Mit seinem achten Studioalbum Play will Ed Sheeran nach eigenen Worten ein neues Kapitel aufschlagen. Wer jedoch eine radikale Neuausrichtung erwartet, wird schnell feststellen: Ed Sheeran bleibt Ed Sheeran.
Trotz globaler Einflüsse aus Indien, dem Iran oder elektronischer Clubmusik folgt Play vor allem einer vertrauten Formel, die den britischen Popstar seit Jahren begleitet – mit all ihren Stärken und Schwächen.
Bereits die Vorabsingles Azizam und Sapphire ließen erahnen, dass sich Sheeran auf seinem neuen Album musikalisch öffnet. Azizam, produziert vom iranisch-schwedischen Produzenten Ilya, bringt persische Klangfarben und instrumentale Elemente in einen westlichen Pop-Kontext, ohne in Exotik zu verfallen.
Sapphire wiederum setzt auf indische Gesangsparts von Arijit Singh, Tabla-Rhythmen und Bollywood-Flair. Beide Stücke sind ungewöhnlich für Sheeran und markieren die klanglich interessantesten Momente des Albums, auch wenn sie letztlich nicht viel mehr sind als geschmackvoll inszenierte Ausreißer im ansonsten erwartbaren Set.
Denn bei aller Offenheit bleibt der Kern von Play klar erkennbar: Singer-Songwriter-Pop, der auf akustischen Gitarren, eingängigen Refrains und emotional aufgeladenen Texten basiert. Das mag für manche altbacken wirken, für andere hingegen ist es genau das, was Sheeran ausmacht, sein verlässliches Songwriting-Handwerk, das sich stets um das Persönliche dreht, mal verletzlich, mal wehmütig. Immer anschlussfähig an den Massengeschmack.
Trotz der melancholischen Grundstimmung findet Play immer wieder den Weg zurück zu tanzbaren Elementen. Besonders Don’t Look Down, entstanden in Zusammenarbeit mit Fred Again.., überrascht mit clubtauglichem Psytrance-Beat, raveartigen Synths und einem Aufbau, der an große elektronische Popproduktionen erinnert. Diese Momente zeigen einen Sheeran, der durchaus bereit ist, sich stilistisch weiterzuentwickeln, wenn auch nur vorsichtig.
Der Großteil von Play bleibt jedoch dem treuen Sheeran-Publikum gewidmet, die von ihm vor allem Balladen erwarten, die man bei jeder Hochzeit spielen kann. Songs wie Camera und The Vow bedienen diese Erwartungen. In Other Words, eine Klavierballade in Lo-Fi-Ästhetik, gehört hingegen zu den unaufgeregteren und stimmigeren Momenten des Albums.
Dass Sheeran diese Form des Songwritings beherrscht, steht außer Frage. Doch wirkt sie spätestens beim dritten oder vierten akustischen Stück ermüdend, genau wie seine drögen Live-Shows, die er überwiegend alleine mit Gitarre und Loopman bestreitet, als müsse er seinem Publikum immer noch etwas beweisen.
Die Kritik wird wie immer durchwachsen ausfallen, aber die Streamingzahlen werden wie gewohnt stimmen. Musikalisch bleibt das Gefühl, dass Sheeran zwar auf dem Sprung zu neuen Ufern ist, aber noch nicht ganz den Mut gefunden hat, wirklich loszuschwimmen. Vieles auf Play bleibt im Bekannten verhaftet, es gibt ein paar gute Ideen, aber die meisten bleiben unausgereift und gehen im bewährten Pop-Einerlei unter.
Biografie Ed Sheeran
Edward Christopher Sheeran wird am 17. Februar 1991 in Halifax, England, geboren und wächst in der Kleinstadt Framlingham in Suffolk auf. Schon früh begeistert er sich für Musik – inspiriert von Künstlern wie Damien Rice, den Beatles und Van Morrison. Mit vier Jahren beginnt er, Cello zu spielen, doch erst die Gitarre fasziniert ihn so sehr, dass er sich autodidaktisch das Spielen beibringt. Bereits als Kind schreibt er eigene Songs und tritt in der Schule auf.
Mit 14 veröffentlicht er seine erste selbst produzierte EP The Orange Room und zieht mit 16 nach London, um seine Musikkarriere ernsthaft zu verfolgen. Er spielt in kleinen Clubs, auf Open-Mic-Nächten und auf der Straße. Um sich finanziell über Wasser zu halten, übernachtet er oft bei Freunden oder sogar auf Sofas von Fans. Er nimmt 2007 an einer TV-Castingshow teil, wo er allerdings früh rausfliegt, weil er nicht tanzen kann und nicht in das typische Popstar-Klischee zu passen scheint.
Seine Beharrlichkeit zahlt sich trotzdem aus: Er bringt weitere EPs heraus, darunter You Need Me (2009) und Loose Change (2010), auf der sich erstmals sein späterer Hit “The A Team” befindet.
Ein Wendepunkt ist das Jahr 2010: Sheeran reist nach Los Angeles und tritt dort in einer Open-Mic-Nacht auf. Der Schauspieler und Musiker Jamie Foxx wird auf ihn aufmerksam und lädt ihn ein, in seinem Studio aufzunehmen. Sheerans Reichweite wächst, vor allem durch seine clevere Nutzung sozialer Medien. Seine selbstveröffentlichte EP No.5 Collaborations Project (2011), auf der er mit britischen Grime-Künstlern wie Wiley und Jme zusammenarbeitet, schlägt hohe Wellen und schafft es an die Spitze der iTunes-Charts – ohne Plattenvertrag. Kurz darauf unterschreibt er bei Asylum Records.
+ (Plus) – Der Durchbruch (2011)
Mit seinem Debütalbum + (Plus) gelingt Sheeran 2011 der große Durchbruch. Die Single “The A Team” – ein melancholischer Song über Drogensucht – wird ein Riesenhit und beschert ihm eine Grammy-Nominierung als Song of the Year. Auch “Lego House” und “You Need Me, I Don’t Need You” etablieren ihn als talentierten Songwriter mit einer einzigartigen Mischung aus Folk, Pop und Hip-Hop-Einflüssen. Das Album erreicht Platz eins der britischen Charts und verkauft sich millionenfach.
Besonders wichtig für Sheerans Karriere ist die Unterstützung von Taylor Swift: Sie lädt ihn als Voract für ihre Red-Tour ein, wodurch er auch in den USA bekannt wird. Sheeran schreibt zudem Songs für andere Künstler, darunter “Little Things” für One Direction.
× (Multiply) – Der Weltstar (2014)
Mit seinem zweiten Album x (Multiply) festigt Sheeran seinen Status als globaler Superstar. Produziert von Rick Rubin und Pharrell Williams, enthält das Album eine Vielzahl von Hits: “Sing”, eine funkige Uptempo-Nummer, zeigt eine neue, energiegeladene Seite von Sheeran, während “Thinking Out Loud” zur ultimativen Hochzeitsballade avanciert und ihm einen Grammy als Song of the Year einbringt. Weitere Highlights sind “Photograph” und “Bloodstream”.
Das Album schlägt weltweit ein und macht Sheeran zu einem der gefragtesten Live-Künstler seiner Zeit. Seine Solo-Tournee führt ihn zum Entsetzen von Noel Gallagher auch ins Londoner Wembley-Stadion, der zu Protokoll gibt, nicht in einer Welt leben zu wollen, in der Ed Sheeran das Wembley-Stadion ausverkaufe.
÷ (Divide) – Rekorde und Stadion-Hymnen (2017)
2017 veröffentlicht Sheeran ÷ (Divide) – und bricht damit alle Rekorde. Die Vorabsingles “Shape of You” und “Castle on the Hill” steigen gleichzeitig auf Platz eins und zwei der britischen Charts ein – ein historischer Erfolg. “Shape of You” wird der meistgestreamte Song des Jahres und gehört heute zu den meistverkauften Singles aller Zeiten.
Auch Songs wie “Perfect”, “Galway Girl” und “Happier” prägen das Album, das Sheerans typische Mischung aus eingängigen Melodien, emotionalen Texten und verschiedenen musikalischen Einflüssen weiterführt. Die dazugehörige Welttournee wird die umsatzstärkste Tour aller Zeiten.
No.6 Collaborations Project – Pop-Experimente (2019)
Nach dem riesigen Erfolg von Divide veröffentlicht Sheeran 2019 No.6 Collaborations Project, ein Album voller Features mit bekannten Künstlern. Während er auf früheren Alben weitgehend solo arbeitete, holt er sich diesmal Gäste wie Justin Bieber (“I Don’t Care”), Travis Scott (“Antisocial”), Eminem & 50 Cent (“Remember The Name”) und Stormzy (“Take Me Back to London”) ins Boot.
Das Album zeigt Sheerans Experimentierfreude und sein Gespür für moderne Pop-Produktionen. Es erreicht erneut Platz eins in mehreren Ländern, auch wenn es nicht die emotionale Tiefe seiner vorherigen Werke hat.
= (Equals) – Rückkehr mit neuen Facetten (2021)
Nach einer Pause kehrt Sheeran 2021 mit = (Equals) zurück. In dieser Zeit wird er Vater und verarbeitet seine neuen Erfahrungen in Songs wie “First Times” und “Visiting Hours”. Gleichzeitig bleibt er seinem Erfolgsrezept treu: “Bad Habits” bringt elektronische Einflüsse in seinen Sound, “Shivers” liefert einen weiteren Pop-Hit.
Das Album zeigt einen reiferen Sheeran, der seine persönliche Entwicklung in seine Musik einfließen lässt. Er beweist erneut seine Fähigkeit, sowohl emotionale Balladen als auch tanzbare Ohrwürmer zu schreiben.
– (Subtract) – Sein persönlichstes Album (2023)
Mit – (Subtract) veröffentlicht Ed Sheeran im Mai 2023 sein bislang persönlichstes und emotionalstes Album. Ursprünglich sollte es ein reines Akustikalbum werden, doch eine Reihe persönlicher Schicksalsschläge verändert seine kreative Richtung: Der plötzliche Tod seines engen Freundes Jamal Edwards, die Krebserkrankung seiner Frau Cherry Seaborn und ein Rechtsstreit um Urheberrechte hinterlassen Spuren. In dieser Phase voller Unsicherheit und Trauer entstehen die Songs für Subtract, die einen nachdenklichen und verletzlichen Sheeran zeigen.
Produziert von Aaron Dessner (The National), entfernt sich das Album von den großen Pop-Hymnen und setzt auf melancholische Streicher, reduzierte Arrangements und tiefgründige Texte. Songs wie “Boat”, “Eyes Closed”, “Life Goes On” und “End of Youth” thematisieren Verlust, Schmerz und den Versuch, weiterzumachen. Sheeran präsentiert sich hier so ehrlich und roh wie nie zuvor.
Autumn Variations – Intime Einblicke (2023)
Mit Autumn Variations schlägt Sheeran 2023 eine neue Richtung ein. Ohne große kommerzielle Ambitionen veröffentlicht er ein introspektives Album, inspiriert von Edward Elgars Enigma Variations. Produziert von Aaron Dessner (The National), konzentriert sich das Werk auf persönliche Geschichten über Freundschaft, Verlust und Veränderungen. Songs wie “American Town” und “When Will I Be Alright” zeigen einen nachdenklichen, reflektierten Ed Sheeran.
Ed Sheeran auf Tour
- 03.12.2025 MÜNCHEN, Olympiahalle München Tickets
▶︎ Diese Songs wurden übrigens von Ed Sheeran geschrieben, aber nicht gesungen