in der Kirche und mit lokalen Bands auf. Zu seinen ersten Gruppen zählten Three of a Kind, Michael Archer and Precise sowie die Formation Intelligent, Deadly but Unique (IDU).
Mit 19 Jahren unterschrieb er seinen ersten Plattenvertrag bei EMI. Ein Jahr später landete er seinen ersten Hit als Co-Autor und Produzent des Songs U Will Know, der von einem Superprojekt aus männlichen R&B-Stars eingesungen wurde, darunter Usher, Boyz II Men, Brian McKnight und Raphael Saadiq.
Trotz seines frühen Ruhms kämpfte D’Angelo immer wieder mit dem Druck, Erwartungen zu erfüllen. Nach dem überwältigenden Erfolg von Voodoo zog er sich fast vollständig zurück. Der Bruch mit dem Musikbusiness war nicht öffentlich, aber spürbar. In Interviews sprach er später offen über seine Schwierigkeiten mit dem plötzlichen Ruhm, die daraus resultierende Schreibblockade und seine zunehmende Abneigung gegenüber einem System, das Künstler oft auf kommerzielle Aspekte reduziert.
In den letzten Jahren hatte sich D’Angelo erneut rar gemacht. Seine letzten öffentlichen Auftritte lagen Jahre zurück, Tourneen wurden mehrfach verschoben oder abgesagt. Dass er schwer krank war, war nicht bekannt. Die Nachricht von seinem Tod kam für viele überraschend.
Auf Social Media reagierten Wegbegleiter, Freund und Kolleg mit bewegenden Worten. Funk-Legende Bootsy Collins schrieb: „Say it ain’t so, but we just lost a friend, a creator & legend, D’Angelo.“ Doja Cat nannte ihn eine „wahre Stimme des Souls und Inspiration für viele Künstler unserer Generation und der kommenden.“ Auch Jill Scott erinnerte in einem emotionalen Post an den Einfluss des Sängers: „Ich habe ihn nie getroffen, aber ich liebe ihn, respektiere ihn, bewundere sein Talent. Dieser Verlust tut weh. R.I.P. GENIUS.“
D’Angelo gewann im Laufe seiner Karriere vier Grammy Awards. 2001 wurde Voodoo als bestes R&B-Album ausgezeichnet, 2016 wiederholte er diesen Erfolg mit Black Messiah. Dazu kamen Preise für Really Love (beste R&B-Song) und Untitled (How Does It Feel) (beste R&B-Performance). Letzterer zählt bis heute zu den ikonischsten Songs des Genres und war mitverantwortlich für den Hype um das Musikvideo, das D’Angelo halbnackt vor schwarzem Hintergrund zeigt, eine bewusste Dekonstruktion männlicher Sexualität in der Popkultur.
Trotz der vergleichsweise wenigen Veröffentlichungen bleibt D’Angelo ein zentraler Fixpunkt für den modernen Soul. Seine Alben gelten als Meilensteine, sein Sound als Blaupause für eine neue Generation von Musiker:innen, die Intimität, politisches Bewusstsein und musikalische Tiefe in ihren Werken vereinen.