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Eine kurze Geschichte der Audioformate: MP3, AAC und Co.

Digitale Musik ist heute längst Standard. Wann immer, wo immer – das MP3-Format hat das Musikhören unterwegs erst möglich gemacht. Doch das Ende der Entwicklung stellt die Mutter der komprimierten Audiodatei keineswegs dar. Ein kurzer Überblick über die Entstehung der wichtigsten Audioformate von MP3 bis AAC und FLAC.

Technische Revolution der 70er Jahre: Der Walkman

Die älteren Musikliebhaber werden sich wahrscheinlich noch daran erinnern: wer unterwegs Musik hören wollte, kam in den 80er Jahren nicht um einen Walkman herum. Mit dem kleinen Kassettenspieler konnte man überall Musik hören. Das Problem: man musste auch gleich eine ganze Kassettensammlung mit sich herumtragen. Der Walkman wurde Ende der 80er vom Diskman abgelöst, aber auch der wollte mit Tonträgern gefüttert werden.

Ja, damals musste für den Musikgenuss außerhalb der eigenen vier Wände noch einiges getan werden. Das war selbstverständlich vor der Digitalisierung der Musikwelt, als es noch CD-Regale in den Haushalten und keine hosentaschengroßen Abspielgeräte gab. Steinzeit wird die jüngere Generation jetzt womöglich rufen – und die wissen womöglich nicht einmal, dass die CD eine echte Revolution darstellte. Und der Musikbranche einen riesigen Aufschwung bescherte.

Vor dem Siegeszug der Smartphones wurden MP3-Dateien auf Playern wie dem iPod Mini gespeichert. (Foto: Ben Szymanski / Unsplash)

Die Entwicklung des MP3 Formats ermöglichte, auf Tonträger zu verzichten. Musik wurde in kleine Dateien komprimiert und konnten übers Internet verschickt und auf Festplatten direkt gespeichert werden. Was die Musikindustrie, deren Geschäftsmodell auf Tonträgern und künstlicher Verknappung beruhte, bedeutete eine Revolution für die Art und Weise, wie wir Musik hören. Dank MP3 haben wir heute jederzeit Zugang zur größten Musikbibliothek der Welt, dem Internet. Das hätte in den 80er-Jahren noch geklungen wie eine Utopie.

Seit den Anfängen der Codierung von Musik geht die Entwicklung ständig weiter und das, was letztlich aus den Kopfhörern strömt, ist eben mitunter gar nicht mehr das, was landläufig und mit einer gewissen Allgemeingültigkeit MP3 genannt wird. Möglicherweise ist es viel mehr einer der jüngeren Verwandten.

Die späten 80er: Grundlagenforschung

Diese zeitliche Einordnung ist im Grunde genommen nicht ganz richtig, denn die ersten Bemühungen um das, was mittlerweile als Musikformat Nummer 1 in aller Ohren ist, begannen schon sehr viel früher. Anfang der 1970er startet Professor Seitzer an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg mit seinen Forschungen im Bereich Audiocodierung.

An Musik ist dabei erstmal gar nicht gedacht, im Mittelpunkt steht die verbesserte Übertragung von Sprachsignalen über Telefonleitungen. In diesem Fall ist die technische Entwicklung der Forschung allerdings voraus: Denn mit dem Einsatz von ISDN und Glasfaserkabeln seit den späten 1970ern wird die Qualität der Telekommunikation derart verbessert, dass eine weitere Beschäftigung mit Sprachcodierung hinfällig wird.

Neue Ideen gehen daher in Richtung Musiksignale und so beginnt mit dem Ausklang der 70er die Forschung in Sachen Musikcodierung. In der 1988 gegründeten „Moving Picture Experts Group MPEG“, die sich mit den Standards künftiger Audiokompressionen beschäftigt, wird unter der Leitung von Prof. Karlheinz Brandenburg am Fraunhofer Institut in Erlangen ein erster Algorithmus entwickelt, der unter anderem die Echtzeitübertragung von Musik über das Telefonnetz ermöglicht.

Die 90er: Die Geburt von MP3

Schon zu Beginn der 90er Jahre werden im Rahmen von MPEG gleich mehrere Verfahren für die Codierung von Musik entwickelt. Aus den vielversprechendsten Kandidaten wird schließlich eine einzige Gruppe gebildet, bestehend aus drei unterschiedlich komplexen Codierungen. Der MPEG-1 Layer 3 (MP3) ist dabei zunächst vorrangig für hochqualitative Rundfunkübertragungen gedacht, seine technische Entwicklung findet Ende des Jahres 1991 seinen Abschluss. Bis zur Namensgebung dauert es allerdings noch vier weitere Jahre, dann ist .mp3 geboren.

Seitdem steht die Dateiendung für die Möglichkeit, Musik in CD-Qualität in einer komprimierten Dateigröße verfügbar zu machen. Das wird unter anderem durch das Weglassen von überflüssigen Daten, also zum Beispiel für das menschliche Ohr ohnehin nicht hörbaren Tönen, erreicht. Das bedeutet natürlich schon einen gewissen Qualitätsverlust, der der Verbreitung von MP3 aber offenbar seither nicht geschadet hat.

Foto: pixabay.com © StockSnap (CC0 Public Domain)

Die Jahrtausendwende: Konkurrenz belebt das Geschäft

Bereits vor dem Millennium tauchen, entgegen aller Weltuntergangsängste im Hinblick auf versagende Computertechnik, erste Konkurrenzformate zur ursprünglichen MP3 auf. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sowohl die Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung als auch die Firma Thomson, die zusammen an der Entwicklung der MP3 gearbeitet hatten und daher einige diesbezügliche Patente halten, seit 1998 Lizenzgebühren für die Verwendung des MP3-Encoders verlangen. Freie Projekte, deren Arbeit darauf beruht hatte, waren somit mehr oder minder zur Suche nach Alternativen gezwungen.

So präsentiert Microsoft schon 1999 mit Windows Media Audio (WMA) ein firmeneigenes Audioformat. Durch die weite Verbreitung von Microsoft-Betriebssystemen und die Unterstützung durch den hauseigenen Windows Media Player hätte WMA im Grunde eine gute Ausgangsposition, um in den Konkurrenzkampf einzugreifen. Ein weiterer Vorteil ist die im Vergleich nochmals geringere Dateigröße. Demgegenüber stehen allerdings auch Schwächen, die hauptsächlich die teils schlechtere Tonqualität und die Inkompatibilität mit anderen Plattformen betreffen. Die Nutzer von Apple-Produkten kennen dieses Problem.

Ebenfalls seit 1999 entsteht Advanced Audio Coding (AAC). Dieses neue Format ist ein von der üblichen MP3-Software unabhängig entwickeltes Produkt, das sich nach wie vor in der Entwicklung befindet. Die Vorteile gegenüber dem älteren Konkurrenten sind vor allem vergleichbare, wenn nicht bessere, Klangqualitäten bei einer geringeren Komplexität. Dies wiederum liegt daran, dass bei der Entwicklung von AAC die Kompatibilität mit älteren Standards keine Berücksichtigung findet, was hauptsächlich mit den Vertriebsmöglichkeiten für Musik zusammenhängt.

Das ist allerdings auch ein schwerwiegender Nachteil. Denn die durch die Annäherung an die Musikindustrie strengere Lizenzierung, die zwar den Konzernen mehr Sicherheit bietet, wird eine weitere Verbreitung des Formats gleichzeitig eingeschränkt.

Im gleichen Jahr gründeten wir übrigens den ersten MP3 Blog TONSPION und begannen, die besten kostenlosen Songs im MP3 Format vorzustellen. Immer mehr Labels und Künstler erkannten das Potenzial von MP3 als günstige Werbeform und verschenkten neue Singles, um zum Beispiel für eine Tour zu werben. 

Die 2000er: Freie Formate und Global Player

Seit dem Beginn des neuen Jahrtausends werden gleich zwei freie Audioformate entwickelt, die es zu einem gewissen Bekanntheitsgrad geschafft haben. Dazu zählt der Free Lossless Audio Codec (FLAC), an dem die Arbeiten 2000 begonnen wurden. Eine erste Version erscheint dann schon ein Jahr später und 2004 findet FLAC in der Band Metallica einen prominenten Fürsprecher. Der Grund hierfür liegt in der verlustfreien Komprimierung des Ursprungsmaterials. Die verbesserte Klangqualität bedeutet allerdings auch eine geringere Kompressionsrate und damit größere Dateien, was aber bei den heutigen Übertragungsgeschwindigkeiten kein Problem mehr darstellt. Darüber hinaus ist FLAC ein Open Source-Dateiformat, gehört also keinem Unternehmen und unterliegt keinem Patentschutz.

Mit Ogg Vorbis entsteht ebenfalls im Jahr 2000 ein weiterer freier Codec, dessen erste Version zwei Jahre später in Gebrauch geht. Wie MP3 handelt es sich bei Ogg ebenfalls um ein verlustbehaftetes Kodierungsverfahren – im Vergleich zum Vorgänger sollen diese Verluste aber deutlich geringer ausfallen. Dass die Dateigröße in der Gegenüberstellung jedoch kaum Unterschiede aufweist, macht die lizenzfreie Nutzung und die mittlerweile plattformübergreifende Spielbarkeit von Ogg-Dateien zu den wichtigsten Vorteilen.

Welches Audioformat Spotify heute benutzt interessiert kaum noch jemand. (Foto: Photo by Fath on Unsplash)

So wie auch Microsoft verfügt auch Apple über ein eigenes Audioformat. Es wurde gewissermaßen erst spät, im Jahr 2004, als Bestandteil der Multimedia-Anwendung Quick Time eingeführt. Der Apple Lossless Audio Codec (ALAC) ist ebenfalls eine freie Software, die – wie der Name schon andeutet – eine Komprimierung der Originaldatei ohne Verluste ermöglicht. Mit den entsprechenden Nachteilen hinsichtlich der Dateigröße: Die meist mit .mp4 benannten Musikdateien sind gegenüber dem Original nur etwa 60 Prozent kleiner, ausreichende Speicherkapazität sollte also vorhanden sein. Nachteilig ist auch die eingeschränkte Nutzbarkeit, die ähnlich wie Microsofts WMA-Format keine Verwendung auf verschiedenen Plattformen ermöglicht – jedenfalls ohne die richtige Software.

Welche Audioformate verwenden Streamingdienste?

Streamingdienste bieten die Möglichkeit, die Qualität und damit auch die Dateimenge individuell einzustellen. Wer sehr viel Musik auf sein Smartphone laden möchte, wählt eher durchschnittliche Qualität, wer besten Sound möchte, muss längere Ladezeiten und mehr Speicherplatz in Kauf nehmen.

  • Spotify ermöglicht die Anlieferung von Musikdateien in unterschiedlichsten Formaten, z.B. WAV oder FLAC und wird dann in verschiedene Formate umgewandelt. Für seinen Webplayer verwendet Spotify das Format AAC mit 256 kbit/s.
  • Apple bietet neben AAC auch den gesamte Katalog in verlustfreie ALAC in Auflösungen von 16 Bit/44,1 kHz (CD-Qualität) bis 24 Bit/192 kHz.

Nutzer haben meistens nur noch die Möglichkeit, die Qualität auszuwählen, interessieren sich aber in der Regel nicht mehr für das jeweils verwendete Format. Diskussionen darüber, welches Format besser klingt, sind nur noch in absoluten Nischenforen zu lesen.

Viele Musikfans schwören aber darauf, dass Musik analog auf Vinyl einfach besser klingt. Auch wenn das physikalisch betrachtet gar nicht möglich ist, können wir uns sicherlich darauf einigen, dass Musik auf Platte besser aussieht und sich auch haptisch besser anfühlt. Und eine gut sortierte Plattensammlung jede Wohnung verschönert.