Ein Metal-Priester legt seine Beichte ab: Judas-Priest-Sänger Rob Halford schreibt in seiner Autobiografie „Ich bekenne“ offen, humorvoll und ehrlich über sein außerordentlichen Leben.
Im englischen Original heißt die Autobiografie von Rob Halford „I confess“ und die Bedeutung liegt damit eigentlich zwischen „gestehen“, „beichten“ und „zugeben“ – alles Akte, die einen weitaus dramatischeren Klang haben als das deutsche „bekennen“.
Denn es gestehen Verbrecher ihre Taten sowie Sünder beichten die ihren, der Heavy-Metal-Sänger gibt aber eigentlich nur eine Sache zu, die heute – noch dazu im Musikbusiness – keine Schlagzeile mehr wert sein sollte: seine Homosexualität. Doch die Metalmusik, obendrein die der Siebziger-, Achtzigerjahre und auch noch Neunzigerjahre ist geprägt von Machismen und Konservatismus und somit bricht er durchaus die Regeln seiner Branche mit einem Leben, zu dem er sich erst bekennen muss.
Video: Judas Priest – Breaking The Law
Judas Priest, deren Namen dem Bob Dylan Song „The Ballad of Frankie Lee and Judas Priest“ entlehnt ist, besteht bereits seit 1969 und Robert John Arthur Halford stößt schließlich 1972 zu der Band aus Birmingham, um deren Sänger zu werden. Mit schwarzem Lederoutfit und schriller Sirenenstimme mit einem Umgang von 4½ Oktaven peitscht er die Gruppe zu einer der erfolgreichsten wie markantesten Acts im Heavy-Metal-Zirkus.
Bis 1991 predigt er darin in exzessiven Shows den Metal, zelebriert die Messen für die Fans als ein gefeierter Schamanen-Star und trägt den Beinamen „Metal God“. Privat ist Halford hingegen über Jahrzehnte lang frustriert und depressiv, verbirgt seine Homosexualität und stirbt fast an diesem Doppelleben, das ihn zu Alkohol und Drogen treibt und in dem er den Selbstmord eines „gequälten Liebhabers“ verkraften muss:
„Im Schlafzimmer hieß ich Robert John Arthur Halford (…), ein trauriger, verwirrter Kerl, der sich (…) verzweifelt nach verbotenen Früchten verzehrte: nach einer intimen Beziehung mit einem Mann.“
Als erster homosexueller Heavy-Metal-Sänger outet er sich schließlich 1998 und 2003 kehrt er zu einem umjubelten Comeback bei Judas Priest zurück. In einem Interview mit MTV sagt er damals live im Fernsehen: „Ich denke, die meisten Leute wissen, dass ich mein ganzes Leben lang ein schwuler Mann gewesen bin. Das ist etwas, das ich erst seit jüngster Zeit mit Gelassenheit ansprechen kann … etwas, das einen bestimmten Zeitpunkt braucht, um darüber zu reden – und dieser Punkt ist nun gekommen.“
Mittlerweile sieht sich der fast 70-Jährige als „die Regenbogenfahne des Metals“ und als „schwuler Heavy-Metal-Christ“: Halford spielt immer wieder mit diesem quasi-religiösen Unterton. Er verbindet seine Kindheit bei Birmingham mit all seinen Stahlfabriken, aus denen er den „Heavy Metal bereits riechen und schmecken konnte, bevor diese Musik überhaupt erfunden war“ (man denke an das erfolgreiche Album der Band namens „British Steel“) mit seinem jetzigen Musiker-Ich, das die farbenfrohe Tastatur auch in den zunächst nur hypermaskulinen Metal brachte. Halford ist mittlerweile frei von diesem Klischee, glücklich liiert und bekennt: Er bete jeden Abend.
Die Band habe im Übrigen immer gewusst, dass er schwul sei, schreibt Halford in seiner Autobiografie. Vielleicht hätten auch die Fans nur besser zuhören müssen, denn in Songs wie „Raw Deal“ oder „Jawbreaker“ aus dem Jahr 1977 geht es bereits um feiernde schwule Männer und explizit um einen Riesenpenis, der einem Typen, der sich mit ihm vergnügt, den Kiefer brechen kann. Erkannt hat damals niemand dieses zwar lautstark gesungene, aber eigentlich stumme Bekenntnis Halfords.
Video: Judas Priest – Raw Deal
Erstaunlicherweise hat auch niemand sein Outfit mit schwarzem Leder, Nieten, Handschellen und Peitsche als typisch schwule Subkultur-Kleidung gedeutet oder gar die Bandanas an Halfords nietenbesetzten Beinschienen als Homo-Signale zum Thema Fisting, vielmehr mutierte dieser Leder-und-Nieten-Look sogar zu einem eindeutig heterosexuell konnotierten Heavy-Metal-Klischee. Die harte starke Kulisse dieser Szene und die weiche Innenwelt Halfords zerreißen ihn beinahe, wie er schreibt:
„Es gab viele Momente in meinem Leben, in denen ich dachte, nicht mehr atmen zu können. Es gab die klaustrophobischen, erdrückenden Jahre, so viele, in denen ich mich ertappt fühlte. Ich war Sänger einer der größten Heavy-Metal-Bands der Welt und war doch zu ängstlich, der Welt mitzuteilen, dass ich schwul war.“
Auf über 500 Seiten beschreibt er zusammen mit Co-Autor Ian Gittins, der bereits „The Heroin Diaries“ vom Mötley-Crüe-Gründer Nikki Sixx zum New-York-Times-Bestseller machte, auf britisch trockene, sachliche und doch offene Weise seine Entwicklung hin von der Metal-Inszenierung zum Menschen, der daneben eben auch Musiker ist.
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Rob Halford „Ich bekenne“
Die Autobiografie des Sängers von Judas Priest
Originaltitel: Confess
Aus dem Englischen von Stephan Glietsch, Philip Bradatsch
Hardcover, Pappband
528 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN 978-3-453-27343-6
€ 24,00 [D] / € 24,70 [A] / CHF 33,90 (empf. VKP)
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