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Saitün veröffentlichen Psych-Rock Debütalbum „Al‘ Azif“

  • Rubrik: News

Inspiriert vom Autor H.P. Lovecraft verbindet das Schweizer Quartett orientalische Klänge mit Rockmusik und kreiert ein brillantes Debüt mit Sogwirkung.

Saitün – Show Me What You Got

Al’Azif – das Debütalbum von Saitün – peitscht und schwirrt, ist roh, verspielt und erfrischend anders.

Wie das Surren eines alles vernichtenden Heuschreckenschwarmes über die Wüsten des Orients, als hätten Jack White und Erkin Koray gemeinsam etwas zu viel Raki getrunken haben. Kaum fängt die Platte an, zieht sie die Hörer:innen magisch in den Bann. Ohne zu entgleiten, fügen sich die zehn Songs in ein sich verlierendes Klangmosaik aus nahöstlichen Rhythmen und Melodien. Die Reise in die Welt von Saitüns Erstlingswerk, fühlt sich an wie eine wilde Fahrt in einem heruntergekommenen SUV auf einer durchlöcherten Straße. In schnellem Tempo rüttelt das Album die Hörer:innen durch um im richtigen Moment kurz aufzutanken, und dann weiter zu rasen, als gäbe es kein Morgen.

Der Albumtitel bezieht sich auf das fiktive Werk Al’ Azif, das aus der Feder des ebenfalls fiktiven Lyrikers Abdul Alhazred stammt. Alhazred – ein Pseudonym von H.P. Lovecraft, einem der bedeutendsten Autoren der Horrorliteratur des 20. Jahrhunderts – wird als wahnsinnig gewordener Lyriker, der um das Jahr 700 v. Chr. im Jemen lebte, beschrieben. Auf seinen jahrzehntelangen Reisen erkundete er die arabische Wüste und erforschte die Geheimnisse vergangener Hochkulturen in Ägypten und Babylon. Unter den Ruinen der sagenumwobenen Wüstenstadt Irem, soll er Aufzeichnungen aus einer Kultur gefunden haben, die lange vor Beginn der Menschheit lebte. Dabei soll er interstellaren unbekannte Wesen namens Yog-Sothoth oder Cthulhu begegnet sein, die er in seinem Wahn mehr als alles andere verehrte.

Besessen von seinen Erfahrungen, kehrte Alhazred nach Damaskus zurück, wo er begann das ihm Wiederfahrene niederzuschreiben. Aus diesen Schriften entstand das Manuskript für das Kitab Al’ Azif – dem Buch vom Summen. Das heißt vom Geräusch, das die Wüstendämonen machen. Doch das Originalmanuskript bleibt wie sein Autor unauffindbar verschollen. Dabei ranken sich Gerüchte um Al Hazreds Verschwinden. So soll er bei vollem Tageslicht von einem unsichtbaren Schrecken verschlungen worden sein. Dies berichten Zeugen des Geschehens, die vor Angst, nur gelähmt zusehen konnten. Die Musik von Saitün aber lähmt nicht, sie lullt ein und ist dringlich zugleich, lässt alle Gliedmaßen erschaudern und schlägt voll in die Fresse. Al’ Azif liest sich als klang-ästhetische Umsetzung dieses Summens, dieses mysteriösen, überirdisch anmutenden Geräusches der Wüstendämonen.

Majestätische Gesänge gleiten fast schon pathetisch durch ein Feuerwerk von zuckenden Gitarren, knackigen Basslines und ballernden Drums durch die Tracks. Der Groove wird durch ein dick aufgetragenes Arrangement mit einem Orchester aus Perkussion, Saz, Synthesizern und Chören reichlich gewürzt und zu einem unvergleichlichen Meisterwerk aufpoliert. Zeig mir was du hast und ich zeig dir meins. Mit einer frappierenden Ehrlichkeit und ohne Beschönigungen wetzen die Texte von Saitün die Klinge der Realität und behandeln Themen wie Freiheit und Zwang, Konsum und die immerwährende Verlorenheit des Menschen. Lyrisch werden hier existenzialistisch anmutende Elemente mit jugendlicher Naivität zu einem reichhaltigen Œuvre verdichtet.

Act des Monats: Leoniden

 

Verfestigen Saitün koloniale Machtstrukturen, indem die Basler Band den Begriff des Orients verwendet, ohne diesen geografisch zu spezifizieren? Stärken sie durch die Assoziation des Mytischen mit dem Orient das Phänomen des Otherings?  Darf fremdes kulturelles Kapital für die eigene Kunst genutzt werden? Wo liegen die Grenzen zwischen künstlerischer Hommage und kultureller Aneignung innerhalb der Musik? Wie weit darf World Music gehen? 


Mit ihrem Projekt «Saitün» nähern sich die vier Basler diesem Spannungsfeld aus der Perspektive des weißen europäischen Millenials und liefern hierbei neuen Nährboden für den gesellschaftlichen Diskurs. 

Und den verweben sie in die Musik. Denn die verbindet.

Cultural Appropriation? Cultural Appreciation.

Al’Azif wurde innerhalb weniger Monate geschrieben und dann über einen Zeitraum von zwei Jahren arrangiert und im eigenen Studio, sowie von Produzent und Engineer David Lasry (Don’t Kill The Beast, Guy Mandon, Brainchild, Hank) in den Halbinsel Studios in Basel aufgenommen und gemischt. Das Album wurde anschließend in den USA von Grammy-Award-Gewinner Brian «Big Bass» Gardner (Queens Of The Stone Age, 50 Cent, Dr. Dre, David Bowie) gemastert. 

Saitün’s Erstlingswerk Al’ Azif (ver-)führt die Hörer:innen in ein psychedelisches Abenteuer mit ungewissem Ausgang und verbleibt als ein wuchtiges erstes Album von einer Band, die noch von sich hören lassen wird.

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